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Katarina Witt: In Sarajevo begann ihre Weltkarriere

Jasmina Rose (aus Sarajevo)
14. Februar 2024

Sie ist ein Weltstar, eine Sport-Legende, eine Eis-Diva: Katarina Witt. Ihr Durchbruch als Eiskunstläuferin begann 1984 in Sarajevo bei den Olympischen Winterspielen. Jetzt, 40 Jahre danach, war sie wieder da.

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Katarina Witt schaut nach oben bei ihrem Besuch in Sarajevo - vierzig Jahre nach ihrem Olympiagold
Katarina Witt besucht Sarajevo - vierzig Jahre nach ihrem OlympiagoldBild: DW

Sie ist eine der erfolgreichsten Sportlerinnen der Welt: Katarina Witt, zweifache Olympiasiegerin, sechsmalige Europameisterin und viermalige Weltmeisterin im Eiskunstlauf. Hier in Sarajevo begann ihre Weltkarriere bei den Olympischen Winterspielen von 1984. Und auch heute noch, vierzig Jahre später, kennt man sie in der Hauptstadt Bosnien und Herzegowinas, der Stadt, die ihr Leben verändert hat. Beim Bummel durch die Altstadt wird sie von Passanten neugierig betrachtet. Die meisten erkennen sie, Jüngere und Ältere wissen, wer sie ist. "Wenn ich heute, 40 Jahre später, nach Sarajevo komme, wird mir erst richtig bewusst, wie sich mein Leben seit diesen Olympischen Spielen verändert hat", sagt Witt im Gespräch mit der DW.

Katarina Witt in Sarajevo 40 Jahre nach dem Olympiasieg

Die frühere Eiskunstläuferin, spätere Sportkommentatorin und Unternehmerin ist auf Einladung von Bürgermeisterin Benjamina Karic nach Sarajevo gekommen, um das 40-jährige Jubiläum der Olympischen Winterspiele von 1984 zu feiern. Auf dem Programm stand neben der feierlichen Zeremonie im Nationaltheater von Sarajevo auch ein Treffen mit zwei anderen Stars der Spiele: dem Slowenen Jure Franko, der damals die Silbermedaille im Riesenslalom gewann und der kroatischen Eiskunstläuferin und Fackelträgerin Sanda Dubravcic. Außerdem stattete Witt dem Hohen Repräsentanten Christian Schmidt einen Besuch ab. Der deutsche Politiker kümmert sich im Auftrag der internationalen Staatengemeinschaft um die schwierigen politischen Belange Bosniens und überwacht die Durchsetzung des Friedensabkommens von Dayton.

Katarina Witt steht bei der Siegerehrung 1984 auf dem Siegespodest mit der Goldmedaille um den Hals und hält einen Blumenstrauß in die Höhe. Sie ist eingerahmt von der Silbermedaillengewinnerin Rosalynn Sumners (USA) und der Bronzemedaillengewinnerin Kira Ivanova (UdSSR)
Katarina Witt errang in Sarajevo 1984 die Goldmedaille. Die Amerikanerin Rosalynn Sumners wurde Zweite, die Russin Kira Ivanova DritteBild: PCN/IMAGO

Sarajevo, das war der Wendepunkt in Katarina Witts Karriere. Hier wurde die Sportlerin, die für die DDR schon zwei Europameisterschaften gewonnen hatte, einem weltweiten Publikum bekannt. "Als Athlet weiß man glücklicherweise nicht, dass bei den Olympischen Spielen wirklich die ganze Welt zuschaut", erinnert sie sich. Die Welt schaute zu und war verzaubert. Ein amerikanischer Journalist nannte sie "das schönste Gesicht des Sozialismus", ein anderer verglich sie mit dem damals bekannten amerikanischen Filmstar Brooke Shields. Jahre später traf die deutsche Eis-Diva die amerikanische Schauspielerin. "Sie kam auf mich zu und sagte: 'Wunderbar, dass ich dich endlich kennenlernen kann. Du bist wie meine Schwester.' Und es war wirklich so. Das war in der damaligen Zeit ein charmantes Kompliment, das ein bisschen gezeigt hat, dass die Grenzen zwischen Ost und West überwunden werden könnten."

Wie eine Reise in den Westen

Katarina Witt hatte 1971 als sechsjähriges Mädchen in Karl-Marx-Stadt, dem heutigen Chemnitz, mit dem Eiskunstlauf begonnen. Schnell wurde ihr Talent entdeckt und mit neun Jahren wurde sie von der Eiskunstlauftrainerin Jutta Müller in Obhut genommen. Müller war mit insgesamt 57 Medaillen die erfolgreichste Eiskunstlauftrainerin der Welt, und Katarina Witt war ihre berühmteste Schülerin.

Die Eiskunstlauftrainerin Jutta Müller umarmt ihren Schützling Katarina Witt nach deren Auftritt bei der Weltmeisterschaft in Cincinnati 1987
Katarina Witt (rechts) und ihre Trainerin Jutta Müller nach ihrem Auftritt bei der Weltmeisterschaft in Cincinnati 1987Bild: Greg Mahany/AP/picture alliance

Die Teilnahme an den Olympischen Spielen 1984 in Sarajevo war für die damals 19-Jährige wie eine "Reise in den Westen". Denn für DDR-Bürger war es praktisch unmöglich, in das westliche Ausland zu reisen. Und auch Jugoslawien, das zwar sozialistisch regiert wurde, aber nicht zum Ostblock gehörte, war für sie nicht frei zugänglich. "Wir dachten damals, dass Jugoslawien eher kapitalistisch war", berichtet sie in der Rückschau. "Wir waren irritiert und fragten uns: Ist Jugoslawien jetzt im Sozialismus oder gehört es eher zum Westen." Der Vielvölkerstaat zwischen Ost und West rückte durch die Winterspiele in das Bewusstsein der Weltöffentlichkeit.

Bilder der Belagerung von Sarajevo - herzzerreißend 

Wenige Jahre nach den Olympischen Spielen brach Jugoslawien in mehreren blutigen Kriegen auseinander. Von 1992 bis 1995 wurde Sarajevo von serbischen Truppen belagert. Die Kriegsbilder vom Leid seiner Bewohner während dieser Zeit waren für Katarina Witt "herzzerreißend". Gleiches gilt für die Zerstörung der olympischen Stätten, des Olympischen Museums und des Rathauses von Sarajevo, in dem sich die Nationalbibliothek befand. "Da wurden hunderttausende Bücher, in denen die Geschichte Bosniens aufgeschrieben war, verbrannt", sagt sie nach einem Besuch im Rathaus bei Bürgermeisterin Karic. 

Umringt von Schutz suchenden Demonstranten erwidert ein bosnischer Soldat in der bosnischen Hauptstadt Sarajevo das Feuer eines serbischen Heckenschützen
Im April 1992 begann die Belagerung Sarajevos durch serbische Milizen, die vier Jahre lang dauerteBild: picture-alliance/dpa

Nach dem Krieg besuchte die deutsche Eiskunstläuferin insgesamt dreimal Sarajevo. Das letzte Mal, vor zehn Jahren, startete sie mit ihrer Katarina Witt-Stiftung mehrere Projekte zur Unterstützung von Kindern mit körperlichen Beeinträchtigungen. Darunter ist auch das inklusive Fußballprojekt "Respect", bei dem behinderte und nichtbehinderte Kinder miteinander Fußball spielen und Ski fahren. "Für diese Kinder ist es sehr wichtig, dass sie Inklusion verspüren, indem sie den Sport betreiben, den sie gerne ausüben wollen, obwohl sie eine Beeinträchtigung haben", so Witt.

Olympische Jugend-Winterspiele 2032 - noch einmal Sarajevo? 

Bei ihrem Spaziergang durch die Stadt stößt Katarina Witt auf Erinnerungen an Gavrilo Princip, den bosnischen Serben, der im Jahr 1914 den österreichischen Thronfolger Franz Ferdinand und seine Frau Sofia erschoss, was den Ersten Weltkrieg auslöste. Und auf dem Basar von Sarajevo findet sie unter den Souvenirs auch das Wölfchen Vucko, das Maskottchen der Winterspiele von 1984. Sie freut sich über die Pläne der Stadt Sarajevo, sich für die Ausrichtung der Olympischen Jugend-Winterspiele 2032 zu bewerben. Dann könnten die im Krieg zerstörten olympischen Stätten wiederaufgebaut und genutzt werden. Heute sind sie zwischen den zwei Entitäten des Staates, der Föderation Bosnien und Herzegowina und der Republika Srpska geteilt.

Ein orangefarbener Bob in der S-Kurve der Bobbahn von Sarajevo während des Trainings am 7. Februar 1984
Die berühmte Bobbahn von Sarajevo wurde im Krieg zerstört und inzwischen zum Teil wieder aufgebaut Bild: Frank Leonhardt/picture alliance

Für viele ist das ein Spiegelbild der schweren politischen Krise und ungelösten Probleme des Landes. Doch Katarina Witt glaubt an die Zukunft von Sarajevo. "Dieser Spirit, der hier herrscht, und dieser Optimismus und Zusammenhalt, den man trotz allem hier spürt, geben einem ganz viel Motivation, dass die Stadt eine tolle gemeinsame Zukunft vor sich hat."

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Jasmina Rose Redakteurin, Autorin, Reporterin