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Web Summit 2023 wieder ein großer Erfolg

Jochen Faget aus Lissabon
15. November 2023

Weder Boykottaufrufe noch Regierungskrise konnten verhindern, dass über 70.000 Besucher zur IT- und Startup-Messe nach Lissabon kamen. Die neue Chefin will ab nächstem Jahr auch neue Akzente setzen.

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Großer Besucherandrang beim Web Summit 2023
Großer Besucherandrang beim Web Summit 2023Bild: Jochen Faget/DW

Eines zumindest ist jetzt bewiesen: Weder ein zurückgetretener Regierungschef noch der Boykottaufruf eines israelischen Botschafters können dem Web Summit etwas anhaben. Rund 70.000 Besucher drängen sich an den Ständen; 900 Investoren, 100 mehr als von den Organisatoren erwartet, wollen ihr Geld loswerden und fast 2700 Startups möchten es gerne haben. "Die Zahl der Startups ist ein neuer Rekord, so viele hatten wir noch nie beim Web Summit", freut sich Katherine Maher, die neue Chefin, im DW-Interview. "Was ich besonders toll finde ist, dass rund ein Drittel davon von Frauen gegründet wurde."

Die 40-jährige Amerikanerin ist die Nachfolgerin von Web-Summit-Gründer Paddy Cosgrave, der nach einem Tweet über den Einmarsch Israels im Gazastreifen und dem darauf folgenden Boykottaufruf des israelischen Botschafters in Portugal von seinem CEO-Posten zurückgetreten ist. Cosgrave hatte daran erinnert, dass Kriegsverbrechen auch als solche zu behandeln seien, wenn sie von Verbündeten begangen würden, Hamas aber nicht explizit für die Terroranschläge auf Israelis verurteilt.

Diverse Großunternehmen und Starsprecher hatten daraufhin ihre Teilnahme abgesagt, Maher musste vor allem Schadensbegrenzung betreiben: "Es war schwer, aber wir haben es geschafft. Unser Team hat hervorragend gearbeitet und auch ich war die vergangenen zwei Wochen vor allem damit beschäftigt sicherzustellen, dass der Web Summit 2023 genauso toll wie die vorherigen wird."

Portugals Premierminister Antonio Costa vor Mikrophonen beim EU-Gipfel im Oktober
Portugals Premierminister Antonio Costa ist kurz vor Beginn des Web Summits zurückgetretenBild: Hatim Kaghat/dpa/Belga/picture alliance

Erfolgloser Boykottaufruf

Den Boykottaufruf des israelischen Botschafters ignoriert haben nicht nur die Teilnehmer aus aller Welt, sondern auch Portugals Politiker. Staatspräsident Marcelo Rebelo de Sousa nannte ihn die bestmögliche Werbung für die Veranstaltung, Lissabons Bürgermeister Carlos Moedas ist neben der Eröffnungsnacht praktisch jeden Tag auf dem Web Summit anwesend; mal als Sprecher, mal zu Pressekonferenzen.

Kein Wunder, denn seine Stadt und letztendlich auch das Land Portugal verdienen Millionen mit der Veranstaltung, die bereits zum achten Mal in Lissabon stattfindet. "Die portugiesische Regierung unterstützt uns", stellt Katherine Maher fest. "Ich habe sowohl mit dem Lissabonner Bürgermeister als auch mit dem Wirtschaftsminister gesprochen. Alle wollen, dass der Web Summit ein Erfolg wird."

Den kann Portugals Ministerpräsident António Costa allerdings nur noch eingeschränkt genießen: Wegen bis jetzt unbewiesener Korruptionsvorwürfe ist er in der vergangenen Woche zurückgetreten, wird - anders als bei den Web Summits vorher - in diesem Jahr nicht mehr im Scheinwerferlicht der Haupttribüne stehen.

Auf der geht es in diesem Jahr vor allem um den Nutzen und die Gefahren von künstlicher Intelligenz. Andrew McAfee vom ehrwürdigen MIT sprach darüber, wie KI reguliert werden kann, Melania Nakagawa von Microsoft wird am letzten Tag darüber referieren, wie KI bei der Lösung von Klimaproblemen helfen kann. Dazwischen lassen sich mehr oder minder bekannte Fachleute auf den fast 20 Bühnen und Treffpunkten über ziemlich alles aus, was mit modernen Technologien zu tun hat. Da ist es schwer, nicht den Überblick zu verlieren.

Magda Surosz lacht auf dem Web Summit in die Kamera unseres Reporters
Magda Surosz findet "KI spannend" und kommt vor allem "wegen des Inputs"Bild: Jochen Faget/DW

Partnerland Deutschland

"Ich komme vor allem wegen des Inputs"; erklärt Magda Surosz. "Ich finde KI spannend und versuche, so viele Vorträge wie möglich zum Thema zu hören." Doch das Angebot sei einfach zu groß, sagt die Polin. Es sei schlicht unmöglich, alle Sprecher anzuhören.

Lukas Bromig vom deutschen Startup UniteLabs geht es vor allem darum, Vertreter anderer Startups kennenzulernen und Investoren sein Unternehmen vorzustellen: "Wir sind glücklich, das hier im deutschen Park tun zu können, denn sonst würde das sehr teuer werden." Der deutsche Park steht unter der Schirmherrschaft des Wirtschaftsministeriums und ist in diesem Jahr nicht nur der größte Aussteller, sondern auch Partner des Web Summit.

Die gesuchtesten Web-Summit-Teilnehmer tragen blaue Armbänder, auf denen Investor steht. Harry Haeck ist einer von ihnen und findet den Web Summit einfach sehr interessant und toll. "Ich muss das Feuer in den Augen des Unternehmers sehen, der eine hervorragende Idee hat." Er suche die Nadel im Heuhaufen, das Superstartup, in das seine Firma Smartfin dann auch Beträge zwischen einer und 40 Millionen Euro investieren könne.

Harry Haeck sucht für bis zu 40 Millionen das richtige Startup findet
Harry Haeck kann bis zu 40 Millionen Euro investieren, wenn er das richtige Startup findetBild: Jochen Faget/DW

Ende ohne Ministerpräsident

Noch bis Donnerstag können "feurige" Unternehmer bei Harry Haeck vorsprechen, dann geht der Web Summit in Lissabon zu Ende. "Anschließend werden wir uns dann um den Web Summit 2024 kümmern", verspricht die neue CEO Katherine Maher. Und sie scheint dabei durchaus neue Akzente setzen zu wollen: "Mein bisheriger Hintergrund war stark auf Community, auf Gemeinschaft und Gemeinschaftsereignisse ausgerichtet. Einiges davon dürfte auch in unsere neue Arbeit einfließen."

Ab etwa fünf Uhr nachmittags kann sie am Donnerstag damit beginnen. Dann sollte eigentlich der portugiesische Ministerpräsident António Costa den achten Web Summit in Lissabon beenden. Doch weil der zurückgetreten ist, muss es wohl der Wirtschaftsminister António Costa Silva tun.