Wie Dirk Meissner Kunst und Humor versöhnt
14. Juli 2019Beflissene Galeristen, gelangweilte Künstler, aufgetakeltes Publikum - die Ausstellungs-Vernissage könnte wieder einmal nicht steifer sein. Dirk Meissner aber gewinnt dem Kunstbetrieb einige Komik ab. So entdeckt er etwa die kleine Spinne, die sich während der bedeutungsschwer vorgetragenen, unverständlichen Eröffnungsrede vor aller Augen über dem Kopf des Redners abzuseilen beginnt. Ein gefundenes Fressen für den Kölner Maler, Cartoonisten und Karikaturisten.
Mit seinem gerade erschienenen Cartoonband "Sagen Sie jetzt nicht, das ist Kunst" hält Meissner der Kunstwelt den Spiegel vor - und reizt damit die Lachmuskeln. So sehr, dass jetzt ein erstes deutsches Museum zugreift und Meissners Arbeiten in einer großen Einzelschau präsentiert.
Die Kunst selbst stellt Meissner nicht infrage
Das "Museum gegenstandsfreier Kunst" in Otterndorf bei Hamburg ist eigentlich auf abstrakte Kunst spezialisiert. Genau dort treten Meissners Arbeiten knapp vier Wochen lang in Dialog mit Kunstwerken der Museumssammlung. "Meissner lädt ein, Kunst mit anderen Augen zu sehen", sagt Museumsleiterin Ulrike Schick im DW-Interview, "er weckt so die Neugier auf Künstler, ihre Werke oder den Kunstmarkt."
Meissner kennt sich natürlich aus mit Kunst und Kunstgeschichte. Er weiß um Sachverhalte und Interna, jedoch ohne sein Wissen zu zelebrieren. Er ist ironisch, verfällt aber nicht in spöttelnden Sarkasmus. Er stellt infrage, ohne die Kunst in ihrer Genialität zu hinterfragen. Und was macht das mit den Kunstbetrachtern?
Humorvolle Beobachtungen
Viele Beobachter finden sich in Meissners Protagonisten wieder - etwa in diesem Cartoon: Beim Ausstellungsrundgang stoppt die junge Führerin unter einem schmucklosen schwarzen Quadrat, das an Malewitsch erinnert. Ihre Erläuterung: "Es gibt immer wieder Versuche, den Humor in die Kunst zu integrieren. Dieses Bild zum Beispiel steht auf dem Kopf!" In einem anderen Cartoon trifft ein Pärchen auf ein zweites. Der Arm eines Mannes ist verbunden. Seine Frau erzählt munter: "Wir waren in einer Uecker-Ausstellung. Und danach meinte mein Mann: Das kann ich auch!"
Schon während seines Volkswirtschaftsstudiums in Köln Anfang der 1990er Jahre veröffentlichte Meissner Cartoons, anfangs vor allem aus der Arbeitswelt. Anschließend begann er, hauptberuflich als Zeichner und Karikaturist zu arbeiten.
International ausgezeichnet
Seine Cartoons werden seither regelmäßig in der Süddeutschen Zeitung veröffentlicht. 1995 brachte Meissner sie zum ersten Mal in Buchform heraus, im Jahr darauf gewann er den Karikaturenwettbewerb der Tageszeitung "Frankfurter Rundschau". Es erschienen mehrere Bücher, Kalender und Cartoonserien aus Meissners Feder. Er erhielt dafür etliche internationale Auszeichnungen.
Die Ausstellung "Dirk Meissner - Sagen Sie jetzt nicht, das ist Kunst… Cartoons" ist vom 14. Juli bis 8. September im Museum gegenstandsfreier Kunst im niedersächsischen Otterndorf zu sehen. Das Cartoonbuch erscheint am 1. August 2019 im Berliner Schaltzeit-Verlag.