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Weltraummüll: Wie groß ist das Risiko getroffen zu werden?

Zulfikar Abbany | Julia Vergin | Katja Sterzik
8. März 2024

Die Menschen in Deutschland sind gewarnt worden: Batterien der ISS fallen als Weltraumschrott zurück auf die Erde. Allerdings ist herabfallender Müll aus dem All nichts Besonderes. Müssen wir uns also Sorgen machen?

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Illustration von Ölkanistern im Weltraum
Nicht nur die Erde, auch der Weltraum wird immer schmutzigerBild: NASA/Zoonar/picture alliance

Am 7. März 2024 richtete sich das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) mit einer Warnung an die Bewohner Deutschlands: In den folgenden Tagen, dem 8. und 9. März, würden Weltraumtrümmerteile über Teile des Landes fliegen und könnten - obwohl wenig wahrscheinlich - auf die Erde fallen.

Sowohl das BBK als auch die Europäische Weltraumorganisation (ESA) halten sich mit genaueren Angaben zu Zeit, Ort und potentieller Gefahr zurück. Sicher ist nur, dass eine Palette von neun Batterien der Internationalen Raumstation (ISS) auf einer unkontrollierten Flugbahn irgendwann in diesem Zeitraum irgendwo wieder in die Erdatmosphäre eintreten wird. 

Die Gesamtmasse des Schrotts soll etwa 2,6 Tonnen betragen - das entspricht 2.600 Kilogramm oder dem Gewicht eines großen Autos. 

Es wird erwartet, dass der größte Teil der Batterien beim Wiedereintritt in die Atmosphäre verglüht. So passiert es normalerweise. Ebenso normal ist jedoch auch, dass einige der größeren Weltraummüllteile den langen Fall überstehen und auf der Erdoberfläche landen - meistens im Meer. 

Wie hoch ist das Risiko durch herabfallenden Weltraumschrott? 

Das ISS-Batteriepaket hat eine "natürliche" Flugbahn zwischen -51,6 Grad Süd und 51,6 Grad Nord. Eine natürliche Flugbahn bedeutet "unkontrolliert" - sie wird nicht von Computern oder durch Menschen gesteuert. Anders als Satelliten oder Raumfahrzeuge können Batterien nicht navigiert werden. Dadurch ist es schwierig vorherzusagen, ob der Schrott auseinanderbricht und wo die Teile letztlich aufschlagen.

Klar ist allerdings, dass das Batteriepaket vor seinem Wiedereintritt in die Atmosphäre mehrmals über Deutschland hinwegfliegt. Doch das gilt auch für viele weitere Regionen: Große Teile Europas und Lateinamerikas, der Nordosten Afrikas, der Nahe Osten, Süd- und Südostasien sowie Australien werden überflogen.

Lässt sich aus der Warnung des BBK ein besonderes Risiko für Deutschland ableiten? "Nein", lautet die schriftliche Antwort des Bundesamtes. Bevor das Ereignis nicht stattgefunden habe, könne man den Anwohnern auch keine weiteren Ratschläge über Schutzmaßnahmen geben, die die Menschen ergreifen könnten.

Müssen Sie sich also Sorgen machen? Die offizielle Antwort des BBK und der Europäischen Weltraumbehörde ESA lautet "Nein" - das Risiko für Menschenleben ist gering. Dennoch werde das Objekt "eng überwacht".

Wie viel Weltraummüll fällt jedes Jahr auf die Erde? 

Nach Angaben der ESA dringt fast jede Woche Weltraumschrott auf unkontrollierten Flugbahnen in die Erdatmosphäre ein. 

Seit den 1960er Jahren ist die Zahl der Weltraummüll-Ereignisse stetig gestiegen. Zwischen 1960 und 2000 gingen durchschnittlich etwa 500 Trümmerteile pro Jahr auf die Erde nieder. 

In den letzten Jahren hat der Müllregen aus dem All noch deutlicher zugenommen: Laut ESA fielen im Jahr 2022 fast 2.500 Weltraummüllteile auf die Erde. Im Jahr 2023 war die Zahl wieder auf etwa 1.500 Objekte gesunken.

Wohin mit Weltraumschrott?

Welche Arten von Weltraummüll fallen auf die Erde? 

Weltraumschrottobjekte bestehen hauptsächlich aus Raketenstufen, Teilen von Explosionen, die durch alternde Batterien oder Treibstoffreste ausgelöst werden. Auch die Kollisionen von Satelliten oder Überbleibsel von Anti-Satelliten Test sorgen für eine steigende Anzahl an Trümmern im All.

In den niedrigen Umlaufbahnen bis zu einer Höhe von 2.000 Kilometern tummeln sich die meisten Satelliten, weil sie dort zur Erdbeobachtung genutzt werden können. Hier steigt das Schrottvolumen besonders schnell an. 

Doch nicht nur Unfälle und Kollisionen vermüllen das All. So manches Teil wird absichtlich in den Weltraum entlassen. Teile von Raketen beispielsweise, die ihre Funktion erfüllt haben. Oder verbrauchte Batterien wie die der ISS. Sie wurden vor drei Jahren als Schrott freigesetzt.

Ist Weltraummüll giftig? 

Weltraumschrott kann durchaus giftige Elemente enthalten. Alice Gorman, Weltraumarchäologin und Expertin für Weltraummüll erklärte in einem vergangenen Gespräch mit der DW: "Einige Treibstoffe für Raumfahrzeuge sind giftig - Hydrazin zum Beispiel. Es gibt Metalle wie Beryllium und Magnesium, die normalerweise in Form von Legierungen vorliegen, aber Beryllium ist auf jeden Fall ziemlich unangenehm." 

Da der meiste Weltraummüll im Meer landet, machen sich einige Experten durchaus Sorgen um die Verschmutzung der Meere. Aber die Auswirkungen seien noch nicht umfassend erforscht, so Gorman. 

Wann kommt die Müllabfuhr im Weltall?


Wie groß ist also das Risiko, von Weltraummüll getroffen zu werden?  

Laut Experten ist es 65.000 Mal wahrscheinlicher, vom Blitz getroffen zu werden, als dass einem ein Stück Weltraummüll auf den Kopf fällt. Die Wahrscheinlichkeit, bei einem Unfall zu Hause zu sterben, ist 1,5 Millionen Mal höher. 

Die Wahrscheinlichkeit, von einem Meteoriten erschlagen zu werden, ist ebenfalls höher als das Risiko durch herabfallenden Weltraummüll verletzt zu werden.

Der ehemalige Präsident der ESA, Jan Wörner, äußerte sich der Deutschen Presseagentur gegenüber ebenfalls sorglos. "Batterien brennen sehr gerne. Ich gehe davon aus, dass das Paket nahezu komplett in der Atmosphäre verglüht. Vielleicht sieht man das Zerlegen ja als schöne Sternschnuppe."

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Zulfikar Abbany Wissenschaftsredakteur
Julia Vergin
Julia Vergin Teamleiterin in der Wissenschaftsredaktion mit besonderem Interesse für Psychologie und Gesundheit.