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Waffenstillstand im Drogenkrieg gefordert

Klaus Jansen8. Mai 2014

Der vor allem von den USA vorangetriebene Krieg gegen illegale Drogen ist gescheitert. Rauschmittel sind sogar billiger geworden und sind so weit verbreitet wie noch nie. Die Welt braucht jetzt andere Strategien.

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Bewaffneter Mann in afghanischem Mohnfeld (Foto: AFP)
Bild: AP

Spätestens seit den 80er Jahren tobt ein "war on drugs", ein Krieg gegen den Anbau und die Verbreitung von illegalen Drogen. Dabei wird mit militärischen Mitteln versucht, Drogenstrukturen zu zerschlagen. Der Ausgangspunkt liegt in den 60er Jahren. Damals wurden viele Drogen weltweit verboten, die Länder der Vereinten Nationen haben entsprechende Regelungen unterzeichnet. Das hat dazu geführt, dass kriminelle Organisationen auf der ganzen Welt entsprechende Strukturen aufgebaut haben, um die Rauschmittel weiter zu verbreiten.

Mehr als 30 Jahre nach Beginn sind immer mehr Experten der Ansicht, dass dieser Kampf nicht zu gewinnen ist, auch wenn die Vereinten Nationen - noch - daran festhalten. Eine neue Studie - vorgelegt von der London School of Economics (LSE) - unterstreicht jetzt, dass der Krieg gegen die Drogen auch wirtschaftlich keinen Sinn ergibt. Dadurch würden Probleme nur in benachbarte Regionen verschoben. "Weltweit wird immer klarer erkannt, dass dieser Kampf ein einziges Desaster ist", sagt John Collins von der LSE, der die Studie koordiniert hat, im DW-Gespräch.

Prominente Fürsprecher

Zusätzliches Gewicht erhält die Arbeit durch die Unterschriften mehrerer Wirtschafts-Nobelpreisträger und einiger hochrangiger internationaler Politiker, darunter der ehemalige EU-Außenbeauftragte Javier Solana, Großbritanniens stellvertretender Premier Nick Clegg und der ehemalige US-Außen- und Finanzminister George Shultz. Das könnte ein wichtiges Argument sein, wenn die Vereinten Nationen sich auf ihrer Hauptversammlung 2016 wieder mit dem Thema befassen.

Kampf gegen Drogenschmuggel aud dem Hubschrauber in Kolumbien (Foto: AFP)
Kampf gegen Drogenschmuggel aus dem Hubschrauber in KolumbienBild: Felipe Caicedo/AFP/GettyImages

Lange Zeit sah es so aus, dass die UN-Drogenpolitik nicht grundlegend geändert werden könnte. "Immerhin sagt jetzt mal jemand etwas", meint Bettina Schorr vom Lateinamerika-Institut der Freien Universität in Berlin. "Es gibt Ideen, die jetzt auch politisch umgesetzt werden müssen", fordert die Expertin. "Das ist ein multidimensionales Problem, das auch multidimensional angegangen werden muss, und nicht einfach mit der militärischen Keule." Das Militär sei völlig überdimensioniert und habe zu viele Kompetenzen.

Massengrab in Mexiko (Foto: AP)
Gerade in Mexiko sterben unzählige Menschen im Drogenkrieg. Immer wieder werden Massengräber entdecktBild: AP

Bewährte Methoden weiter ausbauen

Zu diesem Schluss kommt auch die neue Studie, in der es heißt: Das bisherige Vorgehen führte nur zu vollen Gefängnissen in den USA, repressiver Politik in Asien, weit verbreiteter Korruption und politischer Instabilität in Afghanistan und Westafrika, ausufernder Gewalt in Lateinamerika oder steigenden HIV-Raten in Russland. Dort stecken sich viele über verunreinigte Spritzen an. Im Drogenkrieg sei massiv gegen Menschenrechte verstoßen worden. Die Vereinten Nationen müssten jetzt einsehen, dass man mehr auf die unterschiedlichen Befindlichkeiten in unterschiedlichen Regionen eingehen müsse.

"Das Geld, das bisher verschwendet wurde, muss umgeleitet werden in Programme, die schon Erfolge gezeigt haben", meint John Collins von der LSE. Ganz wichtig sei vor allem, die Gesundheit und die Lebenssituation von Drogen-Konsumierenden zu verbessern, durch Methadon-Programme, uneingeschränkte medizinische Hilfe, Beratung oder auch nur das Bereitstellen von sterilen Spritzen. Diese Maßnahmen müssten weltweit massiv ausgebaut und wesentlich besser finanziert werden.

Neue Wege gehen

Als zweiten Schritt müsse man sich aber auch trauen zu experimentieren, wenn auch unter genauer staatlicher Aufsicht. "Ausprobieren, sehen, was passiert, und basierend darauf die Politik entsprechend anpassen. Wir müssen neue Wege gehen", meint Collins. Uruguay zum Beispiel hat den Verkauf und den Konsum von Marihuana legalisiert, genauso wie erste US-Bundesstaaten. Das wurde bisher scharf kritisiert vom Internationalen Kontrollorgan für Suchtstoffe, das die Einhaltung der internationalen UN-Verträge zu Drogen überwacht.

Weinende Mütter mit Transparent (Foto: AFP)
Im mexikanischen Drogenkrieg sind Kinder einfach verschwunden. Viele Verbrechen bleiben ungeklärtBild: Ronaldo Schemidt/AFP/Getty Images

Was im Falle von Marihuana noch denkbar ist, stößt bei harten Drogen wie Heroin oder Kokain an klare Grenzen. "Mit diesen Fragen hat sich die Studie nicht befasst, das ist wesentlich komplizierter", gibt Koordinator John Collins zu. Neue internationale Strategien zum Umgang mit Drogen müssten erst noch entwickelt werden. Und das werde noch einige Zeit dauern.

Das glaubt auch die Lateinamerika-Expertin Bettina Schorr. "Das Problem abschaffen wird man nicht können, nur die negativen Effekte kann man reduzieren." Und selbst das werde viele Jahrzehnte in Anspruch nehmen. "Es wird lange dauern, bis man auf globaler Ebene erste positive Anzeichen sieht. Man muss mit der Ungewissheit leben, dass man sich Alternativen überlegen muss, die bisher noch nie ausprobiert wurden."