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PolitikEuropa

Venezuela: Eine EU-Erklärung als politisches Signal

5. August 2024

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hat im Namen der EU erklärt, die Wahlen in Venezuela nicht anzuerkennen. Ergeben sich daraus Konsequenzen?

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Josep Borrell hinter zahlreichen Mikrofonen
Der EU-Außenbeauftragte hat sich zum Wahlergebnis in Venezuela geäußert (Archivbild)Bild: Nicolas Economou/NurPhoto/picture alliance

Die EU könne - ohne entsprechende Nachweise - die am 2. August vom Nationalen Wahlrat veröffentlichten Ergebnisse, aus denen Nicolas Maduro als Wahlsieger hervorging, nicht anerkennen, erklärte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Sonntagabend im Namen der EU. Der Nationale Wahlrat habe die offiziellen Wahlprotokolle trotz entsprechender Zusage bislang nicht veröffentlicht. Die EU fordere eine "weitere unabhängige Überprüfung der Wahlunterlagen", erklärte der EU-Spitzendiplomat in seinem Statement. 

Die regierungstreue Wahlbehörde Venezuelas hatte den autoritär regierenden Staatschef Maduro offiziell zum Wahlsieger mit 51,2 Prozent der Stimmen erklärt. Der Oppositionspolitiker Edmundo González Urrutia soll demnach 44,2 Prozent der Stimmen erhalten haben. Bislang wurden die detaillierten Wahlergebnisse nicht veröffentlicht.

Nach Angaben der Opposition sollen die Ergebnisse aus mehr als 80 Prozent der Stimmbezirke zeigen, dass González 67 Prozent der Stimmen erhalten hat und Maduro 30 Prozent.

Als Reaktion auf die Erklärung Borrells postete der venezolanische Außenminister Yvan Gil auf X, dieser solle sich nicht in die Angelegenheiten Venezuelas einmischen. "Haben Sie Respekt und seien Sie still," schrieb Gil. 

Was folgt daraus?

Unmittelbar folgt aus der Erklärung des EU-Außenbeauftragten wohl erst einmal nichts. Denn die Europäische Union könne keine Regierung oder einen Oppositionellen anerkennen, das sei eine Kompetenz der Mitgliedstaaten, erklärt Susanne Gratius im Gespräch mit der DW. Sie ist Professorin für internationale Beziehungen an der autonomen Universität Madrid. Sie hält die Erklärung für eine "Standardbemerkung", die der Reaktion anderer Staaten folge.

Venezuela in Aufruhr

Die USA, eine Reihe lateinamerikanischer Staaten und die EU zweifeln das verkündete Wahlergebnis an. Sieben EU-Mitgliedstaaten, darunter Deutschland, Italien und Frankreich, hatten gefordert, dass Venezuela die Wahlunterlagen veröffentlicht.

Gratius sagt, dass der Nationale Wahlrat zwar grundsätzlich noch Zeit hätte, um die Wahlergebnisse bekannt zu geben, dieses aber normalerweise innerhalb von kürzester Zeit nach der Wahl geschehe. Man müsste schon kritisch nachfragen, was in der Zwischenzeit passiere.

Außerdem weist die Politikwissenschaftlerin auf die sehr geringe Zahl von 635 internationalen Wahlbeobachtern hin, die eine neutrale Überprüfung unmöglich machten. Eine EU-Mission zur Wahlbeobachtung wurde im Vorfeld der Wahlen wieder ausgeladen.

Ein EU-Beamter betonte der DW gegenüber, dass es sich bei Borrells Erklärung im Namen der EU um ein "sehr starkes politisches Signal" handle.

Während die USA und einige lateinamerikanische Staaten Oppositionspolitiker González Urrutia als Wahlsieger explizit anerkannten, folgte die EU diesem Schritt nicht. Gratius hält es aber für möglich, dass die EU-Mitgliedstaaten, ebenso wie die USA, die Ergebnisse der Opposition anerkennen. 

Welche Sanktionen sind möglich?

Grundsätzlich könnten die Mitgliedstaaten Konsequenzen - wie etwa das Verhängen weiterer Sanktionen - erwägen.

Bereits seit 2017 gibt es EU-Sanktionen gegen Venezuela. Neben einem Embargo für Waffen, die zu interner Repression führen können, sanktioniert die EU seit 2018 Individuen wegen Verstößen gegen demokratische Grundsätze und die Rechtsstaatlichkeit. 

 

Maduro am Schreibtisch sitzend in die Kamera blickend
Der venezolanische Präsident bei einer Pressekonferenz drei Tage nach seiner umstrittenen Wiederwahl. Bild: Matias Delacroix/AP/dpa/picture alliance

Bereits die Wiederwahl von Maduro im Mai 2018 wurde von der EU als "weder frei noch fair" bezeichnet. Ihre Rufe nach einer Wahlwiederholung sind verhallt. Der damalige Parlamentspräsident Juan Guaidó ernannte sich zum Interimspräsident, konnte sich aber trotz der Anerkennung einiger Staaten, darunter Deutschland und den USA nicht halten. Dies lag insbesondere an der Unterstützung Maduros durch das Militär.

Expertin Gratius: EU-Anerkennung nicht Hauptthema

Aus Sicht der Professorin für Internationale Beziehungen Susanne Gratius ist das eigentliche Thema aber nicht die Entscheidung der EU, sondern es zählten die Reaktionen in der Region. Denn es sei noch nie vorgekommen, dass so viele lateinamerikanische Staaten, insgesamt seien es zehn, die Wahl in Venezuela nicht anerkennen würden.

Auch den wirtschaftlichen Einfluss der EU auf Venezuela hält die Politikwissenschaftlerin für eher gering. "Die USA sind der eigentliche Spieler, die EU war es noch nie," sagt Gratius im DW-Interview.

Ende August kommen die EU-Außenminister zu einem inoffiziellen Treffen zusammen. Dort könnte das Thema Venezuela angesprochen werden - allerdings ohne dass formelle Beschlüsse zu erwarten sind.

DW Mitarbeiterin Lucia Schulten
Lucia Schulten Korrespondentin in Brüssel