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Gefahr durch Coronavirus-Mutation bei Nerzen?

30. November 2020

Millionen Nerze mussten in Dänemark gekeult werden, weil dort das Virus in einer Pelzfarm mutiert war. Mediziner fürchteten, dass die mutierte Form Menschen gefährden könnte. Was steckt dahinter?

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Getötete Nerze in einer dänischen Nerzfarm
Bild: Mads Claus Rasmussen/Ritzau Scanpix/dpa/picture alliance

Schon länger ist bekannt, dass Nerze sich mit dem Coronavirus anstecken können. Bei ihnen treten ähnliche Symptome wie beim Menschen auf: Die Erkrankung kann einen sehr milden Verlauf nehmen, so dass sie kaum auffällt, oder die Tiere können schwere, lebensbedrohliche Lungenentzündungen bekommen.

Seit dem Sommer war das Coronavirus vermehrt in Europäischen Nerz-Farmen aufgetreten, zunächst in Spanien, später auch in den Niederlanden, Dänemark und Frankreich. Die Behörden ordneten in allen Fällen die Tötung der Tiere in den betroffenen Betrieben an.

Veterinärmediziner gehen davon aus, dass das Virus meist vom Menschen auf die Marder übergesprungen war. Allerdings befürchten die Mediziner, dass die Raubtiere wiederum Menschen anstecken können.

So wurden in allen Nerzfarmen auch Mitarbeiter positiv auf das Coronavirus getestet. Ob diese sich allerdings bei anderen Menschen oder bei Tieren angesteckt hatten, ist meist nicht nachweisbar.

Mehr dazu: Pelzmode - ein Auslaufmodell?

Was sind Zoonosen?

Eine besondere Mutation in Jütland

Der Ausbruch in Dänemark spielt hierbei eine besondere Rolle, denn in einer Nerzfarm in Nord-Jütland ist das Virus mutiert. Die mutierte Variante nennt sich Cluster-5. Deshalb ordnete die Regierung die Tötung aller Nerze in dänischen Nerzfarmen an – zwischen 15 und 17 Millionen Tieren. 

So konnte bislang verhindert werden, dass SARS-CoV-2 vom Typ Cluster-5 auf den Menschen überspringt. Die Mutation hat sich seitdem offenbar totgelaufen,berichten dänische Mediziner. Seit Mitte September wurde keine Cluster-5 Infektion mehr nachgewiesen, weder beim Tier noch beim Menschen. 

Können Mutationen den Impfschutz gefährden?

Ein Teil der beobachteten Mutationen betrifft einzelne Aminosäuren am Spike-Protein des Coronavirus. Mit diesem Protein dockt das Virus an dem ACE-2-Rezeptor der menschlichen Zellen an.

Alle derzeit entwickelten Impfungen setzen darauf, diesen Rezeptor mit Antikörpern zu besetzen und damit dem Virus den Zutritt zu versperren.

Mediziner befürchteten, dass ein mutiertes Virus möglicherweise den Impfschutz umgehen oder zumindest abschwächen könnte.

Der Tod der Nerze

Doch Forscher der Universität Oxford konnten diese Befürchtung etwas zerstreuen. Die Fachzeitschrift Nature berichtete am 13. November über ihre Ergebnisse. 

"Wahrscheinlich gefährden die Mutationen Impfungen nicht", berichteten die Wissenschaftler um Virologin Astrid Iversen darin. Zudem hätten die Mutationen "weder zu einer rapiden Verbreitung, noch zu einer Veränderung im Krankheitsverlauf oder bei der Sterblichkeit" geführt, sagte die Forscherin.

Zwei Unterschiede beobachtet

Forscher des Dänischen Seruminstituts zeigten unterdessen in einem Laborexperiment, dass die Cluster-5 Viren sich zwar anfangs langsamer vermehren als die bisher bekannten SARS-CoV-2 Viren, dann aber plötzlich aufholen und innerhalb von vier Tagen genauso hohe Viruslasten erreichen.

Zweitens fanden sie ebenfalls im Labor heraus, dass Antikörper aus dem Blutplasma von COVID-19 Patienten zwar die Cluster-5 Viren ebenfalls gut bekämpfen, aber nur, wenn die Konzentration der Antikörper mittelmäßig bis hoch ist.

Niedrige Antikörper-Konzentrationen schützen offensichtlich etwa 3,5 mal schlechter vor den Cluster-5 Viren als vor herkömmlichen SARS-CoV-2 Viren.

Geht von den Nerz-Gräbern eine Gefahr aus?

Ende November gab es Berichte, nach denen sich Massengräber mit Nerz-Kadavern durch die Entwicklung von Faulgasen angehoben hatten und dadurch Kadaver auch wieder an die Oberfläche gelangt waren. 

Nun überlegt der dänische Landwirtschaftsminister Rasmus Prehn, die Nerze wieder auszugraben und als Sondermüll verbrennen zu lassen. Auch in einer Parlamentsdebatte fand sich dafür breite Zustimmung. Umweltschützer fürchten, dass große Mengen Phosphor und Stickstoff das Grundwasser und auch Badegewässer belasten könnten. 

Es ist aber sehr unwahrscheinlich, dass Coronaviren aus den schlecht verschlossenen Nerz-Massengräber eine Gefahr für Menschen darstellen. Einerseits liegen diese auf einem Militärgelände und sind von Unbefugten nicht ohne Weiteres zu erreichen. Zweitens haben Arbeiter kurz darauf die Erdschicht über den Kadavern deutlich verstärkt.

Es ist aber nahezu unmöglich, dass vermehrungsfähige Coronaviren, die ohnehin nur einen winzigen Teil der Biomasse in den Gräbern ausmachen, durch das Erdreich und das Grundwasser bis ins Trinkwasser der Menschen gelangen können.

Viren halten sich zwar im Erdreich länger, als wenn sie direktem Sonnenlicht ausgesetzt sind, aber Wissenschaftler gehen davon aus, dass sie nur einige Tage bis Wochen überlebensfähig sind. 

Das liegt daran, dass Viren sehr klein und zur Vermehrung auf Wirtszellen angewiesen sind. Es gibt keine Hinweise darauf, dass Viren vom Typ SARS-CoV-2 solche Wirtszellen in relevanter Menge im Boden finden.

Auch frühere Epidemien wie die Spanische Grippe von 1918 hatten gezeigt, dass Viren relativ bald ihre Infektiosität verlieren und nur bei extrem tiefen Temperaturen auch nach Jahrzehnten überhaupt noch im Boden nachweisbar sind.

Anders sieht es mit Bakterien aus, die sich als Sporen über sehr lange Zeit im Boden halten können, und - wie etwa der Wundstarrkrampf - auch später noch Menschen infizieren können. 

Zudem ist die Gefahr, dass sich andere Wildtiere wie etwa Aasfresser infizieren können, sehr gering, da die Gräber in Dänemark zügig wieder verschlossen wurden.

Mehr zur Gefahr von Tierkadavern: Gestrandete Wale: Achtung, Explosionsgefahr!

Dieser Artikel wurde nach der Parlamentsdebatte zur Exhumierung der Nerze und den Äußerungen des Landwirtschaftsministers Prehn dazu am 30. November zuletzt aktualisiert

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Fabian Schmidt Wissenschaftsredakteur mit Blick auf Technik und Erfindungen