Weniger Pestizide durch Kontrollen
7. Mai 2015Frisches Obst und Gemüse sowie frische Kräuter aus Afrika, Amerika und Asien, die zudem leicht verderblich sind, gelangen meist per Flugzeug in die EU. Die wichtigsten Flughäfen für diese Lebensmittel sind Amsterdam, Frankfurt am Main, London und Paris. Doch nicht jede dieser frischen Waren gelangt bis in die Supermärkte oder Restaurants. Staatliche Behörden - sogenannte Grenzkontrollstellen - weisen immer wieder Lebensmittel zurück, da diese zu viele Pestizide enthalten.
Am Frankfurter Flughafen zieht die Grenzkontrollstelle jährlich mehr als 500 Stichproben aus rund 8000 Sendungen mit Lebensmitteln, die noch nicht mit zu viel Pestizid aufgefallen sind.
"An keinem anderen Flughafen in der EU wird verderbliche pflanzliche Ware häufiger stichprobenartig auf Pestizide untersucht", erklärt Doris Gerlach von der Grenzkontrollstelle, die zum Landesbetrieb Hessisches Landeslabor (LHL) gehört. Und nirgendwo sonst auf der Welt sei die amtliche Lebensmittelüberwachung für solche Ware derart gut organisiert, ergänzt die Lebensmittelchemikerin: Tagsüber gezogene Proben werden abends in das Pestizid-Labor des Landeslabors nach Kassel gefahren und dort auf rund 400 verschiedene Pestizid-Wirkstoffe analysiert.
Hochbelastete Ware wird teuer und kommt auf den Index
Die Kontrollen an sich seien kostenlos für die Importeure, betont Doris Gerlach. "Wenn wir aber eine Pestizid-Belastung feststellen, die über den Grenzwerten liegt, muss der Importeur die Untersuchung bezahlen." Eine Untersuchung auf 400 Pestizide kostet etwa 500 bis 600 Euro. Zudem informiert die Grenzkontrollstelle den Importeur und auch die Behörde am Zielort der Ware, damit diese gar nicht erst verkauft wird. Danach untersucht die Grenzkontrollstelle dann auch gezielt die nächsten drei Sendungen des Importeurs mit dieser Ware.
Damit nicht genug. "Fällt eine Ware eines Importeurs des Öfteren aufgrund zu vieler Pestizide auf, melden wir das an die EU-Kommission", ergänzt Doris Gerlach. Die EU-Kommission stellt diese Ware auf einen Index und der Importeur muss diese überall dort, wo er sie in die EU einführt, der jeweiligen Grenzkontrollstelle vorlegen. Die Kommission bestimmt auch, wie häufig die Grenzkontrollstellen diese Ware auf Kosten des Importeurs auf Pestizide untersuchen müssen. Auf diesem EU-Index stehen seit Oktober 2010 zum Beispiel indische Curryblätter und thailändische Kräuter, da sie am Frankfurter Flughafen auffällig oft mit zu viel Pestizid belastet waren. Das gilt seit Januar 2013 auch für kenianische Erbsen und Bohnen sowie für frische Chilischoten, Kräuter und Okra aus Vietnam.
Frische Lebensmittel werden sauberer
Die Stichproben und Maßnahmen wirken: So verweigerte die Frankfurter Grenzkontrollstelle 2009 noch jeder fünften Stichprobe die Einfuhr - 2014 war es nur noch etwa jeder achte. Das hat Gründe, meint die Lebensmittelchemikerin Gerlach. Einige Importeure würden inzwischen den Frankfurter Flughafen wegen den engmaschigen Kontrollen meiden. "Aber immer mehr Importeure verlangen von ihren Lieferanten die Rückstandsbelastung zu verringern" - also: weniger zu spritzen. Doris Gerlach gibt ein Beispiel: Die südafrikanischen Kräuter eines deutschen Händlers hielten nach etlichen Beanstandungen die EU-Vorgaben ein. Der Händler erklärte ihr, er lasse die Ernte jetzt in Südafrika immer erst in einem Labor auf Pestizide untersuchen und die Ware nur dann nach Europa schicken, wenn das Labor sein Okay gibt.
Mehr Pestizid-Cocktails in Lebensmitteln
Über die Unterschreitung der Grenzwerte für die einzelnen Pestizide in Obst und Gemüse freut sich auch Christiane Huxdorff von Greenpeace. Die Pestizid-Expertin ist aber skeptisch, dass diese Lebensmittel wirklich weniger Pestizide enthalten. "Zahlen der Europäischen Lebensmittelsicherheitsbehörde zeigen, dass eingeführte Lebensmittel immer häufiger gleich mehrere Pestizidwirkstoffe - also einen Pestizid-Cocktail - enthalten." Einige Importeure würden zwar darauf achten, die Grenzwerte für einzelne Pestizide einzuhalten, deren Ware enthalte stattdessen aber mehrere Pestizide in geringeren Dosen. Huxdorff glaubt daher, es müsse mehr geschehen, um den Einsatz chemisch-synthetischer Pestizide zu senken. Sie hält die natürliche Bekämpfung von Schädlingen, Pilzen und Unkraut langfristig für die einzige Lösung, um weltweit alle Menschen nachhaltig zu ernähren.