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Wenn deutsche Waffen in falsche Hände geraten

9. März 2016

Sind aus Bundeswehr-Beständen gelieferte Waffen verscherbelt oder im Kampf in die Hände von Extremisten geraten? Die Bundesregierung will Rüstungsexporte schon bald auch "vor Ort" kontrollieren.

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Militärische Ausbildung für Kurden in Deutschland (foto: Getty Images)
Deutschland bildet irakische Kurden militärisch aus und liefert ihnen WaffenBild: Getty Images/A. Koerner

Erst jüngst hatte eine Affäre um verschwundene deutsche Waffen im kurdischen Nordirak für Aufsehen gesorgt: Die kurdische Regionalregierung musste eingestehen, dass mindestens 88 der 28.000 von der Bundeswehr gelieferten Schusswaffen abhanden gekommen seien. Mehr als die Hälfte der Pistolen, Sturm- und Maschinengewehre ging in Kämpfen der Peschmerga-Armee mit der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) verloren, wie die Deutsche Presse-Agentur erfuhr. 17 Waffen wurden nachweislich verkauft oder getauscht. Auch so etwas soll künftig unterbunden werden. Die Bundesregierung will die Kontrolle von Rüstungsexporten entsprechend ausweiten.

Markt in Krisen- und Spannungsgebieten

Das Kabinett schaffte nun die rechtlichen Voraussetzungen für sogenannte "Post-Shipment-Kontrollen", die eine Prüfung deutscher Waffenlieferungen in den Bestimmungsländern "vor Ort" ermöglichen. Die Regierung reagiert damit auch auf wiederholte Fälle, in denen Rüstungsgüter in Spannungsgebieten und Staaten auftauchten, für die sie nicht genehmigt waren.

"Als erster EU-Staat führen wir damit ein System ein, bei dem die Rüstungsexportkontrolle nicht mit dem Erteilen der Genehmigung endet", sagte Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel. "Endlich können die Angaben, die Empfänger zum Verbleib der Waffen machen, vor Ort überprüft werden", so der SPD-Vorsitzende.

Bislang können lediglich bei Kriegswaffen Vor-Ort-Kontrollen vorgenommen werden. Mit der jetzt beschlossenen Verordnung soll dies auch für sonstige Rüstungsgüter wie Pistolen oder Scharfschützengewehre gelten. Die staatlichen Empfänger in Drittländern müssten sich bereits in den Endverbleibserklärungen verpflichten, diese Vor-Ort-Kontrollen zu dulden.

Die Verordnung soll in den kommenden Wochen in Kraft treten. Die Kontrollen sollen stufenweise umgesetzt werden, zunächst konzentriert sich die Bundesregierung dabei in einer Pilotphase auf Kleinwaffen.

Augenmerk auf Kleinwaffen

Die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD, Christine Lambrecht, nannte die Neuregelung eine "entscheidende Verbesserung bei der Überwachung" von Rüstungsexporten. Unerlaubte Weitergabe der Waffen könne so unterbunden werden, sagte Lambrecht. "Zusammen mit den neuen Kleinwaffengrundsätzen, haben wir jetzt die strengsten Regeln für Rüstungsexporte, die es in der Bundesrepublik je gab", lobte sie. Die Grünen-Abgeordnete Katja Keul erklärte, nachdem die Einführung der Post-Shipment-Kontrollen bereits im vergangenen Sommer angekündigt worden sei, hoffe sie nun auch auf eine Umsetzung. Laut Keul fehlt jedoch gerade für Kleinwaffen weiterhin eine "strengere Markierungspflicht", die Kontrolleuren die Arbeit erleichtere. "Die beste Kontrolle wäre der vollständige Stopp des Exports von Kleinwaffen in Drittländer", meinte sie.

Das Bundeswirtschaftsministerium geht davon aus, dass die ersten Kontrollen noch in diesem Jahr durchgeführt werden können. Zuletzt hatten deutsche Waffenlieferungen etwa in die Kurdengebiete oder nach Saudi-Arabien für Kritik gesorgt. Es besteht die Sorge, dass die Waffen in die Hände von Extremisten geraten könnten.

SC/uh (afp, rtr, dpa)