Wer war Vincent van Gogh?
Früh verstorbenes Genie, wahnsinniger Selbstmörder, Sonnenblumenmaler: Viele Klischees machen die Runde. Nun versucht sich der Künstler und Regisseur Julian Schnabel an einer neuen Deutung des Lebens Vincent van Goghs.
Auf den Spuren eines Malergenies
Er malte exzessiv Sonnenblumen, schnitt sich ein Ohr ab und revolutionierte ganz nebenbei die moderne Kunst - Vincent van Gogh. Am 29. Juli vor 125 Jahren nahm sich der Niederländer das Leben. Seine Kunst strahlt bis heute.
Dunkle Vorzeichen
Vincent van Gogh wird am 30. März 1853 geboren. Er bekommt den Namen des am selben Tag im Vorjahr verstorbenen Sohnes der Familie. Insgesamt hat er fünf Geschwister. Mit seinem vier Jahre jüngeren Bruder Theo wird er regelmäßig Briefe schreiben. Vincent wächst im elterlichen Pfarrhaus im niederländischen Zundert (Bild) auf. Seine Jugend beschreibt er als "düster und kalt".
Schwarzes Schaf der Familie
Vincent ist in den Augen seiner Familie ein Versager. Jeden Beruf, den er ergreift - Kunsthändler, Marineoffizier, Laienprediger - schmeißt er nach kurzer Zeit wieder hin. Als er 1879 in die belgische Bergbauregion Borinage zieht, versucht er seine Berufung auszuleben. Er mietet sich bei einer Familie in Cuesmes in diesem Haus ein und fristet ein Dasein in Armut.
Griff zum Zeichenstift
Das Elend der Bergarbeiter beeindruckt Vincent van Gogh. Mehr noch: Er überidentifiziert sich mit den Menschen in der Borinage, dem Kohlenpott Belgiens. Er schwärzt sich das Gesicht, um einer von ihnen zu sein. Schließlich greift er zum Zeichenstift und hält das Leben der armen Menschen in ungelenken Zeichnungen fest.
Auf dem Tiefpunkt
Nur noch Ruinen sind übrig von der Zeche Marcasse in der Borinage. Eine Lore erinnert an die düstere Zeit. Vincent van Gogh fährt hier ein, in 700 Meter Tiefe will er erleben, welche harte Arbeit die Bergarbeiter erleben. Und er ist geschockt von der Enge und der Dunkelheit, wie er an seinen Bruder Theo schreibt.
Frühe Werke in Holland
Über Umwege landet er in Nuenen. Er kriecht bei seinen Eltern unter, die ihn nur widerwillig in das elterliche Pfarrhaus aufnehmen. In Nuenen bleibt er zwei Jahre: 1883 bis 1885. Er malt in noch düsteren Farben die Felder und Bauern bei der Arbeit. Er malt, ohne irgendetwas zu schönigen auch einfache Kartoffeln.
Einfachheit der Motive
In Nuenen, das heute eher ein Vorort der benachbarten Großstadt Eindhoven ist, erfreut er sich am einfachen Leben. Er entdeckt das Thema der Hauswebereien für sich. Auch einfache kleine Architekturen wie sie typisch sind in Nuenen tauchen auf. Für "Die Kartoffelesser" fertigt er einen Winter lang Skizzen an, bis es fertig ist.
Natur und Bauern
Es entstehen Werke, die voller Schwermut sind. Manche wirken anatomisch noch fehlerhaft. Aber er malt jeden Tag mindestens ein Bild. In Nuenen verfügt er sogar, welch ein Luxus, über ein eigenes Atelier. Vom Gartenzaun des Pfarrhauses (Bild) ist es zu erblicken: ein einfacher Gartenschuppen, in denen er auch "Die Kartoffelesser" malte.
Inspiration Frankreich
Dass aus diesem Maler einmal einer der wichtigsten Künstler der Welt werden sollte, konnte niemand ahnen. Nach dem Tod des Vaters verlässt Vincent Nuenen. Mit den Kartoffelessern im Gepäck zieht er nach Antwerpen und schließlich nach kurzer Zeit nach Paris. Finanziell unterstützt von seinem Bruder richtet er sich ärmlich in einem Zimmer ein.
Farbexperimente
Am 20. Februar 1888 verlässt er die französische Hauptstadt, um in den Süden zu ziehen - auf der Suche nach dem Licht. Die rahmende Kontur lässt alltägliche Dinge zu Symbolen werden. In ständiger Auseinandersetzung mit seinen Künstlerkollegen explodieren in Frankreich die Farben: rot, gelb, grün, blau, violett. Er arbeitet mit Komplementärkontrasten und ausdrucksstarken Linien und Flächen.
Mysteriöses Ableben
Am 27. Juli 1890 schoss sich van Gogh eine Kugel in die Brust. Es gibt viele Theorien, warum es zu diesem Drama gekommen ist. Zwei Tage später starb Vincent im Beisein seines geliebten Bruders Theo. Dieser folgte ihm nur ein halbes Jahr später. Er starb an einer Syphilliserkrankung. Beide liegen auf dem Friedhof von Auvers begraben.