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Wie aus Kohlendioxid Werkstoffe werden

18. Juli 2011

Es ist die Hoffnung von Bernhard Rieger: Polypropylencarbonat. Mit dem Kunststoff will der Chemiker zeigen, wie man CO2 sinnvoll in den Stoffkreislauf zurückführen kann. Startschuss für eine neue chemische Industrie?

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Ein Chemiker im Labor beim Experimentieren (Foto: DW)
Forschung an neuen VerbindungenBild: DW

Nach Berechnungen des renommierten Potsdamer Instituts für Klimaforschung darf der Mensch noch insgesamt 230 Gigatonnen CO2 in der Atmosphäre ablagern, wenn sich das Klima um maximal zwei Grad bis Ende des Jahrhunderts erwärmen darf. CO2-Vermeidung ist für Politiker und Wissenschaftler das Gebot der Stunde. Aber vielleicht lässt sich das Gas auch anderweitig verwenden, ohne dass es in die Atmosphäre entweicht?

Der Chemiker Bernhard Rieger (Foto: DW)
Rieger will mehr aus Kohlendioxid rausholenBild: DW

Schon lange wird CO2 als Rohstoff in der Industrie eingesetzt. So wird beispielsweise das Düngemittel Harnstoff durch den Einsatz von Kohlendioxid gewonnen. Auch für die Herstellung von Aspirin setzen die Pharmafirmen seit mehr als 100 Jahren CO2 ein. Doch mit dem Molekül lässt sich noch mehr anfangen. Davon ist der Münchner Chemieprofessor Bernhard Rieger überzeugt. Er möchte aus Kohlendioxid nützliche Werkstoffe herstellen.

Der Klimakiller wird zum Rohstoff

Den Beweis für die Vielseitigkeit des einfachen Moleküls will Rieger mit dem Kunststoff Polypropylencarbonat antreten. Er wird aus CO2 gewonnen und könnte in wenigen Jahren vom Chemieriesen BASF in industriellem Maßstab produziert werden. Die Reaktion ist seit gut 40 Jahren bekannt, aber erst jetzt ist es den Wissenschaftlern gelungen, sie zu beherrschen.

Mit den richtigen Reaktionsbeschleunigern (Katalysatoren) können die Forscher im Münchner Zentrum für CO2-Katalyse der Technischen Universität das stabile Molekül nach ihren Wünschen beeinflussen. Ob durchsichtig oder trüb, flexibel oder starr, biologisch abbaubar oder unzerstörbar: Polypropylencarbonat besteht zur Hälfte aus CO2 und soll sich als Alleskönner auf dem Kunststoffmarkt etablieren.

Aufbau einer Chemie ohne Erdöl

Fakultät für Chemie, TU München, Campus Garching (Foto: Ulrich Benz / TUM)
An der Uni München forscht RiegerBild: Ulrich Benz/TUM

Polypropylencarbonat ist der Testfall. Der Kunststoff soll zeigen, welche Potenziale der bislang als unpraktisch geltende Rohstoff Kohlendioxid besitzt. Danach sind weitere Anwendungsgebiete denkbar - bis hin zur Gewinnung des Treibstoffs Methan, der schon heute Autos auf den Straßen antreibt.

Bis es so weit ist, müssen Forscher allerdings noch zahlreiche wissenschaftliche Herausforderungen meistern. Zudem dürfte die Vision der ganz großen CO2-Chemie nur dann Wirklichkeit werden, wenn sich dafür Unternehmen und Staaten zusammenschließen. Ähnlich wie beim Wüstenstrom-Projekt Desertec. Aber das wird von allen Beteiligten einen langen Atem verlangen.

Autor: Andreas Noll
Redaktion: Nicole Scherschun