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War ein Pilot des Airbus ausgesperrt?

26. März 2015

Bisher gibt es keine Erklärung für den tödlichen Sinkflug der Germanwings-Maschine. Nun teilten Ermittler mit, beim Absturz sei nur ein Pilot im Cockpit gewesen. Was aber sind die Gründe dafür?

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Cockpit des Airbus A320 (Archivfoto: dpa)
Blick in das Cockpit eines Airbus A320Bild: picture-alliance/dpa/Airbus Industrie

Vor dem Absturz des Germanwings-Flugzeugs in den französischen Alpen hat sich nach Angaben der Staatsanwaltschaft Düsseldorf nur ein Pilot im Cockpit des Airbus aufgehalten. Dies ergebe sich aus den Ermittlungen der Behörden in Frankreich, teilte Christoph Kumpa von der Staatsanwaltschaft in Düsseldorf mit, wie die Nachrichtenagentur Reuters meldet.

Zuvor hatte die Nachrichtenagentur afp unter Berufung auf französische Ermittlerkreise gemeldet, dass einer der beiden Piloten nach dem Start der Maschine das Cockpit verlassen habe und später nicht wieder hineingelangt sei. Die Ermittler beriefen sich auf die ausgewerteten Daten des gefundenen Stimmrekorders.

Ein mit den ausgewerteten Daten des Flugschreibers vertrauter Ermittler sagte der Nachrichtenagentur AFP, es sei zunächst zu hören, wie sich die Besatzung auf Deutsch unterhalte. "Dann hört man die Geräusche eines Sitzes, der zurückgeschoben wird, dann eine Tür, die sich öffnet und wieder schließt." Dann seien Klopfgeräusche an der Tür zu hören. Bis zum Absturz seien keine Gespräche mehr zu hören. Auf dem Mitschnitt sei allerdings ein Alarmsignal zu hören, das auf die Nähe des Erdbodens hinweise.

Wo war der zweite Pilot?

Kurz zuvor hatte die Zeitung "New York Times" über den Sachverhalt berichtet und sich auf einen ranghohen Militärvertreter berufen, der in die Ermittlungen eingebunden sei. Demnach klopfte jemand erst leicht und dann immer stärker gegen die Tür. "Nie gibt es eine Antwort", zitierte die Zeitung den Militärvertreter. Am Ende sei zu hören, wie der ausgesperrte Pilot versuche, die Tür einzutreten.

Warum er das Cockpit verließ und warum das Flugzeug in den Sinkflug ging, sei unklar. "Sicher ist, dass ganz zum Schluss des Fluges der andere Pilot allein ist und die Tür nicht öffnet", sagt der Ermittler laut "New York Times". Demnach verließ der Pilot das Cockpit, bevor die Maschine in den verhängnisvollen achtminütigen Sinkflug überging. Ebenfalls ungeklärt ist bisher, ob es sich bei dem ausgesperrten Besatzungsmitglied um den Piloten oder den Co-Piloten handelte.

Keine Bestätigung

Die Lufthansa-Tochter Germanwings erklärte, ihr lägen derzeit keine Informationen der zuständigen Behörden vor, die die Angaben zu den Daten des Flugschreibers bestätigen. "Wir werden uns bemühen, weitere Informationen zu bekommen und werden uns nicht an Spekulationen beteiligen", teilte das Unternehmen in der Nacht mit. Die Ermittlung der Unfallursache obliege den zuständigen Behörden. Auch die Muttergesellschaft Lufthansa bestätigte die jüngsten Berichte über die Vorgänge im Cockpit nicht. Von der französischen Untersuchungsbehörde BEA war in der Nacht zunächst keine Stellungnahme zu erhalten.

Rätselhaft ist vor allem, warum die Maschine auf einen Sinkflug ging, nachdem sie gerade erst ihre Reiseflughöhe erreicht hatte. Die Piloten setzten keinen Notruf ab. Derweil ging die Suche nach dem zweiten Flugschreiber in dem Trümmerfeld weiter. Ohne dessen Daten dürfte die Ermittlung der Absturzursache sehr schwierig werden.

Bergungsarbeiten fortgesetzt

Der Airbus A320 war am Dienstag auf dem Weg von Barcelona nach Düsseldorf in den französischen Alpen abgestürzt. An Bord waren 150 Menschen, unter ihnen 72 Deutsche und 50 Spanier. Die schwer zugängliche Unglücksstelle liegt nahe der Ortschaft Seyne. Am Mittwoch wurden die ersten sterblichen Überreste aus dem Gebiet der Absturzstelle per Hubschrauber geborgen. Am Morgen nahmen die Such- und Bergungsmannschaften die Arbeiten wieder auf, die über Nacht ausgesetzt waren. Hubschrauer brachten Gerichtsmediziner und Gendarmen an den Unglücksort.

Vom Flughafen Düsseldorf startete am Morgen ein Lufthansa-Airbus mit rund 50 Angehörigen der Absturzopfer in Richtung Marseille. An Bord befinde sich auch ein Betreuer-Team aus Seelsorgern, Ärzten und Psychologen, teilte ein Sprecher des Flughafens mit. Germanwings will außerdem einen Sonderflug für Angehörige aus Barcelona nach Südfrankreich organisieren.

Schweigeminute im Parlament

In Berlin gedachte am Morgen der Bundestag der Opfer des Absturzes. Parlamentspräsident Norbert Lammert sagte zu Beginn der Sitzung: "Es ist eine menschliche Tragödie, die Deutschland, Spanien und Frankreich in Schock und Schmerz eint." Er dankte den Einsatzkräften an der Absturzstelle und die Zeichen des Mitgefühls durch große internationale Anteilnahme. Die Angehörigen der Opfer erlebten jetzt eine unbeschreiblich schwere Zeit. "Wir sind in unseren Gedanken bei ihnen und fühlen uns ihnen in einer ganz besonderen Weise verbunden", sagte Lammert. Die Abgeordneten erhoben sich für die Worte und eine anschließende Schweigeminute.

Die Mitglieder des Bundestages erhoben sich zu einer Schweigeminute für die Absturzopfer (Foto: Reuters)
Die Mitglieder des Bundestages erhoben sich zu einer Schweigeminute für die AbsturzopferBild: Reuters/H. Hanschke

Nach dem Absturz der Germanwings-Maschine will der Verkehrsausschuss des Bundestags die Sicherheitsstandards der Airline unter die Lupe nehmen. "Wir hinterfragen alles", sagte der Ausschussvorsitzende Martin Burkert. "Vom Sicherheits- und Werkstattkonzept der Germanwings, über Wartungsintervalle bis hin zur konkreten Technik im Airbus." Auch bei anderen Vorfällen in der Luftfahrt sei man so verfahren, erklärte der SPD-Politiker. Nach dem Unglück in Südfrankreich wolle der Ausschuss alle Details kennen und sich wöchentlich informieren. Er halte das Fliegen aber nach wie vor für sicher, sagte Burkert.

Mit einer Schweigeminute gedachten auch Bürger in Nordrhein-Westfalen der Todesopfer. Um 10.53 Uhr versammelten sich vielerorts Menschen, um in aller Stille an die Getöteten zu erinnern und ein Zeichen der Verbundenheit mit den Hinterbliebenen zu setzen. Zu dieser Uhrzeit war am Dienstag die Funkverbindung zu der Unglücksmaschine abgebrochen. Im westfälischen Haltern kamen mehrere hundert Menschen zu der Schweigeminute zusammen. Bei dem Absturz am Dienstag waren 16 Schüler und zwei Lehrer des Joseph-König-Gymnasiums in Haltern ums Leben gekommen. Auch an anderen Schulen, in Kirchengemeinden und in Landesbehörden waren Menschen zu dem schweigenden Gedenken aufgerufen.

kle/stu (dpa, afp, rtre, ape)