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Westen verstärkt Druck auf Russland

20. Juli 2014

Nach dem mutmaßlichen Abschuss einer malaysischen Passagiermaschine über der Ukraine gerät die russische Regierung unter Druck. Haben russische Soldaten den Separatisten geholfen, die komplexe Raketentechnik zu bedienen?

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Ein maskierter prorussischer Separatist bewacht die Absturzstelle von Flug MH (Foto: Reuters)
Bild: Reuters

Vieles deutet darauf hin, dass die malaysische Boeing 777 am Donnerstag über dem umkämpften Osten der Ukraine mit einer Boden-Luft-Rakete zum Absturz gebracht wurde. US-Präsident Barack Obama sagt, die Rakete sei aus dem von den prorussischen Separatisten kontrollierten Gebiet abgefeuert worden. Die Regierung in Kiew macht die Rebellen verantwortlich, diese geben dagegen den ukrainischen Streitkräften die Schuld. Im Westen schlagen nun immer mehr Politiker schärfere Töne gegenüber der russischen Führung an.

Besonders deutlich wurde der britische Premierminister David Cameron in einem Gastbeitrag der Zeitung "The Sunday Times". Sollte sich herausstellen, dass die prorussischen Rebellen das Flugzeug mit 298 Menschen an Bord abgeschossen hätten, wäre dies ein direktes Resultat der Destabilisierung der Ukraine durch Russland. Russland solle "den Moment nutzen" und die Krise beenden. "Wenn dies nicht geschieht, müssen wir entschieden antworten", warnte er mit Blick auf mögliche neue Sanktionen gegen Moskau.

Zugleich kritisierte Cameron die seiner Meinung nach zu zögerliche Haltung einiger europäischer Staaten in der Ukraine-Krise. "Es ist an der Zeit, unsere Macht, unseren Einfluss und unsere Mittel in die Waagschale zu werfen", erklärte Cameron. Die europäischen Volkswirtschaften seien robust und gewännen an Stärke. Bei dem Absturz der Passagiermaschine der Malaysia Airlines im Osten der Ukraine waren alle 298 Menschen an Bord ums Leben gekommen, darunter auch zehn Briten. Rund Zweidrittel der Todesopfer stammt aus den Niederlanden.

Rutte fordert Aufklärung

Der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte forderte den russischen Präsidenten Putin auf, zur Aufklärung des Absturzes von Flug MH17 beizutragen. Rutte sagte, er habe Putin deutlich gemacht, dass Moskau "jetzt die Verantwortung gegenüber den Rebellen tragen muss". "Er muss der Welt zeigen, dass er helfen will", ergänzte Rutte.

Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier will im Zuge der Untersuchung des Boeing-Absturzes vor allem geklärt werden, ob Kräfte aus Russland direkt am Abschuss des Flugzeugs beteiligt waren. "Die Täter und ihre Hintermänner dürfen nicht entkommen", sagte der SPD-Politiker. Nötig sei eine "unabhängige internationale Untersuchung", sagte er.

Komplizen aus Russland?

Die USA hegen den Verdacht, dass Soldaten aus Russland den Aufständischen geholfen haben, das Flugzeug abzuschießen. Die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Samantha Power, deutete eine Verstrickung Russlands an. "Wir können nicht ausschließen, dass russisches Personal beim Betrieb dieser Systeme geholfen hat", sagte sie in New York. Die russische Führung wies jede Verantwortung von sich und kritisierte Berichte über einen angeblichen Abschuss der Maschine als "voreilig". Damit sollten offenbar Ermittler beeinflusst werden, teilte das Außenministerium in Moskau mit.

An diesem Sonntag wollen 132 malaysische Experten zum Absturzort fahren. Sie waren am Samstag in Kiew gelandet. Der niederländische Außenminister Frans Timmermans kam dort ebenfalls mit einer Gruppe von 15 Experten an. Auch Deutschland beteiligt sich an der Bergung der Opfer. Zwei Fachleute des Bundeskriminalamtes reisten in die Ukraine.

An der Absturzstelle bei Donezk herrschen offenbar weiter chaotische Zustände. Schwer bewaffnete und teils maskierte Separatisten behindern die Arbeit der Mission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) am Unglücksort. OSZE-Sprecher Michael Bociurkiw sagte dem US-Sender CNN: "Das Problem ist, dass es keine Absperrung des Ortes gibt, wie sonst üblich. Jeder kann da rein und womöglich mit Beweisstücken herumhantieren."

Wo sind die Flugschreiber?

Unklar ist auch der Verbleib der beiden Flugschreiber. Die Regierung in Kiew warf den Separatisten vor, am Absturzort Beweismaterial zu vernichten. Die Aufständischen wollten mit Lastwagen Wrackteile über die russische Grenze bringen. Zudem hätten die militanten Gruppen 38 Leichen von der Absturzstelle nach Donezk gebracht.

In einem Telefonat mit seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow kritisierte US-Außenminister John Kerry zuletzt die Zugangsbeschränkungen für internationale Ermittler zur Absturzstelle. Kerry sei "zutiefst besorgt", dass den Experten der OSZE und anderen Ermittlern "ein angemessener Zugang" verwehrt werde, berichtete sein Ministerium. Russland müsse seinen Einfluss auf die Separatisten geltend machen.

Die Gefechte in der Ostukraine gingen auch am Samstag weiter. Nach Angaben aus Kiew brachten Armee-Einheiten die Flughäfen der Rebellenhochburgen Luhansk und Donezk wieder unter ihre Kontrolle.

kle/ml (dpa, afp, rtr)