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Die Köpfe hinter dem Kaiser's-Drama

Erich Reimann dpa
14. Oktober 2016

Tausenden von Jobs bei Kaiser's Tengelmann droht nach dem Scheitern der Gespräche das Aus. Vorausgegangen ist dem Debakel ein zweijähriges Ringen zwischen Beamten, Unternehmenschefs und Politikern. Die Köpfe des Dramas.

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Deutschland Berlin Einzelhandel Kaiser's
Bild: picture-alliance/dpa/A. Burgi

Zwei Jahre hat das Ringen um Kaiser's Tengelmann gedauert. Am Ende steht ein Debakel: Tausenden Beschäftigten droht der Verlust ihrer Arbeitsplätze. Doch wer hat die Fäden gezogen im Ringen um die rund 400 Kaiser's Tengelmann-Filialen und die damit verbundenen 15 000 Stellen? Ein Überblick:

Karl-Erivan Haub, Vorstandsvorsitzender der Tengelmann-Gruppe
Bild: picture-alliance/dpa

Tengelmann-Eigentümer Karl Erivan-Haub brachte das Drama ins Rollen, als er beschloss, die familieneigene Supermarktkette angesichts tiefroter Zahlen zu verkaufen. Das Hauptproblem: Er entschied, den Zuschlag ausgerechnet Deutschlands größtem Lebensmittelhändler Edeka zu geben. Alternativen - wie den Verkauf der Kette an Rewe oder eine Aufteilung der Kette an mehrere Wettbewerber - wischte er vom Tisch. Sein Argument: Nur durch den Komplettverkauf an Edeka könnten die Arbeitsplätze gerettet werden können. Ärger war damit programmiert.

Andreas Mundt
Bild: picture-alliance/dpa/Hoppe

Denn Bundeskartellamtspräsident Andreas Mundt war nicht bereit, dabei zuzusehen, wie Marktführer Edeka seine Machtposition im deutschen Lebensmittelhandel noch weiter ausbaute. Immerhin vereinigen die "Großen Vier" - Edeka, Rewe, Aldi und die Schwarz-Gruppe mit dem Discounter Lidl - bereits heute 85 Prozent des Marktes auf sich. Mundt untersagte den Zusammenschluss, weil die Behörde Preiserhöhungen und weniger Wettbewerb befürchtete. Nach Einschätzung der Behörde hätte Edeka höchstens 170 der damals noch rund 450 Filialen der Kette übernehmen können.

Markus Mosa - Edeka
Bild: picture-alliance/dpa/D. Bockwoldt

Edeka-Chef Markus Mosa war allerdings nicht bereit, dieses Veto hinzunehmen oder weitreichende Kompromisse mit dem Kartellamt zu schließen. Ihn lockte die letzte Chance, mit einem Schlag die Zahl der Edeka-Filialen noch einmal kräftig aufzustocken. Denn Kaiser's Tengelmann ist die größte verbliebene Supermarktkette außerhalb der "Großen Vier". Deshalb beantragte Mosa zusammen mit Haub eine Ministererlaubns für den Zusammenschluss, also eine Ausnahmegenehmigung, die das Verbot des Kartellamtes außer Kraft setzt.

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel
Bild: picture-alliance/dpa

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) ließ sich viel Zeit mit der Entscheidung über den Antrag. Doch dann genehmigte er den Zusammenschluss trotz aller Bedenken der Wettbewerbshüter. Allerdings verband er die Zustimmung wählerwirksam mit strengen Auflagen, die den 15.000 Angestellten Beschäftigungssicherheit für die nächsten fünf Jahre geben sollten. Das machte das Geschäft nicht nur für Edeka viel teurer als erwartet. Gabriels vertrauliche Verhandlungen darüber mit Haub und Mosa hatten auch noch überraschende Spätfolgen.

Vorstandsvorsitzender der REWE Group Alain Caparros
Bild: picture-alliance/dpa/O. Berg

Denn als Rewe-Chef Alain Caparros beim Oberlandesgericht Düsseldorf Beschwerde gegen die Ministererlaubnis einreichte, nahm der Kartellsenat Gabriels Treffen mit den Chefs der Supermarktketten zum Anlass, die Ausnahmegenehmigung vorläufig außer Kraft zu setzen. Es habe bei einigen Beteiligten der Eindruck entstehen müssen, dass der Minister bei seiner Entscheidung befangen gewesen sei, urteilten die Richter. Es war ein Triumph für Caparros, der sich selbst in einem Spiegel-Interview rühmte: "Ich habe alles getan, damit Edeka die Filialen nicht bekommt."

Mit der Entscheidung der Düsseldorfer Richter drohte die ganze Übernahme zu scheitern. Denn Haub machte schnell klar, dass er nicht bereit war, ein drohendes jahrelanges Tauziehen hinzunehmen - und in diesem Fall eine Zerschlagung der Supermarktkette plante.

Tag der Arbeit Deutschland Maikundgebung in Essen Frank Bsirske
Bild: picture-alliance/dpa/M. Kusch

Das rief den Chef der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, Frank Bsirske, auf den Plan. Denn die Gewerkschaft hatte viel zu verlieren. Gabriel hatte in seiner Ministererlaubnis nicht nur den Erhalt der Arbeitsplätze, sondern auch die Absicherung der für die Gewerkschaft wichtigen Betriebsratsstrukturen festgeschrieben. Verdi brachte alle Beteiligten an einen runden Tisch zusammen, um in letzter Minute doch noch einen gangbaren Weg zur Sicherung der 15.000 Arbeitsplätze zu finden. Doch der Einigungsversuch endete in gegenseitigen Schuldzuweisungen.