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Deutsche Waffen für die Ukraine

10. Mai 2022

Schon jetzt beliefert Deutschland die Ukraine mit leichten Waffen. Schwere Waffen wie Panzer und Artillerie sollen folgen, andere werden von Kiew gefordert. Eine Übersicht.

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Flugabwehrpanzer Gepard feuert Stinger-Rakete ab
Ein Flugabwehrpanzer vom Typ Gepard feuert auf einem Schießplatz in Deutschland eine Stinger-Flugabwehrrakete ab (Archiv)Bild: Carsten Rehder/dpa/picture alliance

Die Bundesregierung hat sich lange schwergetan mit der Entscheidung, der Ukraine Panzer und Artillerie zu liefern. Erst unter dem Druck der USA, anderer Verbündeter und der Ukraine selbst stimmte sie Ende April zu. Auch die deutsche Bevölkerung ist in der Frage gespalten. Nach dem jüngsten ARD-Deutschlandtrend vom 28. April waren 45 Prozent der Befragten für die Lieferung schwerer Waffen und ebenfalls 45 Prozent dagegen, nachdem es Anfang April noch 55 Prozent Befürworter gewesen waren. Die Waffenlieferung bleibt also innenpolitisch schwierig.

Flakpanzer Gepard

Der Gepard (Titelbild) ist ein Flugabwehrkanonen- oder kurz Flakpanzer. Er hat 35-mm-Zwillingskanonen. Er wird gegen Flugzeuge und Hubschrauber in bis zu 3500 m Höhe, aber auch gegen leichtgepanzerte Bodenziele wie Schützen- und Transportpanzer eingesetzt. Daran wird deutlich, dass der Gepard sowohl als Verteidigungs- als auch als Angriffswaffe eingesetzt werden kann. Gegen einen Kampfpanzer hätte der Gepard wegen seiner relativ kleinkalibrigen Kanonen allerdings keine Chance. Der Gepard hat auf der Straße eine Reichweite von rund 550 Kilometer und kann Gewässer ohne besondere Zusatzausrüstung durchwaten.

Relevant für einen Einsatz in der Ukraine: Die Bewaffnung wurde unter anderem gegen gepanzerte Kampfhubschrauber wie den sowjetisch-russischen Mil Mi-24 "Hind" entwickelt.

Russland Syrien Militärhilfe
Der Gepard könnte dem russischen Kampfhubschrauber Mi-24 trotz dessen Panzerung gefährlich werdenBild: picture-alliance/dpa/ ITAR-TASS

Der Gepard wurde 1976 eingeführt und war lange ein Eckpfeiler der Flugabwehr des Heeres der Bundeswehr, aber auch des niederländischen und belgischen Heeres. Doch in diesen Ländern wurde der Gepard schon vor rund 20 Jahren ausgemustert, in Deutschland der letzte 2012. Als einziges NATO-Land nutzt Rumänien den Gepard noch. Die deutschen Modelle müssen erst wieder einsatzfähig gemacht werden. Ein weiteres Problem für einen Einsatz in der Ukraine könnte sein, dass der Flakpanzer durch seine komplexe Elektronik sowie Radar- und Feuerleitsysteme hohe Anforderungen an die Besatzung stellt. Nach Einschätzung des CDU-Verteidigungspolitikers Johann Wadephul dauert die Ausbildung mindestens ein halbes Jahr, weshalb Wadephul Ende April statt des Gepard eher für eine Lieferung des Kampfpanzer Leopard 1 oder des Schützenpanzer Marder plädierte.

Der Ukraine wurden nach langem Zögern der Bundesregierung zunächst 50 Gepard zugesagt. Allerdings fehlt offenbar bisher die Munition.

Panzerhaubitze 2000

Sie ist ein gepanzertes, selbstfahrendes Artilleriegeschütz des Kalibers 155 mm. Die 60 im Munitionsmagazin gelagerten Geschosse können mit einer Feuerrate von drei Schuss in zehn Sekunden abgefeuert werden. Ziele können noch in 40 km Entfernung zerstört werden. Die Firmen Krauss-Maffei Wegmann und Rheinmetall lieferten die ersten Haubitzen 1998 an die Bundeswehr aus und stellen das Modell in weiterentwickelter Form weiterhin her.

Panzerhaubitze 2000
Die Panzerhaubitze 2000 kann Ziele in 40 km Entfernung zerstörenBild: Sebastian Gollnow/dpa/picture alliance

Die Panzerhaubitze 2000 muss im Gegensatz zum Kampfpanzer Leopard zum Feuern stehen, sie ist daher einem Kampfpanzer im direkten Duell klar unterlegen. Sie kann aber nach dem Feuern sofort eine erneute Tarnstellung beziehen und damit Gegenfeuer ausweichen.

Die Haubitze ist bis zu 60 km/h schnell, hat eine Straßenreichweite von ca. 420 Kilometern und kann Gewässer bis zu einer Tiefe von rund 1,5 Metern durchwaten.

Sie soll motorisierten Verbänden folgen und ihnen Feuerunterstützung geben.

Die Haubitze war bei Einsätzen 2006 und 2007 in Afghanistan in Verbindung mit Luftunterstützung erfolgreich. Ziele konnten in mehr als 40 Kilometer Entfernung bekämpft werden. Die Bundeswehr hat nach Angaben von Verteidigungsministerin Christine Lambrecht rund 100 Haubitzen in ihren Beständen, von denen etwa 40 einsatzbereit seien. Die Bundesregierung hat jetzt der Ukraine sieben Haubitzen zugesagt, sie müssten aber erst einsatzbereit gemacht werden, was bis zum Sommer dauern dürfte.

Schützenpanzer Marder

Schützenpanzer transportieren Infanterietruppen ins Gefecht, geben ihnen Feuerunterstützung, und Schützen feuern aus ihnen heraus. Er ist daher ein besonders vielseitiges Waffensystem. Der Marder bietet Platz für sechs oder sieben Schützen. Er besitzt eine 20-mm-Maschinenkanone und – optional – Lenkflugkörper vom Typ Milan gegen Boden- wie Luftziele.

Deutschlannd Informationslehrübung der Bundeswehr
Der Marder stammt von 1971: durch ständige Verbesserung ist er auch heute noch auf dem neusten Stand der MilitärtechnikBild: Philipp Schulze/dpa/picture alliance

Er besitzt zum Schutz gegen ABC-Waffen eine Schutzbelüftungsanlage und kann durch eine Tauchhydraulik bis zu zwei Meter tiefe Gewässer durchfahren.

Mit seiner Indienststellung 1971 ist der Marder noch älter als der Gepard und wird in Deutschland nach und nach durch das Nachfolgemodell Puma ersetzt. Trotzdem ist der Marder nach wie vor in der Bundeswehr und in einer Reihe anderer Armeen im Einsatz und hat sich auch im Kosovo und Afghanistan bewährt. Möglich wurde das durch fortwährende Verbesserungen des Panzers, im Militärjargon Kampfwertsteigerungen.

Kampfpanzer Leopard 2

Der Leopard 2 ist ein Vorzeigestück deutscher Rüstungsproduktion. Er wird seit 1978 in Serie gebaut und wurde seitdem vielfach verbessert. In der Bundeswehr ist eine Ablösung erst für 2030 vorgesehen. Gerade durch den großen Exporterfolg des Panzers der Firma Krauss-Maffei Wegmann existieren sehr viele unterschiedliche Versionen, die jeweils an die besonderen Anforderungen der Käufer angepasst wurden. Es gibt auch Lizenzbauten im Ausland. Auch das Vorgängermodell Leopard 1 ist sehr oft verkauft worden und leistet nach wie vor in vielen Armeen der Welt Dienst.

Frankreich, Straßburg: Symbolbild: EU erhöht Militärausgaben Kampfpanzer Leopard 2
Der Leopard 2 ist der weltweit wohl bekannteste deutsche Panzer: er wurde mehrere tausend mal gebaut und vielfach exportiertBild: picture-alliance/dpa/P. Steffen

Sein Zweck ist die Abwehr feindlicher Panzerverbände. Der Leopard 2 hat eine 120-mm-Kanone, mit der er auch in Fahrt stehende oder bewegliche Ziele angreifen kann. Auch bei Fahrt in unebenem Gelände bleibt die Kanone auf das Ziel gerichtet.

Der Leopard kann mit einer Zusatzausrüstung bis zu vier Meter tiefe Gewässer durchwaten. Der ABC-Schutz ist bis zu einer Dauer von 48 Stunden ausgelegt.

Der 1500 PS starke und mehr als 60 km/h schnelle Panzer ist ein Schwergewicht. Seine mehr als 60 Tonnen sind immer wieder ein Problem für Brücken.

In Einsätzen in Afghanistan hat sich der Leopard nach Darstellung der beteiligten kanadischen und dänischen Soldaten vor allem wegen seines hohen Schutzes gegen Angriffe bewährt. Ein politisch heikler Einsatz dieses deutschen Panzers war, als 2018 die Türkei Leoparden in Nordsyrien gegen die Kurdenmiliz YPG einsetzte.

Deutschland Kampfpanzer Leopard 2
Mit Tauchschacht kann der Leopard 2 bis zu vier Meter tiefe Gewässer durchfahrenBild: picture-alliance/dpa/P. Steffen

Die Bundesregierung hat der Ukraine bisher weder den Marder noch den Leopard zugesagt. Andrij Melnyk, der ukrainische Botschafter in Berlin, fordert aber "die zügige Ausfuhr von 88 Leopard-Panzern, 100 Marder-Panzern, Panzerhaubitzen und vieles mehr".

Fliegerfaust Stinger

Die Stinger ist eine schultergestützte, infrarotgelenkte Boden-Luft-Rakete, die seit 1980 in den USA von Raytheon, schon lange aber auch in Europa, darunter in Deutschland hergestellt wurde und noch wird. Nach der Zielerfassung - ein Kampfflugzeug oder -hubschrauber – und dem Abfeuern durch den Schützen verfolgt die Rakete ihr Ziel selbsttätig bis in eine Entfernung von rund 4000 m. Der Gefechtskopf explodiert leicht zeitverzögert nach dem Aufschlag, meist auf den Treibstofftank, und erhöht damit die Wirkung.

Deutschland | Soldat mit Stinger-Flugabwehrrakete
Mit amerikanischen Stinger-Raketen haben afghanische Mudschahedin während der Besatzung der UdSSR in den 80er Jahren Dutzende sowjetische Kampfflugzeuge und -hubschrauber abgeschossen (hier ein Bundeswehrsoldat bei einer Übung) Bild: Ingo Wagner/dpa/picture alliance

Stingers haben sich als äußerst effektive wie einfach zu bedienende Waffe erwiesen. Vor allem während der sowjetischen Besetzung Afghanistans haben von den USA ausgerüstete afghanische Kämpfer zahlreiche sowjetische Flugzeuge und Hubschrauber abgeschossen.

Neben den USA, den Niederlanden und Lettland hat auch Deutschland die Ukraine seit Kriegsbeginn bereits mit 500 Stinger-Fliegerfäusten aus Bundeswehrbeständen beliefert.

Panzerfaust/Bunkerfaust

Bei der Bundeswehr und anderen nationalen Streitkräften wird die Standard-Panzerfaust 3 zur Panzerabwehr verwendet, hergestellt seit 1992 von der Firma Dynamit Nobel in Deutschland. Sie wird von der Schulter gegen stehende Ziele bis zu 400 m und fahrende Ziele bis zu 300 m Entfernung abgefeuert. Sie kann bis zu 300 mm Panzerstahl durchdringen und, als Bunkerfaust mit anderer Munition, bis zu 240 mm Stahlbeton.

Deutschland | Soldaten mit Panzerfaust
Die Panzerfaust 3 von Dynamit Nobel durchschlägt Panzerstahlplatten und BetonbunkerBild: Sebastian Gollnow/dpa/picture alliance

Nach Angaben der Bundesregierung hat Deutschland der Ukraine bereits zu Beginn des Krieges mehrere tausend Panzerfäuste geliefert.

Verschiedene Kleinwaffen

Bis Ende April hatte Deutschland außerdem 100 Maschinengewehre, 100.000 Handgranaten, 2000 Minen, rund 5300 Sprengladungen und mehr als 16 Millionen Schuss Munition verschiedener Kaliber vom Sturmgewehr bis zum schweren Maschinengewehr in die Ukraine geschickt. Diese Angaben stammen aus ukrainischen Regierungskreisen. Anders als bei schweren Waffen wie Panzern gibt die Bundesregierung bei den kleineren Waffen seit längerer Zeit nicht mehr bekannt, welche sie liefert.

Schnellfeuergewehr Bundeswehr
Das Maschinengewehr MG3 der Bundeswehr: Maschinengewehre gehören zu den kleineren Waffen, die Deutschland schon zu Beginn des Krieges an die Ukraine geliefert hatBild: Friso Gentsch/dpa/picture alliance
Christoph Hasselbach
Christoph Hasselbach Autor, Auslandskorrespondent und Kommentator für internationale Politik