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Wem gehört das Internet?

Greta Hamann11. September 2014

Mozilla, Greenpeace, Netflix: US-Firmen wehren sich gegen Netzbetreiber - denn die wollen für schnellere Verbindungen künftig mehr Geld verlangen. Dahinter aber steht eine grundlegendere Frage.

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Screenshot battleforthenet.com
Bild: battleforthenet.com

Jeder kennt diesen Anblick: Ein sich nur langsam füllender Ladebalken, ein sich immerfort drehendes Rädchen. Es geht vorwärts, soll es heißen, gleich ist es soweit. Aber eigentlich ruft der Anblick nur ein Gefühl hervor - und das kennt auch jeder: Es nervt!

Aktivisten weltweit, große US-Internetfirmen und Organisationen wie Greenpeace befürchten, dass solche Ladebalken bald die Regel werden - und haben nun mit eben diesem Ladesymbol (Artikelbild) auf ihren Webseiten gegen große Internetanbieter wie Verizon, Comcast oder AT&T protestiert. "Sie sind das Team Kabel - Wir das Team Internet. Wir kämpfen für das Internet", heißt es bedeutsam auf der Aktions-Webseite. Es gehe um die Zukunft und die Grundrechte der Internetnutzer.

So übertrieben die Wortwahl scheint, so dringend ist das Thema, um das es dabei geht: die Netzneutralität. In den USA wird derzeit diskutiert, ob diese per Gesetz abgeschafft werden soll. Zurzeit ist das Thema noch gar nicht geregelt. Bisher wurden alle Daten gleich schnell (oder: gleich langsam) verschickt - egal von wem sie stammen und was sie beinhalten. Das wollen Internetanbieter ändern: Sie planen sogenannte "Datenautobahnen" für Firmen, die viele Daten verbrauchen. Diese sollen dann mehr Geld kosten. Alle anderen Daten würden zweitrangig behandelt. Sollte dies geschehen, wäre das "der Anfang vom Ende für das Internet, wie wir es kennen", sagte der US-Senator Al Franken bereits im Frühjahr.

Auch die Top-Demokratin Nancy Pelosi wandte sich mit einem öffentlichen Brief an den Vorsitzenden der verantwortlichen Bundes-Kommission für Kommunikation (FCC) in den USA: "Ich befürchte, dass die FCC auf eine Art und Weise handeln wird, die es den Internetanbietern erlauben würde, die Konsumenten und die Innovatoren zu diskriminieren."

Im Grunde geht es um die Frage, wem das Internet gehört: Ist es mittlerweile ein öffentliches Gut oder ein wirtschaftliches? Das Internet ist demokratisch, sagen Netzaktivisten, und soll es auch bleiben. Wir brauchen mehr Geld für Investitionen, sagen die Betreiber.

Aktivisten: "Ohne Netzneutralität gibt es keine Startups, keine Innovationen."

Die "Demokraten" argumentieren unter anderem so: Da bisher alle Daten gleich behandelt wurden, hatten auch Firmen mit geringem Startkapital die Möglichkeit, Innovationen voranzutreiben, ohne sich um die Kosten für ein vermehrtes Datenaufkommen Gedanken machen zu müssen. Als "eine große Spielwiese" bezeichnen viele die Online-Welt.

Die Geschichten von Gründern sind zahlreich, die in ihrer Garage oder einem kleinen Wohnheim-Zimmer weltweit erfolgreiche Firmen gründeten. Facebook ist dabei das im Westen berühmteste Beispiel. Sollte die Netzneutralität abgeschafft werden, wird es solche Geschichten bald nicht mehr geben, befürchtet nicht nur die Politikerin Pelosi.

Die Diskussion zur Protestaktion live auf Twitter

Betreiber: "Die Kabel kosten Geld, also müssen Mehrnutzer bezahlen."

Die Netzbetreiber argumentieren so: Immer mehr Menschen benutzen das Internet für immer mehr Dinge. So schauen sich zahlreiche Nutzer Videos online an oder laden vermehrt ihre Dateien auf so genannte "Wolken"-Festplatten hoch, auf die sie von überall aus zugreifen können. Es entsteht eine riesige Datenmenge, die vom Computer des Nutzers zu den Servern und zurück transportiert werden soll. Dafür benötigen die Internetanbieter Kabel. Da diese jedoch mittlerweile fast ausgelastet sind, müssen neue verlegt werden. Das kostet.

In Deutschland sprechen große Internetanbieter wie die Telekom oder Vodafone und Regierungsvertreter in der "Netzallianz" darüber wer diese Kabel bezahlen soll: Staat oder Betreiber?

Doch die Internetanbieter wollen schon kurzfristig Gewinne einfahren - auch um die für die Verlegung der Kabel notwendigen Kosten aufzubringen, heißt es. Deswegen haben sie eine neue Strategie entwickelt: Große Unternehmen, die besonders viele Daten nutzen, sollen mehr bezahlen.

Der in den USA erfolgreiche Video-Streaming-Anbieter Netflix musste bereits eine Sondergebühr an seinen Netzanbieter Comcast zahlen. Comcast hatte die Datengeschwindigkeit kurzfristig gedrosselt, was dazu führte, dass die Videos bei den Nutzern oft stockten. Comcast konnte diese Extra-Gebühren erheben, da es in den USA noch keine gesetzlichen Regelungen gibt, die dem Einhalt gebieten würden. Letztendlich, so befürchten die Verfechter der Netzneutralität, wird Netflix die Kosten an die Nutzer weitergeben.

Netzneutralität steht fast nirgends im Gesetz

Die Debatte kocht zwar derzeit in den USA hoch, beschäftigt aber so oder ähnlich auch viele andere Länder. Denn fast nirgends ist der Datentransfer im Internet gesetzlich geregelt. Chile und die Niederlande sind zwei der wenigen Staaten, die die Netzneutralität gesetzlich verankert haben. Mit wenigen Ausnahmen werden dort also alle Daten gleich behandelt. In der EU gab es Anfang 2014 ein Gesetzesvorhaben, um die Netzneutralität abzusichern. Doch die Mitgliedsstaaten haben das noch nicht in nationales Recht umgesetzt.