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Weltweit erste Anlage für synthetisches Kerosin

4. Oktober 2021

Nach Angaben der Betreiber handelt es sich bei der Anlage im nordwestdeutschen Emsland um die erste weltweit, die den Flugzeugkraftstoff im industriellen Maßstab synthetisch herstellen kann.

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Flugzeug über Rapsfeld
Fliegen mit der Kraft der Pflanze? Bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Bild: Julian Stratenschulte/dpa/picture alliance

Im niedersächsischen Werlte ist am Montag eine Anlage zur Herstellung von CO2-neutralem Kerosin eröffnet worden. "Damit Deutschland bis 2045 Klimaneutralität erreicht, muss auch der Luftverkehr seinen Beitrag leisten", erklärte Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) zur Eröffnung. In der Herstellung von CO2-neutralem Kerosin sieht die Umweltministerin auch große wirtschaftliche Chancen für Deutschland.

"Wenn wir jetzt zeigen, dass diese Technologie funktioniert, schafft das auch neue Exportchancen für den Anlagenbau", erklärte Schulze. Sogenannte Power-to-Liquid-Kraftstoffe (PtL-Kraftstoffe) leisteten jedoch nur dann einen Beitrag zum Klimaschutz, wenn zur Produktion des für die Kerosinherstellung notwendigen Wasserstoffs erneuerbare Energien verwendet werden. "Wer Ja zu grünem Wasserstoff sagt, muss also auch Ja sagen zu Strom aus Wind und Sonne", erklärte Schulze weiter. Deshalb sei auch ein schnellerer Ausbau der erneuerbaren Energien notwendig.

Der Klimaforscher und Schirmherr von Atmosfair, Mojib Latif, betonte, dass angesichts extremer Wetterereignisse und aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse zur Klimakrise eine Umstellung der weltweiten Wirtschaft auf Alternativen zu fossilen Brennstoffen dringend geboten sei. "Dies gilt auch für die Luftfahrt", erklärte Latif. "Die Gesellschaft ist bereit für entschiedene Schritte. Wir müssen beim Klimaschutz nicht auf die großen Ölkonzerne warten".

Anlage zur klimaneutralen Produktion von Kerosin
Noch überschaubar groß: Blick auf die neue Anlage zur klimaneutralen Produktion von Kerosin im EmslandBild: Friso Gentsch/dpa/picture alliance

Regelbetrieb in ein paar Monaten

Die neuartige Anlage produziert Kerosin synthetisch aus Wasser und Strom, den Windräder aus dem Umland liefern. Außerdem werden Abfall-CO2 aus Lebensmittelresten einer Biogasanlage sowie CO2 aus der Umgebungsluft verwendet. Den Regelbetrieb plant die Betreiberorganisation Atmosfair ab dem ersten Quartal 2022, dann soll die Anlage täglich acht Fässer mit Rohkerosin produzieren. Ab 2026 müssen in Deutschland mindestens 0,5 Prozent des Flugkraftstoffes aus PtL-Kerosin bestehen. Dies entspricht jährlich rund 50.000 Tonnen und somit einem Vielfachen dessen, was die neue Anlage in Werlte produzieren kann. 2030 steigt die Beimischungsquote auf zwei Prozent.

Diese Regelung schafft laut Bundesumweltministerium eine Absatzgarantie für neue Kraftstoffe und somit Investitionssicherheit für Unternehmen. Auch die Europäische Kommission plant demnach im Rahmen des Fit-for-55-Pakets die Einführung einer Quote für strombasiertes Kerosin. Das Umweltministerium bereitet laut Ministerin Schulze aktuell außerdem eine Förderrichtlinie für die Produktion von PtL-Kraftstoffen für den Luft- und Seeverkehr vor.

Erst ein Anfang

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) äußerte sich anlässlich der Eröffnung per Videobotschaft. "Um unser Ziel von 200.000 Tonnen grünem Kerosin jährlich bis 2030 zu erreichen, gilt es die Produktionskapazitäten erheblich zu steigern", sagte Merkel. PtL-Kraftstoffe seien noch sehr teuer und nur begrenzt verfügbar, "aber die Technologie und der Markt werden sich entwickeln".

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) forderte in seiner Videobotschaft für den Luftverkehr einen "konsequenten Umstieg auf alternative Kraftstoffe". Das größte Innovationspotenzial liege aktuell in strombasierten Kraftstoffen. Auch Scheuer betonte jedoch den aktuell hohen Preis und die begrenzte Verfügbarkeit von CO2-neutralem Kerosin. Der Anteil von klimaneutralem Kerosin im Treibstoffmix der Flugzeuge in Deutschland solle in den kommenden Jahren jedoch kontinuierlich steigen, fügte er hinzu.

Der Berichterstatter der FDP-Bundestagsfraktion für Luftverkehr, Bernd Reuther, forderte die nächste Bundesregierung zu mehr Innovationsförderung auf. "Deutschland ist noch immer ein Hochtechnologieland, was die Herausforderungen der Zukunft mit Erfindergeist statt Verboten bewältigt", erklärte Reuther. "Die nächste Bundesregierung muss dieses Momentum aufnehmen und die Rahmenbedingungen für mehr solcher Projekte schaffen".

hb/iw (afp)