WeWork-Pleite - das Ende des Coworkings?
7. November 2023Er hat das Coworking weltweit bekannt gemacht: Adam Neumann. 2010 gründete er WeWork und trat an, um den Mietmarkt für Unternehmen zu revolutionieren. An der Oberfläche war er erfolgreich: Neumann machte mit knackigen Slogans und aggressivem Marketing aus einem kleinen Start-up ein mit Milliarden bewertetes Unternehmen mit hunderten Niederlassungen weltweit.
Doch die Ziele blieben immer größer als das Erreichte. Schwarze Zahlen hat WeWork nie geschrieben. Investoren schossen regelmäßig Geld nach und erhofften sich das große Geschäft. Allen voran der japanische Konzern Softbank. Der stockte seinen Anteil immer weiter auf. Die Idee hinter WeWork ist, sogenannte Coworking-Spaces - also Büroräume mit gemeinsamer Infrastruktur an Start-ups, Unternehmer und Selbstständige zu vermieten. Nach jüngsten Angaben kam die Firma zuletzt auf 660 solcher Standorte in 119 Städten rund um die Welt. In Deutschland ist WeWork unter anderem in Berlin und Frankfurt präsent. Zum Höhepunkt war WeWork mit 47 Milliarden US-Dollar bewertet.
Doch zuletzt war das Unternehmen an der Börse nur noch 45 Millionen wert. Nun hat WeWork in den USA Insolvenz angemeldet, ein weiter Insolvenz-Antrag in Kanada soll folgen. Die Insolvenz soll es WeWork ermöglichen, sich aus teuren laufenden Mietverträgen herauszuwinden und sich wieder neu aufzustellen.
Für Tobias Kollewe, Präsident des Bundesverbandes Coworking Spaces (BVCS) ist WeWork ein klarer Fall von Missmanagement. An der Situation der Branche könne es nicht liegen. "Coworking ist eine Erfolgsgeschichte", so Kollewe.
Hybride Arbeit als Wachstumstreiber für Coworking
Tatsächlich läuft das Geschäft mit der kurzfristigen Vermietung von Büroräumen wieder besser. Gerade nach der Corona-Pandemie, bei der viele in der Anfangsphase nur zuhause gearbeitet haben, diversifiziert sich das Bild wieder und der Trend geht zur hybriden Arbeit: mal von Zuhause, mal im Büro oder eben auch in angemieteten Räumen. Zu diesem Schluss kommt eine CBRE-Umfrage in Europa. CBRE ist einer der weltweit führenden Anbieter von Dienstleistungen und Investitionen im Bereich Gewerbeimmobilien.
Demnach rechnen rund 60 Prozent der Unternehmen in den nächsten drei Jahren mit einer gewissen Verkleinerung ihrer Büroräume. Das sei vor allem auf die hybride Arbeitsweise zurückzuführen. Auch die Mietvertragsstrukturen verändern sich. Demnach bevorzugen 41 Prozent der Unternehmen kürzere Mietvertragslaufzeiten - auch steigt die Nachfrage nach flexiblen Arbeitsflächen, so CBRE.
"Die hybride Arbeit beschleunigt unser Wachstum auf der ganzen Welt", schreibt Mark Dixon, Gründer vom direkten WeWork Konkurrenten IWG - International Workplace Group im Jahresbericht 2022. Mit mehr als 3400 Einheiten in 120 Ländern und einem Umsatz von 2,7 Milliarden gehört IWG zu den größten Anbietern der Branche. Der Umsatz lag in den Pandemie-Jahren 2021 und 2020 noch deutlich darunter.
"WeWork hat nichts mit der momentanen Stimmung zu tun"
Das stimmt Mark Dixon mit Blick auf die Zukunft optimistisch: Die vielfältigen Vorteile der hybriden Arbeit würden auch in Zukunft bleiben. Laut dem IWG-Jahresbericht 2022 griffen sowohl Unternehmen als auch für Einzelpersonen immer häufiger auf angemietete Räumlichkeiten zurück. Auch das erste Halbjahr 2023 lief für IWG erfolgreich: "Tatsächlich haben wir in der ersten Hälfte des Jahres so viele Verträge unterzeichnet wie im gesamten Jahr 2022", schreibt Dixon in einer Pressemitteilung.
Laut Tobias Kollewe, dem Präsident des BVCS ist die Anzahl der Coworking-Spaces in Deutschland nach eigenen Umfragen um 50 Prozent gestiegen. Die Vorgänge bei WeWork hätten überhaupt nichts mit der momentanen Stimmung zu tun. Ganz im Gegenteil: "Vor allem die GenZ will wegen eines Jobs nicht mehr den Wohnort wechseln", sagt Kollewe. "Home Office am Küchentisch oder am Wohnzimmertisch - das kann keine Dauerlösung sein." Deshalb geht er von einer steigenden Nachfrage für seine Verbandsmitglieder aus.
Coworking in den USA auf dem Vormarsch
Auch Zahlen aus den USA zeigen in diese Richtung. Dort ist die Anzahl der Coworking-Spaces vom ersten zum zweiten Quartal 2023 um zehn Prozent gestiegen. Die Insolvenz von WeWork kommt daher zu einem Zeitpunkt, indem es der Branche insgesamt gut geht.
Bei vielen Experten hatte schon der rasante Aufstieg von WeWork Zweifel an der Nachhaltigkeit des Unternehmens geweckt. Der exzentrische WeWork-Gründer Neumanns hatte auf schnelles Wachstum gesetzt und anfangs vor allem durch seine rhetorischen Fähigkeiten und große Versprechen bei Investoren gepunktet. Dafür wurde er viel kritisiert und zog sich 2019 aus dem Unternehmen zurück.
Neumann, dessen Vermögen auf zwei Milliarden Dollar geschätzt wird, hatte sich kurz vor dem Insolvenzantrag nochmal zu Wort gemeldet: "Es war eine Herausforderung für mich, seit 2019 von der Seitenlinie aus zu beobachten, wie WeWork es versäumt hat, die Vorteile eines Produkts zu nutzen, das heute relevanter ist als je zuvor", sagte Neumann gegenüber dem Nachrichtensender CNBC. Doch Neumann wäre nicht der Gründer, wenn er nicht noch ein wenig Optimismus verbreiten könnte: "Ich glaube, dass WeWork mit der richtigen Strategie und dem richtigen Team durch eine Reorganisation erfolgreich sein wird". Ob im "richtigen Team" auch ein Platz für ihn selbst sein sollte, ließ Neumann offen.