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Die Zukunft globaler Handelsabkommen

Clifford Coonan
25. Mai 2021

Protektionismus, neue Konflikte und Chinas Aufstieg haben die Weltordnung verändert. Haben Abkommen zur Liberalisierung des Handels überhaupt noch eine Zukunft?

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Symbolbild Sanktionen Hafen Stacheldraht
Bild: picture alliance/dpa/D. Reinhardt

Die Geschichte der Handelsabkommen ist ein Sammelbecken voller Abkürzungen: GATT, WTO, CAI, RCEP, TPP, NAFTA. So kleinteilig wie die Kürzel, so schwierig ist es heute, neue Handelsabkommen zu schließen. Diese seien heute "komplexer als der Zollabbau vor einer Generation", sagt Derek Scissors, Wissenschaftler am konservativen American Enterprise Institute.

Die Auswirkungen von Freihandelsabkommen seien für bestimmte Industrien und gesellschaftliche Gruppen immer schwieriger abzuschätzen. Das führe zu mehr Widerständen, so Scissors. Außerdem hätten Handelsabkommen auch nicht alle Volkswirtschaften gleichermaßen wettbewerbsfähiger gemacht.

Chinas Aufstieg und der Welthandel

Wohl am stärksten hat der Aufstieg Chinas die internationale Handelslandschaft verändert. Vor zwanzig Jahren trat die Volksrepublik der WTO bei - nachdem 15 Jahre verhandelt wurde. Damals waren sich Europa und die USA sicher, dass der Handel mit China zur Öffnung der Wirtschaft beitragen würde und eine neue Ära des Liberalismus in Peking einleiten könnte.

China Wirtschaftswachstum
Chinas Aufstieg zur zweitgrößten Weltwirtschaft verlief rasantBild: AFP/Getty Images

Die erleichterten Handelsbedingungen halfen China zwar dabei, zur zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt zu werden, politische Reformen brachten sie aber nicht. Stattdessen hat Chinas kommunistische Führung ihre Gangart verschärft. Zwei Jahrzehnte später spricht der Westen bereits von einem Wettbewerb der Systeme und fordert gebetsmühlenartig faire Wettbewerbsbedingungen von Peking.

Als großer Exporteur sieht China seine Chance durchaus in Handelsabkommen. So zum Beispiel beim Regionalen Partnerschaftsakommen RCEP. Im November 2020 unterschrieben zehn Staaen vom Verband Südostasiatischer Nationen und fünf weitere das Abkommen. Insgesamt umfasst das RCEP-Abkommen 2,2 Milliarden Menschen und rund 30 Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung.

Nun gibt es sogar Berichte, dass China hinter den Kulissen Gespräche über einen Beitritt zum CPTPP führt - einem Bündnis der Pazifik-Anrainer-Staaten. Das ist schon fast ironisch, da die CPTPP aus der Transpazifischen Partnerschaft (TPP) hervorging. Dieses Abkommen zielte ursprünglich darauf ab, Peking auszuschließen und die wirtschaftliche Macht der USA und ihre Handelsbeziehungen in der asiatisch-pazifischen Region zu festigen. Doch Donald Trump zog die USA aus der TPP heraus und das Abkommen trat daher nicht in Kraft. Die Vertragspartner mit Ausnahme der USA verhandelten daraufhin das CPTPP.

Beamte aus Australien, Malaysia, Neuseeland und anderen Nationen haben technische Gespräche mit chinesischen Kollegen über Details geführt, berichtete Bloomberg kürzlich. Am Ende könnten sich die Bedingungen der CPTPP für China als lästig erweisen. Das CPTPP hat strenge Anforderungen. Insbesondere die Bestimmungen zu Arbeit, Beschaffung, staatliche Unternehmen, staatlicher Unterstützung und Subventionen, E-Commerce und grenzüberschreitendem Datentransfer könnten China abschrecken.

Politik schlägt Abkommen

Allerdings richtet sich politisches Handeln nicht immer nach den vereinbarten Abkommen. Australiens Mitgliedschaft im RCEP und sein Freihandelsabkommen mit China hielten China nicht davon ab, Zölle auf australische Gerste, Weizen, Kohle, Wein, Hummer und Holz zu erheben. Außerdem setzte China einen strategischen Wirtschaftsdialog auf Ministerebene aus. Das alles, nachdem Canberra eine Untersuchung über den Ursprung der COVID-19-Pandemie gefordert und China für Menschenrechtsverletzungen in der Provinz Xinjiang und in Hongkong kritisiert hatte.

Infografik Karte Handelsabkommen RCEP DE

Wissenschaftler Scissors glaubt, dass China nicht bereit ist, das, was es als seine staatlichen Rechte ansehe, "wegzuverhandeln". "Das offensichtliche Beispiel ist, dass Chinas 'freie' Handelsabkommen keine ausländische Konkurrenz zulassen, die den staatlichen Unternehmen schadet."

Die Spannungen zwischen China und Australien würden zeigen, so Scissors, dass Peking die Definition von Staatsinteresse weiter ausdehnt. "Länder, die mit Peking verhandeln, sollten verstehen, dass sie nur über einen bedingten Marktzugang verhandeln, und China erwartet von ihnen, dass sie sich entsprechend verhalten", meint Scissors.

Auch die Ostasien-Expertin der staatlichen deutschen Handelsförderungsgesellschaft Germany Trade & Invest (GTAI), Christina Otte, meint, der Abschluss von Freihandelsabkommen schütze nicht vor Strafzöllen und ähnlichen Maßnahmen. Das zeige das Beispiel Australien. "Aber sie können dennoch ein sinnvolles Instrument sein, um den Handel zu fördern und Standards zwischen den Vertragsstaaten zu setzen." Die Tatsache, dass mit dem Regionalen Partnerschaftsakommen RCEP trotz aller politischen Differenzen in Asien ein Freihandelsabkommen geschlossen wurde, bedeute, dass Europa nun "in der Pflicht ist", so Otte im DW-Gespräch.

Sanktionen statt Handel

Doch in Europa tut sich derzeit nicht viel. Beispielsweise legte die EU das Umfassende Investitionsabkommen (CAI) mit China auf Eis. Das Europäische Parlament stimmte dafür, den Pakt zu pausieren, nachdem Peking Anfang des Jahres Sanktionen gegen EU-Gesetzgeber eingeführt hatte. Diese waren wohl eine Antwort auf Sanktionen der 27 EU-Länder gegen chinesische Beamte, die Internierungslager in der westlichen, mehrheitlich muslimischen chinesischen Region Xinjiang betreiben.

Mexiko Containerhafen CPTPP  Freihandelszone Symbolbild
Containerhafen in Mexiko ist Teil der CPTPP-FreihandelszoneBild: Alejandro Zepeda/Agencia EFE/imago

Die US-Handelsbeauftragte Katherine Tai fordert mittlerweile ein strategisches Überdenken der globalen Handelspolitik. Diese hätten es nicht geschafft, das Handelswachstum auch in Fortschritte für Arbeiter und die Umwelt umzumünzen. "Der Einsatz von Zwangsarbeit ist wahrscheinlich das grausamste Beispiel für den Wettlauf nach unten im globalen Handel", sagte Tai diesen Monat vor Reportern in Washington und bezog sich dabei auch auf die Provinz Xinjiang.

Laut Jürgen Friedrich, Vorstandsvorsitzender von GTAI, sei Geopolitik immer ein Faktor bei Handelsabkommen. Das sei "eine Tatsache des Lebens". Dennoch glaube die deutsche Regierung "einschließlich derer von uns, die für die Wirtschaftsabteilung arbeiten, an internationale, ausgehandelte Win-Win-Lösungen sowohl in der Wirtschaft als auch in der Politik". Man sei in der Regierung davon überzeigt, dass sich dieser Ansatz "langfristig durchsetzen wird."

Dieser Artikel wurde aus dem Englischen adaptiert.