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Warum ein Prinz von Preußen um die Burg Rheinfels kämpft

Nadine Wojcik
23. Mai 2019

Der Adel in Deutschland ist längst abgeschafft, doch er ringt noch um seine Immobilien. Der Ururenkel des letzten deutschen Kaisers will 100 Jahre später die Burgruine Rheinfels zurück. Dafür geht er sogar vor Gericht.

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Burg Rheinfels St Goar Rheinland Pfalz
Bild: Imago Images/McPHOTO

Gäbe es noch eine Monarchie, wäre ein 42-jähriger Unternehmensberater Kaiser von Deutschland: Georg Friedrich Prinz von Preußen ist der Ururenkel Wilhelms II. Jener hatte 1918 nach der Novemberrevolution abdanken müssen und war ins niederländische Exil geflohen. Mit der zeitgleichen Ausrufung der Republik endete das deutsche Kaiserreich (1871 - 1918).

Längst Vergangenheit könnte man meinen. Doch die Adelsdynastien leben weiter - und manche Vertreter fordern selbst nach 100 Jahren noch Entschädigung: Georg Friedrich Prinz von Preußen meldete unlängst Besitzansprüche an der Burgruine Rheinfels an. Das Bauwerk von 1245 gehört heute dem Städtchen St. Goar in Rheinland-Pfalz, welches Teile der Burg an ein angrenzendes Luxushotel verpachtet. "Die Burg Rheinfels ist das Herz von St. Goar", betonte Stadtbürgermeister Horst Vogt. Für ihn habe die Klage des Prinzen von Preußen den "Anschein eines kleinen Beutezugs der Hohenzollern." Weder Prinz noch dessen Anwaltskanzlei äußern sich derzeit zum laufenden Verfahren.

Portraitfoto von Georg Friedrich Prinz von Preußen (Foto: picture-alliance/dpa/R. Hirschberger)
Bislang kein Kommentar: Georg Friedrich Prinz von Preußen, Ururenkel des letzten deutschen KaisersBild: picture-alliance/dpa/R. Hirschberger

Die Hohenzollern gehören zu den ältesten Adelsdynastien in Deutschland, die die deutsche Geschichte mit einer Vielzahl an bedeutenden Fürsten, Königen und Kaisern maßgeblich mitbestimmten. Mit Abschaffung des deutschen Adels verloren sie Titel und Privilegien. Sogenannte Auseinandersetzungsverträge regelten, was im Privatbesitz blieb und was in staatliche Verwaltung überging. So sind beispielsweise heute Schloss Sanssoucci in Potsdam oder Schloss Charlottenburg in Berlin in Besitz der staatlichen Stiftung Preußische Schlösser und Gärten.

Ruine in malerischer Rhein-Natur

Bauherr dieser prunkvollen Schlösser war das Haus Hohenzollern selbst. Die rund 800 Jahre alte Burg Rheinfels hingegen, um die nun vor Gericht gestritten wird, war nur für kurze Zeit im Besitz des Adelsgeschlechts - und bereits damals eine Ruine. So kaufte Wilhelm von Preußen 1843 die Überbleibsel der Burg, die nach Gefechten mit französischen Revolutionstruppen stark beschädigt war. Die einst größte Wehranlage am Mittelrhein war als Steinbruch genutzt worden und wurde damit vor weiterer Zerstörung bewahrt.

Heute ist Burg Rheinfels ein malerisches Ausflugsziel: Die Ruine liegt im Loreley-Tal, seit 2002 von der UNESCO in die Liste der Welterbe-Stätte aufgenommen. Zwischen Koblenz und Bingen bauten hier Könige, Fürsten, Grafen und Bischöfe auf rund 60 Kilometern Rheinstrecke 29 Burgen und Schlösser. Auch damals ging es um Geld: Wer an dem jeweiligen Amtssitz vorbei wollte, musste Zölle zahlen.

Der Loreley-Felsen bei St. Goar liegt gegenüber von der Burguine Rheinfeld
Der Loreley-Felsen bei St. Goar liegt gegenüber von der Burguine RheinfeldBild: picture-alliance/dpa/T. Frey

Mit dem Untergang des Kaiserreiches wurde die anliegende Stadt St. Goar Eigentümerin von Rheinfels. Jedoch mit einer Auflage, die nun zum Streitfall geworden ist: Das Bauwerk darf nicht verkauft werden. 1998 schloss die Stadt mit einem Luxushotel einen Pachtvertrag für ein Gebäude, das im Vorbereich der Burgruine liegt und erst im 20. Jahrhundert errichtet wurde. Dieser Erbpachtvertrag hat eine Laufzeit von 99 Jahren, mit Option auf eine ebenso lange Verlängerung. Genau hierhin sieht Georg Friedrich Prinz von Preußen den Vertragsbruch: Die jahrhundertelange Pachtdauer käme einem Verkauf gleich. Daher hätte er ein Anrecht auf Rückübertragung des Grundstückes. Verklagt hat er das Land Rheinland-Pfalz, die Stadt und das Burghotel.

Immobiliengeschäfte der Adelsdynastie

Es ist nicht das erste Mal, dass die Hohenzollern vor Gericht um frühere Besitztümer streiten. Für Aufregung sorgte auch ein Entschädigungsverfahren, das der Großvater von Prinz Georg Friedrich Prinz von Preußen 1991 gegenüber dem Land Brandenburg geltend machte. Damit bezog man sich auf den Einigungsvertrag, der eine Entschädigung für Immobilien vorsieht, die durch die sowjetische Besatzungsmacht enteignet worden waren. Das Haus Hohenzollern machte daraufhin einen Anspruch für 64 Immobilien im Wert von 1,2 Millionen Euro geltend. Der Antrag wurde 2015 abgewiesen, mit der Begründung, die Hohenzollern hätten der NS-Diktatur "Vorschub geleistet", was eine Entschädigung ausschließe. Der Prinz von Preußen reichte daraufhin Klage beim Potsdamer Verwaltungsgericht ein.

Angestrahltes Schloss Charlottenburg mit Haupttrakt und Seitenflugeln bei Nacht. (Foto Fotolia/chaya1)
Prunk der Adelsdynastie: Schloss Charlottenburg in Berlin, heute im Besitz der Stiftung Preußische Schlösser und GärtenBild: Fotolia/chaya1

Von anderen Immobilien trennte sich das Adelsgeschlecht wiederum freiwillig: Der Wümmehof in Bremen wurde 2015 an einen Investor verkauft. In dem Landsitz hatte Louis Ferdinand Prinz von Preußen, Großvater des heutigen Prinzen, gelebt. Die Verkaufssumme wurde nicht öffentlich beziffert. Kein Geheimnis hingegen ist, dass die prestigeträchtige Burg Hohenzollern, Stammsitz des Adelsgeschlechtes in Baden-Württemberg und heute noch in dessen Besitz, für Erhaltung und Personal große Summen verschlingt. Drei Millionen Euro Bundesmittel wurden für die Sanierung der rissigen Burgmauern 2018 bewilligt.  

Neue Einnahmequelle für Haus Hohenzollern?

So könnte man annehmen, das Adelsgeschlecht hätte mit dem Erhalt der Stammburg genug zu tun. Warum sich dann um noch eine Ruine kümmern? Der Prinz selbst und sein Anwalt schweigen bisher zur Motivation. Unklar ist auch, was das Haus Hohenzollern mit der Ruine vorhat, sollte das Gericht ihm Recht geben. Der Bürgermeister der Stadt St. Goar hingegen vermutet monetäre Beweggründe. In einem Interview mit dem Südwestrundfunk sagte Horst Vogt: "Ich halte es moralisch für bedenklich, wenn man nach so vielen Investitionen in die Burg seitens des Landes, der Denkmalpflege und des Schlosshotels versucht, an Geld zu kommen."

Auf einem Hügel wird ein mittelalterliches Burgensemble vom Morgenlicht erstrahlt, darum breitet sich eine Wolkendecke aus (Foto: picture-alliance/imagebroker/Lilly)
Burg Hohenzollern: Stammsitz der Adelsdynastie und heute noch in deren BesitzBild: picture-alliance/imagebroker/Lilly

Das Städtchen beziehe seine Einnahmen hauptsächlich aus den Eintrittsgeldern und der Hotelpacht, was jährlich bis zu 350.000 Euro einbringe. Sollte dies künftig wegfallen, sei der "Schaden katastrophal": "Dann wäre die Stadt mehr oder minder bankrott."

In einer mündlichen Verhandlung am 23. Mai bezweifelte das Landgericht Koblenz einen möglichen Besitzanspruch der Hohenzollern. Der Anwalt des Bundeslandes warf dem Prinzen vor, bei den Millioneninvestitionen des Hoteliers tatenlos zugesehen zu haben und nun dessen Pacht kassieren zu wollen. Der Anwalt des Prinzen wies dies zurück. Die finale Entscheidung wird das Gericht am 25. Juni verkünden.