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"Wer sich nicht an die Regeln hält, fliegt"

Roman Goncharenko21. Juli 2016

Der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes, Alfons Hörmann, findet die Entscheidung des CAS zur Sperre der russischen Leichtathleten hart aber gerecht. Er verweist jedoch auf das Problem der "Sippenhaft".

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Alfons Hörmann, Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/C. Seidel

DW: Der Internationale Sportgerichtshof CAS hat die Entscheidung des Internationalen Leichtathletikverbandes IAAF bestätigt, der russische Athleten wegen Doping gesperrt hatte. Wie bewerten Sie das?

Alfons Hörmann: Das ist aus unserer Sicht wertvoll und wichtig, weil damit Klarheit gegeben ist und zumindest für die Leichtathletik endgültig entschieden ist, dass die Athletinnen und Athleten, die einem staatlichen Dopingsystem unterliegen, nicht in Rio starten werden. Zugleich ist es eine gewisse Weichenstellung in Sinne der Grundlage für die noch offenen Entscheidungen anderer Verbände, weil nach dem McLaren-Report 20 Verbände insgesamt des staatlich gelenkten Dopings beschuldigt werden. Auch dort gilt es jetzt, die entsprechenden Entscheidungen zu treffen.

Mit welcher Entscheidung des IOC rechnen Sie in den kommenden Tagen? Wird die gesamte russische Mannschaft von den Olympischen Spielen in Rio ausgeschlossen?

Da bin ich noch nicht sicher, weil man nochmal unterscheiden muss zwischen 20 Verbänden, in denen konkrete Nachweise [für Doping - Anm. d. Red.] vorliegen, und jenen acht Verbänden, in denen es diese nicht gibt. Da liegen aber uns allen von außen nicht die notwendigen Informationen vor. Insgesamt haben damit das IOC und auch die internationalen Fachverbände, die betroffen sind, zumindest eine gute und wichtige Grundlage, weil jeder weiß: Wir sind in der Lage, damit auch in der Verantwortung zu entscheiden - und dies wird nicht durch ein Gericht aufgehoben.

Für welche Entscheidung des IOC würden Sie plädieren?

Nach den Informationen, die mir vorliegen, würde ich unterschiedlich agieren. Bei den Verbänden, in denen ebenfalls der klare Nachweis durch den McLaren-Report erbracht ist, sehe ich keine Grundlage für eine andere Entscheidung als in der Leichtathletik - das heißt, die Sportler nicht in Rio starten zu lassen. Weit schwieriger wird es sicher bei den Verbänden, bei denen bis zum heutigen Tag keinerlei Nachweis erbracht ist, denn da kann man im Sinne der nach wie vor geltenden Unschuldsvermutung durchaus offen und klar darüber reflektieren: Auf welcher Grundlage möchte man diese Sportler denn sperren? Ich denke, an der Stelle wird es sehr schwierig, weil wir dann doch in den klassischen Fall einer Sippenhaft kommen. Es wird sich zeigen, wie das IOC entscheidet. Ich meine, dass man zwischen den beiden Gruppen von Verbänden und Athleten eventuell wird unterscheiden müssen.

Eine russische Athletin - Symbolbild (Foto: epa)
"Verständnis für die Athleten, die sich zu Unrecht ausgesperrt fühlen"Bild: picture-alliance/AP Photo

Sie sprechen von "Sippenhaft". Das ist ja der Hauptvorwurf der russischen Seite, dass man auch die sauberen Athleten bestraft für das, was sie gar nicht getan haben. Wie kann man sie besser schützen? Wie kann man vielleicht eine Ausnahmeregel für sie vereinbaren?

Ich habe Verständnis für die Athleten, die sich zu Unrecht ausgesperrt fühlen. Es ist die höchste Form der Bestrafung, bei Olympia nicht starten zu dürfen. Aber wo systematisch betrogen wird, muss gegebenenfalls auch systematisch eine ganze Mannschaft oder zumindest Bestandteile einer Mannschaft im Sinne der Kollektivstrafe ausgeschlossen werden. Ein sehr hartes Urteil, anders geht es an der Stelle nicht. Die Ausnahmeregelung gibt es ja beispielsweise in der Leichtathletik für jene Athleten, die sich außerhalb Russlands aufgehalten, dort auch trainiert haben, und die auch entsprechende Anti-Doping-Tests nachweisen können in anderen Systemen, somit also nicht dem russisch gelenkten Dopingsystem unterliegen. Die dürfen unter neutraler Flagge starten. Ich denke, das ist Ausnahme genug.

Was ist die Botschaft des heutigen Tages aus Lausanne für den russischen Sport?

Das, was ihr getan habt, liebe russische Freunde, entspricht schlichtweg nicht den Regeln, nicht dem Fairplay. Das System, welches ihr akzeptiert habt, ist so nicht akzeptabel und wird nicht toleriert. Für den gesamten Weltsport heißt es: Die Regeln von Fairplay und Gerechtigkeit im Sinne des sportlichen Gedankens werden auch in Zukunft klar und deutlich im Vordergrund stehen. Wer sich nicht an die Spielregeln hält, der fliegt vom Platz.

Der 55 Jahre alte Alfons Hörmann ist Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB). Vor seiner Wahl zum Nachfolger von Thomas Bach als DOSB-Chef Ende 2013 war er acht Jahre lang Präsident des Deutschen Ski-Verbands (DSV).