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Weltmarkt, wir kommen!

Marcio Weichert / (reh)14. Januar 2003

Brasilien möchte mehr von sich reden machen – und zwar als Land, in dem sich Investitionen lohnen. Das erklärte der außenpolitische Berater des neuen Präsidenten Lula, Marco Aurélio Garcia, im DW-WORLD-Interview.

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Präsident Lula wird Brasilien nach vorne bringen, verspricht sein BeraterBild: AP

Marco Aurélio Garcia, 61, ist eigentlich Professor für Geschichte. Er hat die Arbeiterpartei PT mit gegründet und war zehn Jahre lang ihr Sprecher für internationale Beziehungen. Diese Erfahrungen kommen ihm in seinem neuen Amt zugute – und dort hat Garcia vor allem eines im Sinn: die brasilianische Außenpolitik umzukrempeln. "Wir werden eine aktivere, souveräne und bejahende Politik haben", kündigt er an. "Priorität werden die Nachbarn haben, das heißt Südamerika."

Partnersuche in China und Russland

Erste Annäherungsversuche gäbe es außerdem in Richtung China und Russland. Aber auch zu Partnern wie der EU möchte Brasilien ein engeres Verhältnis aufbauen, sagt Garcia. Dafür müsse sich ganz Lateinamerika aber erst mal als Region interessant machen, "mit effektivem Wirtschaftswachstum, Sozialgerechtigkeit und gestärkten Demokratien. Das ist unerlässlich, damit nicht nur Europa, sondern die ganze Welt auf Lateinamerika schaut."

Für Brasilien werde die wirtschaftliche Aufholjagd nicht einfach, das Land drücken Schulden beim Internationalen Währungsfonds. Auch die südamerikanische Freihandelszone Mercosur, in der Brasilien Mitglied ist, müsse dringend wiederbelebt werden. Außerdem bremsen Handelsbarrieren den Export.

Weniger Steuern, mehr Kreativität

Dass sein Land den Sprung nach vorne schafft, davon ist Garcia aber überzeugt. Er will für Schwung sorgen. "Erstens: Wir müssen die Rentabilität unserer Wirtschaft erhöhen, damit unsere Exporte wettbewerbsfähiger werden. Zweitens: Wir müssen alle Steuer- und Kredithindernisse, die unsere Ausfuhren erschweren, abbauen. Gleichzeitig sollten wir bei der Suche nach neuen Märkten für die brasilianischen Produkte und Dienstleistungen sehr kühn vorgehen."

Garcia baut auf die Unterstützung der Bundesrepublik: "Deutschland hat große Investitionen in Brasilien, und wir möchten, dass es so bleibt", sagt er. Der Präsidenten-Berater hofft auf weitere Kredite, wissenschaftliche Zusammenarbeit und Hilfe für die brasilianischen Sozialprogramme.

Gesund und demokratisch

Dem Außenpolitik-Experten Garcia ist viel daran gelegen, Brasilien als verlässlichen Partner darzustellen. Seine Regierungspartei sei "von demokratischen Werten sehr geprägt" und kritisch sowohl gegenüber dem Kommunismus als auch der "europäischen Sozialdemokratie mit ihrer Neigung zum Neoliberalismus".

Die Kredite des IWF würden trotz aller Kritik an den Bedingungen zurückgezahlt. Und: "Wir können versprechen, es wird einen gesunden Wirtschaftsraum geben, in dem die Investitionen so rentabel wie möglich sind."

Arbeiter als Nachbarschaftshilfe

Währenddessen ist Brasilien dabei, selber Hilfe zu leisten – nämlich in Venezuela, wo der Generalstreik andauert. "Wir sind für eine friedliche Lösung mittels Verhandlungen und unter absoluter Achtung der Verfassung", erklärt Garcia. Seine Regierung halte Kontakt zu Venezuelas Präsident Chávez und unterstütze die Vermittlungsbemühungen der Organisation Amerikanischer Staaten. Zudem prüft die brasilianische Regierung, ob sie der Bitte Venezuelas nachkommt, Erdölarbeiter als Ersatz für die streikenden Kollegen ins Nachbarland zu schicken.

Garcia betont: "Es handelt sich nicht um kostenlose Dienstleistungen. Es sind profitable Geschäfte. Gleichzeitig folgen die Maßnahmen dem Ziel, den Versorgungsmangel in Venezuela zu mindern und damit eine Entspannung des Klimas zu erreichen, so dass die Verhandlungen begünstigt werden können."