Wer hilft Afrika auf dem Weg ins All?
30. Januar 2020Afrika greift nach den Sternen: Vor einem Monat schoss Äthiopien seinen ersten Satelliten in die Erdumlaufbahn. Entworfen wurde der Satellit von äthiopischen und chinesischen Ingenieuren, die chinesische Regierung bezahlte den Löwenanteil der Kosten von mehr als acht Millionen US-Dollar. "Jetzt haben elf Länder aus Subsahara-Afrika einen eigenen Satelliten im All", sagt Temidayo Isaiah Oniosun, Geschäftsführer des nigerianischen Medienhauses "Space in Africa" in Lagos, im DW-Interview. "Die afrikanische Weltraum-Industrie ist 7,37 Milliarden Dollar wert, und soll bis 2024 auf mehr als 10 Milliarden wachsen."
1999 schickte Südafrika als erstes Land Subsahara Afrikas den Satelliten "Sunsat" in den Orbit, Nigeria startete mit Hilfe Großbritanniens, Chinas und Russlands bisher vier Satelliten ins All geschickt, den ersten 2003. Ghana zog 2017 mit "GhanaSat-1" nach, unterstützt von Japan. Vergangenes Jahr kamen noch Ruanda, unterstützt von der britischen Firma One-Web, und Sudan mit Hilfe Chinas hinzu.
Großmächte investieren
"Nichtafrikanische Länder investieren in afrikanische Weltraumprogramme, die größten sind Japan, China, Russland und europäische Staaten wie Großbritannien", so Oniosun. "Europa hat bisher den größten Anteil investiert und einige Satelliten für Afrika gebaut, doch in den letzten Jahren hat China nachgezogen." So stellte China 2018 Nigeria 550 Millionen Dollar für den Kauf von zwei chinesischen Satelliten zur Verfügung, die beide dieses Jahr ins All geschossen werden sollen.
In Afrika baut bisher nur Nigeria seine eigenen Satelliten, so wie etwa den "NigeriaSat-X". Das Land hat große Pläne: Bis 2030 will es, mit Chinas Hilfe, einen Astronauten ins All schicken. So wie Südafrika hat auch der westafrikanische Staat eine eigene Raumfahrtbehörde. Auch Ghanas Weltraumwissenschafts- und Technikzentrum kooperiert mit China.
China verschafft sich Wohlwollen
"Für China geht es dabei um Politik", erklärt Oniosun. "Äthiopien beispielsweise hat sehr gute diplomatische Beziehungen zu China, und China baut diese in ganz Afrika aus. Ein Weltraumprojekt gilt dabei als Top-Projekt, bei so etwas wollen Regierungen mit Ländern zusammen arbeiten, denen sie vertrauen." Und hier hat China die Nase vorne, denn das Land ist einer der größten Investoren in Afrika und der größte Handelspartner.
Auf dem China-Afrika-Kooperationsforum 2018 kündigte China an, dass es Afrika mit 60 Milliarden Dollar finanziell unterstützen werde - zuzüglich Dutzender milliardenschwerer Projekte auf dem Kontinent. "China profitiert stark davon: Es expandiert seine Märkte und erschließt profitable Gebiete ohne große Konkurrenz", erklärt Cobus van Staden, Forschungsdirektor der Medienorganisation The China Africa Project. "Außerdem sichert China sich das Wohlwollen der afrikanischen Staaten, schafft neue Gelegenheiten für Geschäfte und setzt technische Standards."
Internet bringt Profit
Beliebt sei China in Afrika vor allem wegen seiner finanziellen Strategie, so van Staden im DW-Interview. "Westliche Staaten stellen viele Bedingungen, wie etwa politische Reformen. China will aber nur Geschäfte machen und kümmert sich nicht um Dinge wie etwa die Freiheit der Bürger." Einigen afrikanischen Regierungen seien westliche Geschäftsansätze zu "interventionistisch".
"Westliche Staaten sehen Afrika nicht als wirtschaftlich tauglich an, obwohl einige afrikanische Länder zu den am schnellsten wachsenden Wirtschaften der Welt zählen. Viele denken bei Afrika nur an Hilfsgelder. Aber Afrika will wirtschaftlich wachsen, darum wendet es sich an China", so van Staden.
Ausländischen Investoren wie China gehe es jedoch zuerst um Profit. Daher, so "Space in Africa" -Geschäftsführer Oniosun, würde vor allem in Kommunikationstechnologie investiert, um beispielsweise Breitband-Verbindungen und Internetzugang zu ermöglichen. "Halb Afrika hat immer noch keinen Internetzugang, daher liegt der Fokus darauf", so Oniosun. Und diese Verbesserung bringe auch eine große Kapitalrendite.
Lösungen für Konflikte und Ernährungssicherheit
Für afrikanische Regierungen hingegen könnten neue Satelliten und ein größerer Fokus auf die Raumfahrt weitaus größere Probleme lösen. "Ich würde nicht sagen, dass der Raumfahrtsektor in Afrika höchste Priorität hat, aber Raumfahrttechnologie kann die Herausforderungen, vor denen die Länder stehen, angehen", so Oniosun. Dazu gehören Landwirtschaft, Katastrophenmanagement, Verteidigung und Sicherheit.
Die Afrikanische Union verabschiedete bereits 2017 eine Richtlinie zur afrikanischen Erschließung des Weltraums und erklärte, die Weltraumwissenschaft könne den wirtschaftlichen Fortschritt und das Management der natürlichen Ressourcen auf dem Kontinent vorantreiben. Daher soll nun in Ägypten die zentrale afrikanische Raumfahrtbehörde entstehen. "Wir erwarten, dass die Behörde noch vor Ende dieses Jahres ihren vollen Betrieb aufnimmt ", so Oniosun.
Satelliten "made in Africa"?
Der Austausch mit Ländern wie China, um Afrika ins All zu bringen, hält Oniosun für "enorm wichtig. Unsere Ingenieure können ins Ausland gehen und sehen, wie die Technik funktioniert, um sie in Zukunft selbst zu bauen. In Afrika gibt es bisher nur wenige Fakultäten und Universitäten, die Raumfahrttechnik anbieten."
Es sei nun an den afrikanischen Regierungen, dieses Wissen einzufordern, sagt van Staden. "Es braucht etwas Druck und manche Regierungen sind besser als andere", so der Forscher. "Äthiopien ist ziemlich gut darin zu sagen, wir wollen nicht nur, dass eure chinesischen Ingenieure den Job machen und dann wieder verschwinden." Nun liege es an der Beharrlichkeit der afrikanischen Regierungen, einen dauerhaften Wissenstransfer gegenüber China einzufordern. Denn könnte es nicht mehr lange dauern, bis auch Satelliten "made in Africa" durch das All fliegen.