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Warum Afrika den Zwei-Jahres-WM-Rhythmus will

Lolade Adewuyi
13. Oktober 2021

Funktionäre aus Afrika sehen in einer alle zwei Jahre stattfindenden WM großes Potenzial für den Fußball auf ihrem Kontinent - und glauben eine Stimmenmehrheit bei der FIFA-Abstimmung im Dezember hinter sich zu haben.

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Fußball CaF | Patrice Motsepe und FIFA Präsident Gianni Infantino
WM-Biennale als gemeinsames Ziel: CAF-Präsident Patrice Motsepe (l.) und FIFA-Präsident Gianni InfantinoBild: BackpagePix/empics/picture alliance

Als Emmanuel Amuneke das Angebot erhielt, Mitglied der Technischen Studiengruppe der FIFA (TSG) zu werden, musste er nicht lange überlegen. Einer der Hauptgründe für den ehemaligen Nationaltrainer Tansanias, das Angebot anzunehmen: Arsène Wenger. Der ehemalige Arsenal-Teammanager ist seit Herbst 2019 Chef für globale Fußballentwicklung bei der FIFA und arbeitet in dieser Funktion eng mit der TSG zusammen. Die Idee der Studiengruppe: die aus Sicht des Weltverbandes wichtigen Themen zur Zukunft des Fußballs und damit auch die Frage einer alle zwei Jahre stattfindenden Fußball-WM zu beraten. 

Die von Wenger vorgetragene Idee einer Fußball-WM mit 48 Teilnehmern im Zweijahresrhythmus überzeugte den ehemaligen Stürmer, der mit Nigeria an der WM 1994 in den USA teilnahm. Amuneke betont die Notwendigkeit von Veränderungen und Weiterentwicklung im globalen Fußball. "Die VAR-Frage [Video Assistant Referee - Anm. d. Red.] hat die Dynamik des Spiels verändert. Aber sie wurde zu Beginn kritisiert", sagte Amuneke der DW. "Wenn man die unterschiedlichen Interessen zusammenbringen kann, sehe ich keinen Grund, warum wir nicht alle zwei Jahre eine Weltmeisterschaft veranstalten können."

Fußball Emmanuel Amuneke Tansania
Tansanias Verbandspräsident Emmanuel AmunekeBild: Ryan Wilkisky/BackpagePix/empics/picture alliance

"Win-Win-Situation für alle"

Aus Afrika formiert sich eine breite Unterstützung für die auch von FIFA-Präsident Gianni Infantino vorangetriebenen Pläne der WM mit 48 Teams im Zweijahresrhythmus. Gerade einmal 13 von 54 afrikanischen Nationen haben es in der über 100-jährigen WM-Geschichte geschafft, sich für ein Endrundenturnier zu qualifizieren. Zum Vergleich: Von 55 europäischen Nationen haben 33 an mindestens einer WM-Endrunde teilgenommen, in Asien sind es lediglich 12 von 47 Nationen. Es überrascht daher nicht, dass auch in Asien die FIFA-Pläne mehrheitlich unterstützt werden. 

"Nicht nur Afrika ist von der Idee einer alle zwei Jahre stattfindenden Weltmeisterschaft begeistert, auch Asien und Ozeanien wollen sie", sagte Amaju Pinnick, Präsident des nigerianischen Fußballverbands, der DW. "Es ist eine Win-Win-Situation für alle Konföderationen. Würde die Weltmeisterschaft alle zwei Jahre ausgetragen, würde das unserem Fußball eine rasante Entwicklung bescheren." 

Fußball Amaju Pinnick Nigeria
"Eine win-win-Situation für alle Könfererationen", behauptet Nigerias Verbandspräsident Amaju PinnickBild: Gavin Barker/BackpagePix/empics/picture alliance

Faouzi Lekjaa greift die etablierten Nationen direkt an: "Diejenigen, die gegen die Weltmeisterschaft alle zwei Jahre sind, sind in Wirklichkeit Egoisten, weil sie Millionen von Menschen diskriminieren, nur um ihre kommerziellen Interessen zu schützen", sagte der Funktionär aus Marokko dem Sender "LeSport360". "Sie sollten die Möglichkeit unterstützen, Hunderten von Millionen Menschen auf unserem Kontinent Hoffnung zu geben." Der Präsident des afrikanischen Kontinentalverbands (CAF), Patrice Motsepe, gibt sich zurückhaltender und plädiert dafür, "dass die Diskussionen und Überlegungen weitergehen". Die Abstimmung über die WM-Reformpläne unter ihren 211 Mitgliedern plant die FIFA im Dezember 2021. 

UEFA droht mit WM-Boykott

Während die FIFA-Pläne in Afrika unterstützt werden, bilden die mächtigen Verbände aus Europa (UEFA) und Südamerika (CONMEBOL) die Gegenseite und stellen sich gegen die Pläne. Sogar aus der deutschen und portugiesischen Politik gab es Kritik. In Europa ist Frankreichs Verbandspräsident Noel Le Graet einer der wenigen, der bislang öffentlich bekundet hat, die Idee zumindest "in Erwägung" zu ziehen. "Eine WM alle zwei Jahre lehne ich nicht kategorisch ab. Aber man muss sich das natürlich genau anschauen", sagte Le Praet der Zeitung "L'Equipe". 

UEFA-Präsident Aleksander Ceferin hingegen hat bereits mit einem Boykott der WM gedroht, sollte die FIFA die Reform im Dezember tatsächlich beschließen. Dies könnte den Bruch zwischen den traditionell finanzstarken Kontinentalverbänden wie UEFA und CONMEBOL und den anderen bedeuten, die mehr Stimmrechte in der FIFA auf sich vereinen. Der nigerianische Verbandspräsident glaubt daran allerdings nicht: "UEFA und CONMEBOL werden die WM niemals boykottieren. Das ist nicht möglich", sagt Amaju Pinnick.

Noch mehr Spiele?

Argumentativer Kern der Gegner der FIFA-Pläne ist oft das bereits jetzt sehr hohe Belastungsniveau der Top-Spieler. Eine WM mit 80 Spielen alle zwei Jahre könnte den Rahmen aus Sicht der Kritiker endgültig sprengen und das System mit seiner Vielzahl an nationalen und internationalen Klub- und Nationalmannschafts-Wettbewerben zum Einsturz bringen. Den europäischen Klubs ist bereits der Africa Cup of Nations, für den sie ihre Spieler alle zwei Jahre im Januar zu den Nationalteams abstellen müssen, ein Dorn im Auge. 

Die Spielervereinigung FIFPRO warnte jüngst vor gesundheitlichen Folgen für die Top-Spieler, die auch ein verfrühtes Karriereende bedeuten könnten. Emmanuel Amuneke hält dagegen, dass gerade die über einen längeren Zeitraum ausgelegten Großturniere, bei denen Spieler mehrere Wochen in einem Land verbringen, die Belastung durch das Reisen merklich reduzierten. Die FIFA-Pläne, die die WM in geraden Jahren und die kontinentalen Meisterschaften in ungeraden Jahren sehen, kämen den Spielern demzufolge sogar entgegen. "Gegenwärtig müssen die afrikanischen, asiatischen und südamerikanischen Spieler viel häufiger Fernreisen absolvieren als die Europäer. Ein gemeinsamer Kalender kann dazu beitragen, eine komfortable Zone für alle zu schaffen", glaubt Amuneke. 

Immer mehr Fußball

Ob FIFA oder UEFA oder andere Verbände: Der Trend ist der gleiche. Immer neue und immer größer werdende Wettbewerbe erhöhen die Sichtbarkeit, das Vermarktungspotenzial und somit die Einnahmen. Zwar wird seit Jahren vor einer Übersättigung des Fußballangebots gewarnt, doch durch die Erschließung neuer Märkte konnte der Spitzenfußball sein Wachstum in den letzten Jahren kontinuierlich fortsetzen - vom finanziellen Dämpfer, ausgelöst durch die globale Coronapandemie, abgesehen.

Grossstadt in Afrika Kapstadt Stadtansicht
Von bisher 21 Fußball-WM's wurde bisher nur eine auf dem afrikanischen Kontinent ausgetragen - 2010 in SüdafrikaBild: picture-alliance/dpa

Wladimir Andreff, Sportökonom und ehemaliger Professor an der Université Panthéon-Sorbonne in Paris, sieht die Gefahr einer platzenden Blase im Fußball gegeben: "Aus ökonomischer Sicht haben die Verbände Fehler gemacht. Und ein Turnier mit 48 Mannschaften alle zwei Jahre würde zu logistischen Problemen und Kosten führen, die wiederum die afrikanischen Verbände von Bewerbungen für das Turnier abschrecken könnten." 

Dennoch scheint der afrikanische Verband CAF entschlossen, die Pläne zu unterstützen, um so im - aus seiner Sicht ungerechten - Wettbewerb mit UEFA und Co. finanziell besser dazustehen. Auf einer außerordentlichen Mitgliederversammlung im November will der Verband sein Ja zu den Plänen bei der FIFA-Abstimmung im Dezember bekräftigen. Nigerias Verbandschef Amaju Pinnick ist siegesicher. "Wir werden eine Zweidrittelmehrheit haben", so die Ankündigung des FIFA-Council-Mitglieds. 

Adaption aus dem Englischen: David Vorholt