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Was ist der Internationale Holocaust-Gedenktag?

27. Januar 2024

Der 27. Januar ist weltweit Tag der Mahnung und des Gedenkens an die Opfer des Holocaust. Deutschland begeht den Tag seit 1996; in Israel begann das Gedenken deutlich früher - an einem anderen Tag.

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Zwei Menschen stehen mit dem Rücken zur Kamera vor einer großen Wand voller Fotos mit Menschen: Porträts, Familien, Paare, Kinder
Ausstellung in Auschwitz-Birkenau: Hunderte Fotos und Schicksale und doch nur ein ganz kleiner Teil der Opfer des NS-Terrors im HolocaustBild: Andrea Grunau/DW

Vereinte Nationen: Warnung vor Hass und Rassismus

Im November 2005 erklärte die UN-Generalversammlung (Resolution 60/7) den 27. Januar zum Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust (International Holocaust Remembrance Day). Sie erklärte, "dass der Holocaust, bei dem ein Drittel des jüdischen Volkes sowie zahllose Angehörige anderer Minderheiten ermordet wurden, auf alle Zeiten allen Menschen als Warnung vor den Gefahren von Hass, Intoleranz, Rassismus und Vorurteil dienen wird". Deutschland und andere Länder hatten den Gedenktag bereits zuvor eingeführt.

Am 27. Januar 2006, dem ersten weltweiten Internationalen Holocaust-Gedenktag, sagte der damalige UN-Generalsekretär Kofi Annan: "Die einzigartige Tragödie des Holocaust lässt sich nicht rückgängig machen. Die Erinnerung daran muss mit Scham und Entsetzen wach gehalten werden, solange die menschliche Erinnerung währt."

Warum ist der Internationale Holocaust Gedenktag am 27. Januar?

Am 27. Januar 1945 hatten die sowjetischen Streitkräfte, die Rote Armee, das nationalsozialistische Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau befreit. Die Soldaten trafen auf wenige Überlebende, die Trümmer der Gaskammern, auf Tote und die Asche der Ermordeten. In Auschwitz allein wurden etwa 1,1 Millionen Menschen ermordet. Die allermeisten, etwa 90 Prozent, waren Juden - und Auschwitz war nur eine von zahlreichen Stätten der Internierung und Massenmorde durch das nationalsozialistische Deutschland in Europa.

Eine Person, von der nur Kapuze und Schulter zu sehen sind, steht vor einer Ausstellungswand mit einem großen Foto: Darauf sind Kinder in gestreifter, viel zu großer Kleidung hinter einem Stacheldrahtzaun zu sehen.
Gedenkstätte Auschwitz: Kinder, Frauen, Männer litten hinter dem Stacheldraht der NS-Konzentrationslager - für die meisten kam die Befreiung zu spätBild: DW/A. Grunau

Bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 starben mehr als sechs Millionen Juden, hunderttausende Sinti und Roma, Menschen mit Behinderungen, politische Gegner, Menschen, die man als Homosexuelle verfolgte, als Kriminelle oder "Asoziale", Zwangsarbeiter, Kriegsgefangene, Zeugen Jehovas und zahllose weitere Menschen. Gegen sie richtete sich der Terror der Nazis. 

UN-Generalsekretär Kofi Annan betonte: "Das Erinnern ist auch eine Absicherung für die Zukunft. Der Abgrund, der in den Todeslagern der Nazis erreicht wurde, begann mit Hass, Vorurteilen und Antisemitismus. Das Erinnern an diese Ursprünge kann uns vergegenwärtigen, stets nach Warnzeichen Ausschau zu halten."

Verhinderung künftiger Völkermorde

Der 27. Januar ist ein Auftrag an alle UN-Mitgliedsstaaten, an die verfolgten und ermordeten Männer, Frauen und Kinder zu erinnern. Die Resolution 60/7 lehnt jede Form der Holocaust-Leugnung ab. Sie unterstützt die Entwicklung von Bildungsprogrammen zur Erinnerung an den Holocaust und will zur Verhinderung künftiger Völkermorde beitragen.

Eine Frau mit Brille in einem dunklem Jackett und roten Pulli steht vor einem Rednerpult und spricht
Holocaust-Gedenktag bei den Vereinten Nationen: Die Überlebende Inge Auerbacher spricht vor den Delegierten in New York (2019)Bild: picture-alliance /L. Muzi

Unter Berufung auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte verurteilt die Resolution alle Formen von "religiöser Intoleranz, Aufwiegelung, Belästigung oder Gewalt gegen Personen oder Gemeinschaften aufgrund ihrer ethnischen Herkunft oder ihrer religiösen Überzeugung" in der ganzen Welt.

Gedenken in Israel: Yom HaShoa

In Israel ist nicht der 27. Januar der zentrale Tag des Gedenkens, sondern der Yom HaShoa, der meist in den April fällt. Zwei Minuten lang heulen die Sirenen im ganzen Land; Busse, Autos, alle bleiben stehen. Die Menschen schweigen, gedenken der Opfer.

Straßenszene in Israel: ein Motorrad, Autos und Busse stehen hintereinander, die Fahrer und Fahrerinnen stehen still daneben
28. April 2022: Menschen stehen und schweigen am Tag des Gedenkens an die Opfer des HolocaustBild: Tomer Neuberg/JINI/Xinhua/IMAGO

Der international übliche Begriff Holocaust ist aus dem Griechischem abgeleitet und bedeutet "vollständig verbrannt". In Israel spricht man von der Shoah, der "Katastrophe".

Erstmals festgelegt wurde der "Tag des Gedenkens an die Shoah und jüdisches Heldentum" 1951, genauer gesetzlich geregelt wurde er 1959. Der Tag liegt im Monat Nisan des jüdischen Kalenders. Man orientierte sich dabei am Aufstand im Warschauer Ghetto im April 1943. Nach jüdischer Tradition beginnt der Gedenktag am Vorabend. Bei den Gedenkfeiern werden sechs Fackeln entzündet, die symbolisch für die sechs Millionen jüdischen Opfer stehen. Am Morgen folgen weitere Veranstaltungen in der Gedenkstätte Yad Vashem bei Jerusalem.

In einem dunklen Raum brennt im Hintergrund eine Flamme, vorne kniet eine Frau in dunkler Kleidung vor einem Blumenkranz und richtet die Schleifen
27.4.2022: Die deutsche Bundestagspräsidentin Bärbel Bas beim Gedenken an die Holocaust-Opfer in Yad VashemBild: Menahem Kahana/AFP

Am Yom HaShoa findet zudem traditionell in Polen ein Gedenkmarsch statt zwischen dem Stammlager Auschwitz und dem rund drei Kilometer entfernten Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau, wo die meisten Menschen ermordet wurden. An diesem "Marsch der Lebenden" (March of the Living) nehmen meist tausende junger Jüdinnen und Juden teil. In der Corona-Pandemie gab es ein virtuelles Gedenken.

Zahlreiche junge Menschen, viele in blauen Jacken, mit Flaggen und Transparenten laufen an großen Ziegelbauten vorbei
"March of the Living" 2023: Tausende Menschen kommen zum Marsch der Lebenden in die Gedenkstätte des ehemaligen Konzentrationslagers AuschwitzBild: Andrea Kasiske/DW

Holocaust-Gedenktag in Deutschland

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und dem Sieg der Alliierten über Hitler-Deutschland, dauerte es noch ein halbes Jahrhundert: Erst 1996 erklärte der damalige Bundespräsident Roman Herzog den 27. Januar zum Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus. An öffentlichen Gebäuden in Deutschland hängen seitdem an diesem Tag die Fahnen auf Halbmast. Viele Schulen greifen das Thema im Unterricht auf.

Seit 1996 gibt es zudem am Gedenktag selbst oder in zeitlicher Nähe eine Gedenkstunde für die NS-Opfer im deutschen Parlament. Während in den ersten Jahren mehrheitlich deutsche Politiker die Gedenkrede hielten, haben seitdem auch zahlreiche Holocaust-Überlebende und Politiker aus anderen Ländern im Land der Täter vor den Abgeordneten im Deutschen Bundestag über ihre Erfahrungen berichtet: aus Israel, den USA, Polen, Frankreich, Spanien, den Niederlanden, Tschechien, Ungarn, Russland oder Großbritannien. Sie teilten bewegende Erfahrungen und mahnten: "Nie wieder! Nie wieder!" So rief es 2022 der israelische Parlamentspräsident Mickey Levy in den Plenarsaal.

Ein Mann mit kurzen grauen Haaren und einem Mundschutz greift sich mit der linken Hand ans Auge, ihn umarmt eine Frau, die man nur von hinten sieht
27.01.2022: Sichtlich aufgewühlt war der israelische Parlamentssprecher Mickey Levy nach seiner Rede vor dem deutschen ParlamentBild: STEFANIE LOOS/AFP

2011 sprach mit Zoni Weisz erstmals ein Angehöriger der Minderheit der Sinti und Roma vor dem Deutschen Bundestag. 2017 erstmals zwei Angehörige von Opfern der sogenannten Euthanasie - dem planmäßig betriebenen Mord an Menschen mit schweren Erkrankungen oder Behinderungen.

Im Mittelpunkt der Gedenkstunde 2023 standen zum ersten Mal Menschen, die aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder geschlechtlichen Identität im Nationalsozialismus verfolgt wurden.

Porträt einer Frau mit rötlich-blonden Haaren und Brille im dunklen Oberteil und weißem Kragen, die nach vorne schaut
Eva Szepesi überlebte als 12-Jährige das nationalsozialistische Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau. 50 Jahre lang sprach sie nicht über ihre ErfahrungenBild: ulrike blitzner/rtn - radio tele nord/picture alliance

Im Jahr 2024 soll es um die generationenübergreifende Erinnerung gehen. Vor dem Bundestag spricht Eva Szepesi, die als Kind am 27. Januar 1945 in Auschwitz befreit wurde. Für die nachfolgende Generation spricht der Journalist Marcel Reif, dessen Vater den Holocaust überlebte.

Dieser Artikel erschien erstmals am 27. Januar 2023 und wurde im Januar 2024 aktualisiert.