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Politik

Der überdauernde Krieg

Fabian Kretschmer Seoul
27. Juli 2018

Am 65. Jahrestag des Waffenstillstands übergibt Nordkorea den USA sterbliche Überreste gefallener Soldaten des Koreakriegs. Der Durchbruch für einen Friedensvertrag ist aber nicht in Sicht. Von Fabian Kretschmer, Seoul.

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Südkorea | Sterbliche Überreste von Soldaten von Nord- nach Südkorea ausgeflogen
Bild: Getty Images/Pool/J. Heon-Kyun

Auf den Tag genau 65 Jahre nach Unterzeichnung des Waffenstillstands auf der koreanischen Halbinsel fliegt ein US-Militärflugzeug von der nordkoreanischen Küstenstadt Wonsan ins südkoreanische Osan. Dort auf der neu errichteten Militärbasis für die rund 28.500 stationierten US-Soldaten im Land kam die Luftfracht an, in 55 Boxen, eingehüllt in blauen UN-Flaggen. Darin sollen sich die Gebeine von während des Koreakriegs (1950-1953) gefallenen US-Soldaten befinden.

Bereits während des US-Nordkorea-Gipfels in Singapur am 12. Juni soll Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un in Aussicht gestellt haben, die Überreste von rund 200 Soldaten an die USA zu übergeben. "Wir sind ermutigt von Nordkoreas Handeln und vom derzeitigen Momentum für einen positiven Wandel", heißt es nun in einer Stellungnahme aus dem Weißen Haus.

Trump feiert "großartigen Moment"

Auch US-Präsident Donald Trump zeigte sich am Freitag auf seinem Twitter-Account optimistisch gestimmt. "Nach so vielen Jahren ist dies ein großartiger Moment für so viele Familien. Ein Dank an Kim Jong Un". Die Übergabe der sterblichen Überreste von US-Soldaten wird als dringend benötigter Erfolg für Trump gewertet, der die Annäherung gegenüber Nordkorea legitimiert.

Bislang ist jedoch noch unklar, von wie vielen Soldaten die Gebeine übergeben wurden. In Hawaii sollen sie in den kommenden Tagen einem DNA-Test unterzogen werden. Ebenso bleibt offen, ob und wie viel die US-Amerikaner für die Gebeine gezahlt haben. Noch immer befinden sich laut Angaben Washingtons die Überreste von über 5000 US-Soldaten in Nordkorea. Insgesamt waren 33.000 US-Soldaten im Koreakrieg gefallen.

Leichnam als Geschäftsmodell

Steve Tharpe, der als US-Offizier 26 Jahre lang in Südkorea gedient hat, erinnert sich an zähe Verhandlungen während der 1990er Jahre mit der nordkoreanischen Armeeführung im Friedensdorf Panmunjom. Damals sei es immer wieder zu unerfreulichen Ereignissen kommen, so Sharp. "Manchmal war bei den Gebeinen eines Soldaten etwa auch Schädelknochen von Nordkoreanern beigefügt worden. Oder die sterblichen Überreste einer Person wurden auf scheinbar mehrere Personen aufgeteilt."

Dabei sei es den Nordkoreanern vor allem darum gegangen, möglichst viel Devisen für die Auslieferung der toten US-Soldaten herauszuschlagen, die pro Person im fünfstelligen Dollar-Bereich rangiert hätten, so Tharpe. Zwischen 1996 und 2005 hatten US-Teams bereits die Überreste von mehr als 220 Soldaten in dem abgeschotteten Land ausgegraben - die Aktion wurde jedoch 2005 von den USA wegen Sicherheitsbedenken unterbrochen.

Nun sind die USA am Zug

Viele Experten werten Nordkoreas jüngste Übergabe aber als positiven Schritt. Nur wenige Tage zuvor wurde zudem durch Satellitenbilder bekannt, dass das Regime mit der Abrüstung einer Raketentestanlage an der nordkoreanischen Westküste begonnen habe.

Südkorea Osan Air Base in Pyeongtaek | Überführung sterbliche Überreste von US-Soldaten aus Koreakrieg
Ankunft der sterblichen Überreste gefallener US-Soldaten in Osan, SüdkoreaBild: Reuters/Ahn Young-joon

"Es ist unwahrscheinlich, dass sich Nordkorea weiter auf die USA zubewegen wird, ohne dass diese den nächsten Schritt machen werden", schreibt Dave Kang, Professor für internationale Beziehungen an der University of Southern California. Bislang hätten die Amerikaner nur ein nennenswertes Zugeständnis geliefert, indem sie im Frühsommer die US-südkoreanischen Militärübungen ausgesetzt haben. Diese hatte das Regime in Pjöngjang bisher immer als Provokation gewertet.

Kein Kommentar zum Jahrestag

Nachdem sich beide Koreas bereits beim ersten Gipfeltreffen zwischen Moon Jae In und Kim Jong Un im April diesen Jahres dafür ausgesprochen hatten, den Koreakrieg formal für beendet zu erklären, wuchsen die Hoffnungen, dass der symbolische 65. Jahrestag der Unterzeichnung des Waffenstillstandsabkommens als Durchbruch für einen Friedensvertrag dienen könnte. Jedoch hielten sich sowohl mit Kim als auch Moon an diesem Freitag mit diesbezüglichen Stellungnahmen bedeckt.

Südkoreanische Gefangene in einem nordkoreanischen Lager während des Korea-Krieges
Südkoreanische Gefangene in einem nordkoreanischen Lager während des Korea-KriegesBild: picture-alliance/dpa

Ein Friedensvertrag kann de facto nur mit Beteiligung der Vereinigten Staaten zustande kommen, da die USA am 27. Juli 1953 Teil des Waffenstillstandsvertrags waren. Trumps Priorität ist es nun jedoch, zunächst signifikante Resultate bei der Denuklearisierung Nordkoreas zu erreichen. Von der südkoreanischen Regierung hieß es aber, dass ein Frieden auch vor der nuklearen Abrüstung Pjöngjang möglich sei.

Politische Instrumentalisierung des Koreakriegs

Der Koreakrieg war nach dem Zweiten Weltkrieg ein blutiger militärischer Konflikt in Asien zwischen den USA und Südkorea auf der einen und Nordkorea und China auf der anderen Seite. Aufgrund des Mangels an verlässlichen Daten gibt es keine Übereinstimmung über die Anzahl an Toten. Doch die meisten Schätzungen gehen von insgesamt vier Millionen Toten aus, allein zweieinhalb Millionen auf nordkoreanischer Seite.

In nordkoreanischen Geschichtsbüchern wird noch immer der Opfermythos einer feindlichen Invasion hochgehalten. Dabei waren es nordkoreanische Truppen, die im Jahre 1950 den südlichen Teil der Halbinsel stürmten. Aber auch im Süden wurde die Geschichtsschreibung des Kriegs immer wieder politisch instrumentalisiert, etwa indem Massaker an der wehrlosen Zivilbevölkerung durch US-Truppen verschwiegen oder fälschlicherweise als "Kampf gegen Kommunistenaufstand" gebrandmarkt wurden.