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Was Donald Trump von Opa Friedrich lernte

Michael Knigge (sp)11. September 2015

Donald Trump will US-Präsident werden. Die Umfragen räumen dem Milliardär gute Chancen ein. Um das Phänomen Trump besser zu verstehen, empfiehlt sich ein Blick auf seine deutschen Wurzeln, sagt Biografin Gwenda Blair.

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Donald Trump spricht bei einer Wahlkampfveranstaltung in Phoenix (Foto: AP Photo/Ross D. Franklin)
Bild: picture alliance/AP Photo/R. D. Franklin

DW: Warum spielen Trumps deutsche Wurzeln eine Rolle, wenn es darum geht, den zurzeit aussichtsreichsten möglichen Präsidentschaftskandidaten der Republikaner besser zu verstehen?

Gwenda Blair: Sein Großvater Friedrich Drumpf ist 1885 im Alter von 16 Jahren in die USA ausgewandert. Das war während der großen deutschen Einwanderungswelle in die Vereinigten Staaten. Seine Familie waren Winzer aus Kallstadt. Der erste Schritt zum Verständnis von Donald Trump heute ist zu wissen, dass sein Großvater kein Winzer sein wollte. Er wollte auch kein Barbier sein - dazu wurde er zunächst ausgebildet, als er bekundet hatte, keinen Wein anbauen zu wollen.

Er kam nach New York, lernte Englisch, ging an die Westküste, betrieb dort Gaststätten und schuf sich ein finanzielles Polster. Dann ging er zurück nach Kallstadt, heiratete ein Mädchen aus der Nachbarschaft und brachte sie zurück nach New York. Sie hatte allerdings so großes Heimweh, dass sie zurück nach Kallstadt gingen und Friedrich versuchte, wieder Deutscher zu werden - er hatte inzwischen die amerikanische Staatsbürgerschaft angenommen. Und ob es nun geplant war oder nicht: Er kam gerade so um den Militärdienst herum. Vor seiner Abreise war er etwas zu jung und bei seiner Rückkehr ein paar Monate zu alt.

US-Autorin Gwenda Blair hat zwei Biografien über Trump und seine Familie verfasst (Foto: Matthew W. Stolper)
Blair: "Widersprüche haben Trump noch nie gestört"Bild: Matthew W. Stolper

Drumpf behauptete, dies wäre reiner Zufall gewesen. Die deutschen Behörden glaubten dies allerdings nicht und sorgten dafür, dass ihm die Rückkehr zur deutschen Staatsbürgerschaft verwehrt blieb. Sie bezeichneten ihn als Drückeberger, wiesen ihn aus und schickten ihn dorthin zurück, woher er gekommen war: in die Vereinigten Staaten. Dies ist die Grund, warum die Trumps trotz allem Amerikaner wurden, statt einfach eine deutsche Familie mit einem Großvater, der ein paar Jahre in den USA verbracht hat.

Welche Eigenschaften seines Großvaters und seines Vaters hat Donald Trump übernommen - und wie wirken sie sich auf seine Karriere aus?

Die Trumps sind ein beeindruckender Schlag Mensch, der alles tut, um vorwärts zu kommen und zu gewinnen. Sie sind alle unglaublich hartnäckig, geben niemals auf und sind dazu bereit, an die Grenze des Erlaubten zu gehen und mögliche Schlupflöcher zu finden.

Großvater Trump hat seine Gaststätten auf Land errichtet, das ihm nicht gehörte. Das war während des Goldrauschs in Klondike, in der Zeit des Wilden Westens. Es war eine raue Zeit, in der viele alleinstehende Männer verzweifelt nach Gold suchten - und nach Prostituierten. Die Gaststätten von Großvater Trump boten Schnaps, Essen und Frauen. An den Seitenwänden gab es kleine Nischen mit schweren Vorhängen, sogenannte Privaträume für Frauen. Jedem war klar, dass es sich hierbei um Prostituierte handelte. Trumps Etablissements waren sicherlich keine Ausnahme in dieser Zeit, aber er hat ordentlich profitiert. Später, als er nach Deutschland zurückkehrte, behauptete er in seinem Antrag auf Wiedereinbürgerung, er sei ein ruhiger Mann, der Kneipen meidet.

Friedrichs Sohn Fred war besonders gut darin, Schlupflöcher zu finden. Er war Immobilienhändler und machte Geschäfte in den Außenbezirken New Yorks. Als er staatlich finanzierte Wohnhäuser bauen sollte, gründete er Briefkastenfirmen und mietete schließlich von sich selbst Planierraupen und LKW. Und zwar zu überhöhten Preisen. Das war nicht illegal. Aber es ging an die Grenze des Erlaubten. Darin war er ausgesprochen gut.

Und auch Donald Trump war sehr gut, wenn es darum ging, Schlupflöcher zu entdecken und Regeln zu dehnen, beispielsweise beim Bau der Trump Towers in New York. Er stellte polnische Arbeiter ohne Papiere ein, um das Gebäude einzureißen, das vorher dort stand. Er zahlte sehr geringe Löhne und sorgte dafür, dass sie auf der Baustelle schliefen, damit sie den engen Zeitplan einhielten. Später behauptete er, er habe nicht gewusst, dass sie keine Papiere hatten. Dabei konnte ihm das nicht entgangen sein.

Wie erklärt sich vor dem Hintergrund der Trump-Familiengeschichte Donalds ablehnende Haltung gegen Immigranten - inklusive der giftigen Rhetorik?

Trump ist sich immer sicher, wer sein Publikum ist. Ich weiß nicht, ob man dies als deutsche Eigenschaft bezeichnen kann, aber ein Teil der Familienkultur war schon immer der genaue Blick auf die Zielgruppe. Sein Großvater wusste genau, für wen er die Gaststätten in Klondike gebaut hat. Trumps Vater wusste ebenfalls ganz genau, für wen er die Häuser in den Vororten New Yorks errichtete. Das ist nichts, womit wir heute den Immobilienmagnaten Donald Trump verbinden würden. Es ging um Wohnhäuser für die Mittelklasse. Aber Fred Trump fügte bestimmte Extras für die Möchtegern-Kundschaft hinzu. Zum Beispiel einen zusätzlichen Wandschrank. Er war sehr gut im Vermarkten.

Und auch Donald ist ein begnadet guter Vermarkter seiner erwählten Zielgruppe. In diesem Fall ist es die große Masse unglücklicher und teils auch wütender Amerikaner, die denken: "Unser Land war einmal groß, aber jetzt ist es das nicht mehr und Schuld daran trägt jemand anderes." Sie wünschen sich jemanden, der alles wieder ins Lot bringt und ihnen den Respekt und Wohlstand verschafft, den sie ihrer Meinung nach verdienen.

Trump ist ein Meister darin, sich als Vorkämpfer dieser Menschen zu positionieren und es bereitet ihm keine Mühe zu vermitteln, dass er gegen alle vorgehen wird, die dies verhindern wollen. Seien es Immigranten, Kriegshelden wie John McCain, eine Frau wie Fox-Moderatorin Megan Kelly oder ein Hedgefonds-Manager. Sich auf die Immigranten einzuschießen, ist einfach, wenn man es auf die Vielzahl frustrierter weißer Wähler in den Vereinigten Staaten abgesehen hat.

Für Trump steht also seine Familiengeschichte nicht im Widerspruch zu seiner Haltung zu den Einwanderern?

Ich glaube, Widersprüche haben ihn noch nie gestört. Für Beobachter seiner Kampagne ist das durchaus verwirrend, aber Trump ist politisch breit aufgestellt und ihn stört das nicht. Früher war er Demokrat, jetzt ist er Republikaner. Heute ist er konservativ, früher war er mal liberal. Damals war er für das Recht auf Abtreibung, inzwischen ist er zurückgerudert. Er war für eine Einwanderungsreform. Nun ist er dagegen. Er bewegt sich geschmeidig zwischen den Positionen. Ich denke, sein familiärer Hintergrund ist seine geringste Sorge.

Gwenda Blair ist Autorin des Buches "Trumps: Three Generations That Built an Empire" und "Donald Trump: Master Apprentice". Sie unterrichtet Journalismus an der Columbia University.

Das Interview führte Michael Knigge.