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Was Real Madrid (fast) unschlagbar macht

25. Mai 2018

Jürgen Klopp mögen die Sympathien zufliegen, Mohammed Salah mag sein Tor machen - aber am Ende gewinnt das Champions-League-Finale wieder Real Madrid, meint DW-Sportredakteur Joscha Weber und nennt dafür fünf Gründe.

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Champions League Real Madrid v Bayern München
Das Selbstbewusstsein der Sieger: Real Madrids Team kennt eigentlich nur den TriumphBild: Reuters/J. Medina

Man könnte sich die Sache leicht machen und den Buchmachern vertrauen: Für einen Sieg von Madrid gibt es rund 1,70 Euro pro eingesetztem Euro, für einen Triumph von Liverpool sind es rund 2,20 Euro. Madrid ist also der Favorit in diesem Champions-League-Finale von Kiew, wenngleich nur leicht. Bei näherem Hinsehen fällt auf: Der Vorsprung Reals ist tatsächlich größer. Fünf Gründe sprechen im Kampf um Europas Fußball-Krone für einen erneuten Triumph der Königlichen:

1. Selbstbewusstsein

Real Madrid kennt praktisch nur den Sieg. Die Niederlage ist eine Ausnahmeerfahrung. Die Dominanz auf internationaler Ebene hat ein Selbstverständnis wachsen lassen, dass man im bayerischen Sprachgebrauch wohl "Mia san Mia"-Mentalität nennen könnte - nur eben noch krasser. Denn die jüngsten Erfolge des FC Bayern lesen sich im Vergleich zu denen von Real Madrid fast schon bescheiden. Reals Pokal-Vitrine ist mehr als voll: Drei der letzten vier Champions-League-Trophäen gingen an Madrid, ebenso viele Klub-WM-Titel. Auch große Gegner wie Bayern München oder Paris Saint-Germain sind für Real keine Stolpersteine. Nannte man Real Madrid schon früher die "Königlichen" oder die "Galaktischen", sind selbst der kreativen spanischen Presse inzwischen scheinbar die Superlative ausgegangen. Die Spieler, die allesamt Stars und Nationalspieler sind, bringen also das Gefühl von Überlegenheit mit, die sich immer wiederholende Erfahrung des Triumphes. So etwas schafft ein Selbstbewusstsein, wie es kein anderes Fußballteam der Welt haben dürfte.

2. Ronaldo

Real Madrid UEFA Open Media Day
Locker und lässig: Auch in den letzten Trainingseinheiten vor dem Final strahlen Reals Stars (Marcelo l., Ronaldo r.) Zuversicht ausBild: Getty Images

Dieser Spieler passt in keine Schublade. Historische Vergleiche wurden oft bemüht, um Ronaldos Können vergleichbar und einordbar zu machen. Die Wahrheit aber ist: Ronaldo ist nur wie Ronaldo, er ist einmalig. Ja, er hat Talent und Torriecher wie einige große Namen vor ihm. Aber er hat einen Ehrgeiz, der einzigartig ist. Ronaldo, dessen Ego mindestens so groß ist wie sein Guthaben auf dem Konto, ist getrieben vom Willen, der Beste zu sein - und zu bleiben. Die Königsklasse ist ihm dabei das liebste Pflaster: "Ich liebe diesen Wettbewerb", sagt der mit 120 Treffern erfolgreichste Torjäger der Champions-League-Geschichte. Sechsmal war er bereits Torschützenkönig der Königsklasse, Nummer sieben dürfte ihm bei 15 Toren in dieser Saison kaum zu nehmen sein. Seine Gabe: Er kann Spiele ganz allein entscheiden. Triumphiert der Portugiese mit der wie gemeißelt sitzenden Gelfrisur auch in Kiew, darf er zum fünften Mal den Henkelpott in den Nachthimmel recken. Und es wird ihn freuen wie beim ersten Mal.

3. Stressresistenz

Real Madrids kennt die eigenen Stärken und kann sich darauf verlassen. Das Team hat einen effizienten Angriff, der nie ganz auszuschalten ist. Und hat der mal Ladehemmung, stehen dahinter Distanzschützen der Extraklasse wie Toni Kroos parat. Man kann Reals Offensive also nie abschreiben. Auch in - an den eigenen Ansprüchen gemessen - schwachen Spielen ist Real für ein urplötzliches Tor gut. Oder auch zwei oder drei. Beispiel Halbfinal-Rückspiel gegen München: Madrid zeigte wahrlich nicht seinen souveränsten Auftrit,t und der FCB erhöhte in der zweiten Halbzeit den Druck auf die Königlichen. Doch individuelle Klasse, Kaltschnäuzigkeit vor dem Tor und ein Keylor Navas mit Ausnahme-Reflexen auf der Linie reichten, um Madrid ins Finale zu führen. Manchmal scheint es, dass sich die Stars von Real regelrecht freuen, wenn sie endlich mal unter Druck geraten und ihr ganzes Potential zeigen können. Ein drückender Gegner wie der FC Liverpool mit dem Kloppschen Überfall-Fußball dürfte Madrid also nicht unter Stress setzen. Es wäre nur eine weitere Herausforderung für die Champions aus Spanien.

4. Abwehrreihe

Allein diese Namen: Marcelo, Ramos, Carvajal, Varane. Jeder Trainer der Welt würde diese Abwehrreihe mit Kusshand nehmen. Und überhaupt: Ist das wirklich eine Abwehrreihe? Das Quartett erzeugt mehr Torgefahr als der Angriff so manches Bundesligisten. Wenn sie hinten nicht gefordert werden (und das passiert häufiger), drängen sie nach vorne, erzeugen Überzahlsituationen, öffnen damit Räume und sind oft die perfekten Vorbereiter für die Angreifer um Ronaldo. Bei Standards, aber auch bei Kontern sind sie selbst gefürchtete Protagonisten. Und in ihrer Kerndisziplin? Ja, auch verteidigen können sie. Mal bissig und blitzschnell wie Marcelo, mal bullig und robust wie Ramos. Sie werden es Mohammed Salah und Co. schwer machen, sich zu entfalten.

5. Zidane

Sport, Fußball: Real Madrid Trainer Zinedine Zidane
Bild: Getty Images/G. Arroyo Moreno

"Ich gegen ihn? Zidane decken? Ich bin wirklich froh, dass ich meine Spieler auf den Platz schicken kann", lacht Jürgen Klopp, als er auf seinen Gegenüber angesprochen wird. Der Klassenunterschied zwischen dem einstigen Zweitliga-Spieler Klopp und Weltmeister Zidane ist im zweiten Beruf als Trainer nicht mehr zu erkennen. Aber es gibt feine Differenzen zwischen beiden Fußballlehrern. Auf der einen Seite Klopp, der ein wohl einmalig begabter Motivator und Menschenversteher ist, der seine Spieler zu Höchstleistungen anstacheln kann und dessen Spielstil vielen Gegnern zu Recht Angst macht. Doch auf der anderen Seite steht Zidane, ein mit allen Wassern gewaschener Profi in seinem Metier. "Zizou" hat all das schon als Spieler erlebt: WM-Endspiel, Champions-League-Finale, Elfmeterschießen. Er kennt die Momente, in denen es Spitz auf Knopf steht. Und er ist nach zwei Champions-League-Triumphen als Trainer und einem als Co-Trainer immer noch nicht satt: "Niemand kann behaupten, dass wir weniger Hunger auf Erfolg haben", versichert der Franzose, der über ein besonderes taktisches Gespür verfügt. Viele seiner Personal- und auch Taktik-Entscheidungen erwiesen sich als richtig. Die Erfolge seiner zugegebenermaßen sehr starken Mannschaft sind also auch ein Stück weit seine Erfolge. Am Samstag soll ein weiterer hinzukommen.

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