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Weniger Verschleierung, mehr Polizisten

Mathias Bölinger19. August 2016

Die Innenminister der Union wollen für mehr Sicherheit sorgen. Außerdem stellen sie integrationspolitische Forderungen. Das Papier fällt nur zufällig in den Wahlkampf - behaupten zumindest die Minister.

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Vollverschleierte Frau (Bild: dpa)
So soll man nach dem Willen der Minister in Zukunft nicht zu Amtsterminen erscheinen dürfenBild: picture-alliance/dpa

Der Raum ist eigentlich zu klein. Journalisten und Kameraleute drängen sich ziemlich eng nebeneinander und geraten gelegentlich zischelnd aneinander. Dass neben den drei Ministern und dem Pressepulk noch zwei der sprichwörtlichen unsichtbaren Elefanten im Raum sind, verhindert das aber natürlich nicht.

Burka-Verbot im öffentlichen Dienst

Die Innenminister der Union - also Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) und alle CDU- und CSU-Innenminister der Länder - haben in Berlin zum Thema Sicherheit und Integration getagt. Und nun stellen drei von ihnen im Konferenzraum eines Berliner Hotels eine "Berliner Erklärung" vor. Neben de Maizière sitzen da sein Mecklenburg-Vorpommerscher Amtskollege Lorenz Caffier (CDU) und der Berliner Innensenator Frank Henkel, ebenfalls CDU. Sie fordern die Einstellung von 15.000 Polizisten, mehr Videoüberwachung und mehr Instrumente der Kriminalitätsbekämpfung im Netz. Außerdem wollen sie die Vollverschleierung in bestimmten Situationen verbieten: So sollen vor Gerichten, im Straßenverkehr und im öffentlichen Dienst keine gesichtsverdeckenden Schleier erlaubt sein.

"Gesicht zu zeigen, ist für unsere Kommunikation konstitutiv", sagt de Maizière. Frank Henkel möchte, dass "unser Land erkennbar bleibt". Ein generelles Verbot der Vollverschleierung verlangen die Minister in ihrem Papier aber nicht. Das war von einigen Unionspolitikern in den letzten Tagen ins Spiel gebracht worden. "Wir lehnen die Vollverschleierung ab", sagt der Bundesinnenminister stattdessen. Verbieten wolle man sie aber nur "dort, wo Gesicht zeigen eine Funktion hat". Auch die Forderung nach einer Abschaffung der doppelten Staatsbürgerschaft machen sich die Minister nicht zu eigen. "Die Vermeidung der doppelten Staatsbürgerschaft muss Grundsatz bleiben", sagt der Berliner Innensenator.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (Bild:dpa)
Bundesinnenminister Thomas de MaizièreBild: picture-alliance/dpa/K. Nietfeld

Ausnahmen von diesem Grundsatz, die es bereits gibt, wollen die Minister 2018 oder 2019 evaluieren. Das betrifft insbesondere junge Menschen, die hier geboren wurden, deren Eltern aber ausländische Staatsbürger sind. Sie können seit zwei Jahren beide Staatsbürgerschaften haben. Doppelbürgern, die sich ausländischen Terrormilizen anschließen, soll nach dem Willen der Unionsminister die deutsche Staatsbürgerschaft aber aberkannt werden.

Zusammenhang mit Wahlkampf "Quatsch"

Caffier ist Sprecher der Gruppe, Henkel sitzt offenbar in seiner Funktion als Gastgeber da. Beide befinden sich derzeit im Wahlkampf. Dass es einen Zusammenhang zwischen der Diskussion um die Vollverschleierung und einem drohenden Erfolg der rechtspopulistischen und islamkritischen "Alternative für Deutschland" - unsichtbarer Elefant Nummer eins im Raum - geben könne, findet der Berliner Innensenator "wirklich Quatsch". Und auch Caffier, in dessen Bundesland dieser neuen Partei bis zu 20 Prozent der Stimmen prognostiziert werden, sagt, einen Zusammenhang herzustellen sei "albern".

Ganz und gar nicht unerwünscht, sondern geradezu willkommen ist den drei CDU-Ministern hingegen Elefant nummer zwei. Gleich zweimal betont de Maizière, dass diese Positionen ja auch "CDU und CSU verbinden". Die konservativere bayerische Schwesterpartei hatte sich im vergangenen Jahr in Integrations- und Sicherheitsfragen immer weiter von der CDU entfernt und insbesondere von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) eine Abkehr von ihrer Flüchtlingspolitik gefordert. Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) nahm die Beschlüsse gleich als Erfolg seines Innenministers Joachim Herrmann in Anspruch: "Sein Kurs zu mehr Sicherheit ist die Richtschnur für Deutschland". Der wiederum sendet ein Signal der Unabhängigkeit an seine Amtskollegen und gibt einige Stunden später eine eigene Pressekonferenz.

Frank Henkel und Lorenz Caffier (Bild: dpa)
Die Wahlkämpfer Frank Henkel und Lorenz CaffierBild: picture-alliance/dpa/B. Pedersen/O. Dietze

"Misstrauenserklärung gegen die Mehrheit der Doppelstaatler"

Lob für das Vorhaben, mehr Polizisten einzustellen, aber auch deutliche Kritik an den integrationspolitischen Forderungen gab es vom Koalitionspartner der Unionsparteien im Bund. Justizminister Heiko Maas (SPD) warnte vor einer Debatte um die doppelte Staatsbürgerschaft. "Das ist eine Misstrauenserklärung gegen die weit überwiegende Mehrheit der Doppelstaatler, die voll hinter unserem Grundgesetz steht", teilte er mit. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Oppermann nannte Henkel und Caffier "irrlichternde Wahlkämpfer". Burka-Verbot und Abschaffung der doppelten Staatsangehörigkeit hätten mit innerer Sicherheit nichts zu tun.

Bernd Riexinger, Vorsitzender der Linkspartei, nannte das Papier "sicherheitspolitisches Säbelrassen und billige Wahlkampfrhetorik", billigte den Unionsministern aber immerhin zu, gemessen an dem, was in den letzten Tagen diskutiert wurde, "den größten Unsinn gestrichen zu haben".