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Warum Briefkastenfirmen stinken

Nicolas Martin4. April 2016

Präsidenten, Sportler, Banken - sie alle hatten laut dem neuesten Datenleck Firmen im Ausland: Oft ohne Büro, nur mit einem Briefkasten. Solche Konstrukte sind zwar legal, aber äußerst verdächtig.

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Großbritannien Hundehaufen auf einer Wiese
Bild: picture alliance/blickwinkel/A. Held

Der Fußballer Lionel Messi, der ukrainische Präsident Petro Poroschenko, das argentinische Staatsoberhaupt Mauricio Macri - sie alle sollen laut den Autoren der Panama Papers sogenannte Briefkastenfirmen besessen haben oder besitzen sie noch. Das Datenleck der Kanzlei Mossack Fonseca in Panama-City ermöglicht nach Angaben der Rechercheure Einblick in insgesamt 214.000 solcher Briefkastenfirmen.

Infografik Mutmaßliche Inhaber von Briefkastenfirmen

Eine solche Firma besteht tatsächlich oft nur aus einem Briefkasten - allerdings meist einem sehr wichtigen. Denn erst durch diesen Briefkasten bekommt eine entsprechende Firma einen Sitz. Das Geld auf dem Konto der Firma kann dann auch im Land des Briefkastens versteuert werden. Der Vorteil: Wenn die Steuersätze im eigenen Land höher sind als in dem Land, wo der Briefkasten steht, wird Geld gespart. Ein weiteres Plus: Die Firma kann von einer Person verwaltet werden, die nicht Besitzer des Geldes ist. Der Besitzer des Vermögens bleibt im Verborgenen. Auch ist es möglich, Geldströme zu verschleiern: Das ermöglicht, illegal erworbenes Geld zu waschen und zu vermehren.

Ist jeder Besitzer einer Briefkastenfirma ist ein Krimineller?

Nein, der reine Besitz einer Firma im Ausland - und sei es nur in Form eines Briefkastens - ist noch kein Rechtsbruch. "Man muss sich aber fragen, warum jemand so einen Aufwand betreibt?", gibt Steuerexperte und Europa-Abgeordneter der Grünen, Sven Giegold, zu bedenken. "Das macht man eigentlich nur, wenn man im eigenen Land etwas zu verbergen hat."

Die Grenze des Legalen ist dann überschritten, wenn die Firma Gewinne erzielt, die im Land des eigentlichen Firmenbesitzers nicht versteuert werden. Im Regelfall ist das Steuerhinterziehung, denn nach dem sogenannten Welteinkommensprinzip müssen Steuern im Land des Wohnsitzes bezahlt werden.

Sind alle Besitzer einer solchen Firma reich?

Im Prinzip kann jeder eine Briefkastenfirma eröffnen, aber bringt es auch was? "Nein", sagt Sven Giegold: "Als normaler Arbeitnehmer werden die Steuern direkt vom Gehalt abgezogen, erst wenn sie Kapitalerträge erwirtschaften und das im großen Maße - dann lohnt sich eine Briefkastenfirma." Menschen mit einem niedrigen Einkommen entscheiden sich demnach eher selten für eine Briefkastenfirma.

Ganz abgesehen davon benötigt es auch eine teure Kanzlei wie beispielsweise Mossack Fonseca. Ein solcher Schritt sei nur dann nachvollziehbar, wenn der Glaube in das eigene Banken- oder Rechtssystem völlig abhanden gekommen sei, so Giegold: "Wobei man sich aber fragen muss, ob Panama dann die erste Adresse ist", so der Grünen-Abgeordnete und Autor des Buches "Steueroasen trockenlegen".

Infografik Wie Vermögende Briefkastenfirmen nutzen Deutsch

Was können die Steuerfahnder aus der Liste erfahren?

Durch die Panama Papers wissen wir zunächst nur, dass bestimmte Spitzensportler und Politiker wohl an einer Briefkastenfirma beteiligt waren. Das gibt den Steuerfahndern ein neues Instrument an die Hand. "Nun müssen die Finanzämter überprüfen, ob die dort aufgedeckten Firmen auch in den Steuererklärungen der Personen enthalten waren", so Giegold. Sind die Erträge sauber gemeldet und versteuert worden? "Gerade bei den Europäern auf der Liste kann man davon ausgehen, dass das nicht der Fall war."

Mit der Arbeit haben die Behörden schon begonnen. So sind die spanischen und österreichischen Finanzprüfer bereits dabei, die bekannt gewordenen Geldanlagen in Briefkastenfirmen unter die Lupe zu nehmen. Auch die Beschuldigten haben sofort mit ihrer Verteidigung losgelegt: So wiesen Lionel Messi und Argentiniens Staatschef Mauricio Macri die Vorwürfe zurück. Was es ihnen bringt, hängt von der Hartnäckigkeit der Steuerfahnder und ihrem Ergebnis ab.

Was kann gegen die Briefkastenfirmen unternommen werden?

"Die Banken sind der Schlüssel", ist Sven Giegold überzeugt. Die Besitzer von Briefkastenfirmen lassen ihr Geld in der Regel nicht einfach in Panama oder in einer andern Steueroase liegen. Sie wollen, dass ihr Geld arbeitet. Nicht umsonst tauchen in den Panama Papers auch etliche Namen von Geldhäusern – auch deutschen - auf, die das Geld ihrer Kunden gerne annahmen und sehr wahrscheinlich auch nicht nach dem Ursprung der Vermögen fragten. Sven Giegold fordert deshalb, dass alle Banken den Finanzämtern melden, wenn sie Geschäfte mit Personen des jeweiligen Landes machen.

Die USA haben da schon Erfahrungen gesammelt. So müssen beispielsweise alle Schweizer Banken - wenn sie Geschäfte mit Amerikanern machen - in die USA funken, mit wem sie es zu tun haben. Das ist natürlich nur ein erster Schritt, denn viele der Besitzer können ihr Geld verschieben - beispielsweise nach Panama.

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Sven Giegold: Europa-Abgeordneter der Grünen und Steuer-ExperteBild: Sven Giegold

Welcher Schaden entsteht durch Briefkastenfirmen?

Der Druck, etwas zu ändern, ist groß: Wirtschaftlich entgehen allen Staaten durch Steuerflucht hohe Einnahmen. Der größte finanzielle Schaden entstehe aber dadurch, dass Kriminalität attraktiv bleibe, so Giegold. "Drogenhandel, Waffenhandel, Erpressung - all das wäre ja ohne ein Finanzsystem, das den dreckigen Geschäften eine Heimat bietet, nicht möglich."

Und auch gesellschaftlich habe es massive Auswirkungen, wenn vor allem Vermögende ihre Steuerlast drücken können und dabei nicht zur Rechenschaft gezogen würden. "Das zerstört langfristig das Vertrauen in Demokratie und Rechtstaatlichkeit", so der Grünen Europa-Abgeordnete Giegold.