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Euro Hawk trudelt

Mathias Bölinger22. Mai 2013

Die Aufklärungsdrohne Euro Hawk ist zum Millionengrab geworden. In der vergangenen Woche hat das Verteidigungsministerium das Projekt gestoppt. Dabei waren die Probleme schon länger bekannt. Ein Rückblick.

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Prototyp des Euro-Hawk auf dem Luftwaffenstützpunkt Jagel (Bild: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Noch im Dezember des vergangenen Jahres klangen die deutschen Vertreter zuversichtlich. "Das Projekt hat einen Reifegrad erreicht, der die bedingte Integration des Euro Hawk in den Luftraum zulässt", erklärte die deutsche Delegation auf einem Kongress der internationalen Luftfahrtorganisation in Montreal. Drei Monate später war der Thomas Kossendey, der Staatssekretär im Verteidigungsministerium, gar nicht mehr so überzeugt. "Derzeit wird abschließend geprüft, ob eine Beschaffung der Serie Euro Hawk vor dem Hintergrund der Zulassungsproblematik zu rechtfertigen ist", schrieb Kossendey auf eine Anfrage der Sozialdemokraten im Bundestag. Jetzt verkündete das Verteidigungsministerium das Ende des Drohnenprojekts. Bisherige Kosten: etwa 600 Millionen Euro.

Laut Medienberichten hatte die Europäische Luftfahrtbehörde (EASA) angekündigt, die Drohne nicht für den Flug über bewohntem Gebiet zuzulassen, weil sie kein zertifiziertes Antikollisionssystem besitzt. Das Problem ist schon lange bekannt. Seit Beginn des Jahrtausends war an dem Euro-Hawk gearbeitet worden. Im Jahr 2004 warnte ein Mitarbeiter des Luftfahrtkonzerns EADS, dass insbesondere während des Starts und der Landung ein Kollisionsschutzsystem nötig sein würde. Zwar fliegen die Drohnen auf einer Höhe von 20.000 Metern etwa doppelt so hoch wie der zivile Luftverkehr. Vor allem während der Landung und dem Start könne es aber zu gefährlichen Situationen kommen, heißt es in der Präsentation, die noch immer im Internet zu finden ist. Dann durchquert der Euro Hawk den dicht beflogenen Luftraum der Passagierflugzeuge. Ein entgegenkommender Pilot, so heißt es in der Präsentation, habe "keine Chance, eine Kollision zu vermeiden."

Die US-Drohe Global Hawk (Bild: dpa)
Die US-Drohne Global Hawk, Ausgangsmodell für die deutsche AufklärungsdrohneBild: picture alliance/dpa

Laut einem Artikel in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung vom vergangenen Wochenende hat die wehrtechnische Dienststelle 61 (WTD 61) der Bundeswehr, die für die Zulassung von Neuanschaffungen zuständig ist, ebenfalls 2004 auf dieses Problem hingewiesen. Dennoch schloss das Verteidiungsministerium 2007 einen Vertrag mit EADS und dem amerikanischen Konzern Northrop Grumman über der Entwicklung des Euro Hawk. Die deutsche Drohne beruht auf dem amerikanischen Modell Global Hawk. Ein automatisches Ausweichsystem ("Detect-And-Avoid") ist darin nicht vorgesehen, für die Flugsicherheit ist das Kontrollzentrum am Boden zuständig. 2011 wurde der erste Testflug von Amerika bis ins bayerische Marching absolviert. Die Drohne verlor dabei für einige Minuten den Funkkontakt zur Bodenstation - ein Ereignis, das die Kritik an dem fehlenden Sicherheitssystem zu bestätigen scheint.

"Für den Euro Hawk gelten Sicherheitsstandards, die denen der bemannten Luftfahrt entsprechen", wurde der Leiter der WTD 61, Wolfgang Staiger, trotzdem in einem Artikel des Bundeswehrmagazins Luftwaffe.de zitiert. Und auf der Luftfahrtkonferenz in Montreal im Dezember 2012 bekräftigte die deutsche Delegation noch einmal: "Das Fehlen einer zusätzlichen Detect-and-Avoid-Kapazität erscheint akzeptabel." Inzwischen hat das Verteidigungsministerium eingeräumt, dass es seit 2011 von den Problemen mit der Zulassung wusste.

Es scheint aber noch andere Ursachen dafür zu geben, dass das Verteidigungsministerium das Projekt inzwischen gestoppt hat. Offenbar geht das Ministerium davon aus, dass die Daten, die der amerikanische Hersteller übermittelt hat, nicht für eine europäische Zulassung ausreichen. Ein Teil der technischen Daten solcher Rüstungsprojekte unterliegt immer der Geheimhaltung. In diesem Fall fehlen offenbar Angaben, die die Luftfahrtbehörde für nötig erachtet. Sie in Tests zu ermitteln würde die Bundeswehr wohl mehrere Hundert Millionen Euro kosten. "Es ist zutreffend, dass zum Erwirken einer Muster- und Verkehrszulassung für die Eurohawk-Serie mögliche, nicht unerhebliche Mehrkosten identifiziert wurden", heißt es in dem Schreiben von Staatssekretär Kossendey im März. Weitere Einzelheiten sind aus dem Ministerium derzeit nicht zu erfahren. Ein Sprecher vertröstet Anrufer auf den 5. Juni. Dann muss der Verteidigungsminister vor dem Verteidigungsausschuss Stellung beziehen.

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Die NATO, die ebenfalls eine Aufklärungsdrohne auf der Basis des amerikanischen Global Hawk entwickelt, hat mitteilen lassen, das Euro-Hawk-Fiasko betreffe sie nicht. Das Nato-Programm beruhe "auf dem Kauf eines bestehenden einsatzfähigen Systems von der Stange", sagte ein NATO-Beamter in Brüssel. Wie das Verteidigungsbündnis die europäische Luftfahrtbehörde von ihren Plänen überzeugen will, teilte der Beamte nicht mit.