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Wagenknecht verzichtet auf Fraktionsvorsitz

6. März 2015

Sahra Wagenknecht will nicht für den Fraktionsvorsitz der Linkspartei kandidieren - ein Dämpfer für den linken Flügel der größten Oppositionspartei im Bundestag. Ihr Gegenspieler denkt dagegen nicht an Verzicht.

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Sahra Wagenknecht
Bild: picture-alliance/dpa/P. Zinken

Die stellvertretende Fraktionschefin der Linken im Bundestag, Sahra Wagenknecht, will im Herbst nicht für den Fraktionsvorsitz kandidieren. Wagenknecht begründete dies mit der mehrheitlichen Zustimmung ihrer Fraktion zur Verlängerung der Griechenland-Hilfen in der vergangenen Woche. Die größte Oppositionspartei wählt ihre Fraktionsführung nach der Sommerpause neu.

Derzeit ist Gregor Gysi alleiniger Fraktionschef. Nach einem Parteitagsbeschluss soll es aber wieder eine Doppelspitze geben. Wagenknecht, die zu den bekanntesten Vertretern ihrer Partei zählt, hatte bislang mehrfach ihr Interesse an einer solchen Lösung deutlich gemacht. In einer persönlichen Erklärung verkündete sie nun jedoch ihren Verzicht. In dem Schreiben heißt es: "Ich halte es für einen strategischen Fehler, dass die große Mehrheit der Fraktion dem Antrag der Bundesregierung auf Verlängerung des griechischen 'Hilfsprogramms' zugestimmt hat." Damit würden die "Kürzungsdiktate" gegenüber Griechenland fortgesetzt.

"Ein offener Affront"

Wagenknecht selbst hatte sich bei der Abstimmung im Bundestag als eine von zehn Linke-Abgeordneten enthalten. Drei Linke stimmten im Bundestag mit Nein, die Mehrheit aber dafür - aus Solidarität mit der neuen Regierung des linken Ministerpräsidenten Alexis Tsipras. Wegen der Sparauflagen für Athen war die Linke bisher immer gegen die Hilfen. "Dass mir die Fraktion per Mehrheitsbeschluss verweigert, ihr auch nur meine Argumente für ein anderes Stimmverhalten vorzutragen - bei einem Thema, für das ich seit 2010 öffentlich an vorderster Stelle die Positionen der Linken vertrete - ist ein offener Affront", schrieb die 45-jährige Lebensgefährtin des ehemaligen Parteivorsitzenden Oskar Lafontaine.

Wagenknecht ist seit 2011 Erste Stellvertretende Vorsitzende neben Fraktionschef Gysi - und gilt als dessen Gegenspielerin. Gysi hat bereits mehrmals Versuche Wagenknechts abgewehrt, zweite gleichberechtige Fraktionsvorsitzende zu werden. Mit der Entscheidung Wagenknechts erhält der linke Flügel der Partei einen Dämpfer, denn Wagenknecht ist dessen wichtigste Vertreterin. Reformer und linker Flügel haben in der Vergangenheit immer wieder um die Bedingungen für Regierungsbeteiligungen gestritten. Die Reformer sind eher zu Kompromissen bereit und unterstützen Bestrebungen für rot-rot-grüne Bündnisse.

Alexis Tsipras (M.) und Gregor Gisy (r.) 2012 in Berlin (Foto: AP)
Alexis Tsipras (M.) und Gregor Gisy (r.) 2012 in BerlinBild: dapd

"Erklärung respektieren"

Die Parteichefs Katja Kipping und Bernd Riexinger bedauerten die Entscheidung Wagenknechts "ausdrücklich". In der Fraktion habe es eine "sehr gute und sachliche Debatte" über die Verlängerung des Programms für Griechenland gegeben. "Es gab jeweils gute Gründe, der Vereinbarung zuzustimmen oder sich zu enthalten, um Solidarität mit Syriza zu demonstrieren", erklärten die Spitzenvertreter der Partei.

Gysi reagierte in einer kurzen Mitteilung. "Die Erklärung von Sahra Wagenknecht ist auf der einen Seite zu bedauern und auf der anderen Seite zu respektieren", teilte Gysi mit. Wichtig sei Wagenknechts Angebot, stellvertretende Fraktionsvorsitzende zu bleiben und "öffentlichkeitswirksam für unsere Partei zu streiten", fügte Gysi hinzu. "Sie ist und bleibt eine sehr wichtige Persönlichkeit unserer Partei." Der 67-Jährige will nach bisherigem Bekunden weitermachen. Auf die Frage, ob er abtreten werde, antwortete er kürzlich in einem Interview der Wochenzeitung "Der Freitag": "Wie kommen Sie denn auf so was? Ich bin doch topfit! Sie müssen mich noch fast ewig ertragen."

stu/wl (afp, dpa, rtr)