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Wie der Westen den Umbruch in Ägypten sieht

Diana Hodali15. Juli 2013

Mursis Islamisten regieren nicht mehr. Das freut die einen und ärgert die anderen - eine einheitliche Linie hat der Westen aber noch nicht gefunden. Wieviel Einfluss hat er überhaupt in Ägypten?

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Demonstranten in Ägypten (Foto: GettyImages)
Demonstranten in ÄgyptenBild: Getty Images

Nach dem Sturz von Ägyptens Präsident Mohammed Mursi waren sich die israelischen Medien schnell einig: Es handele sich um einen Militärputsch. Doch die viel größere Sorge der israelischen Regierung war, dass auch die US-Regierung zu diesem Schluss kommen könnte. Hätte man die Absetzung Mursis in Washington ebenfalls zu einem Putsch erklärt, hätten die USA ihre Militärhilfe für Ägypten von 1,3 Milliarden US-Dollar stoppen müssen. "Ein amerikanisches Gesetz aus dem Jahr 1961 verbietet, ein Militär mit Geld zu unterstützen, das eine demokratisch gewählte Regierung weggeputscht hat", sagt Volker Perthes, Direktor der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) in Berlin.

Der Einfluss der USA auf das Militär in Ägypten

Seit der Unterzeichnung des Friedensvertrags zwischen Israel und Ägypten 1979 überweist die US-Regierung Geld an das ägyptische Militär. In Jerusalem befürchtete man, dass ein Einfrieren der amerikanischen Hilfe negative Auswirkungen auf die Einhaltung des Friedensvertrags durch Ägypten und auf die Sicherheit Israels haben könnte. Doch die US-Regierung hat gerade erst verkündet, dass F-16 Flugzeuge nach Ägypten wie geplant geliefert werden sollen - bereits im August. Dabei hätte eine zögerliche Haltung der USA bezüglich der Lieferungen oder eine Verknüpfung der Lieferung an Bedingungen für Neuwahlen zumindest ein "verärgertes Nachdenken der Militärs nach sich gezogen", so Nahost-Experte Volker Perthes im Gespräch mit der Deutschen Welle. Denn die Ägypter seien immer daran interessiert, die neue Technologie zu bekommen.

Pro-Mursi-Proteste in Kairo REUTERS/Louafi Larbi (EGYPT - Tags: CIVIL UNREST POLITICS RELIGION)
Pro-Mursi-Proteste in KairoBild: Reuters

Die US-Regierung vermied es bisher, klar Stellung zu der Absetzung Mursis zu beziehen. An den Tagen vor seinem Sturz hatten seine Gegner den US-Botschafter in Kairo dafür kritisiert, dass er die Regierung Mursi als demokratisch legitimiert eingestuft hatte. So verkündete das US-Außenministerium jüngst in einer Stellungnahme vom 10. Juli 2013, "dass Demokratie mehr ist als das Gewinnen von Wahlen". Gleichzeitig hat die US-Regierung Ägyptens Streitkräfte aufgefordert, die willkürlichen Festnahmen von Mitgliedern der islamistischen Muslimbruderschaft zu beenden.

Deutschland fordert Mursis Freilassung

Mursi als Redner in Berlin beim Bundestag (Foto: Imago)
Im Januar 2012 war Mursi zu Gast in BerlinBild: Imago

Der Westen hofft, dass sich das Militär zurückhält. Sowohl Washington als auch Berlin haben Sorge davor, dass es zu Massenverhaftungen kommt, zu Folter und Tötungen von Seiten des Militärs. Berlin ist alarmiert. Bundesaußenminister Guido Westerwelle sprach an den Tagen nach der Entmachtung von einem "schweren Rückschlag für die Demokratie", mahnte Gewaltlosigkeit an und plädierte dafür, "schnellstmöglich zur verfassungsmäßigen Ordnung" zurückzukehren. "Keine gesellschaftliche Gruppe darf ausgeschlossen werden", lautet eine seiner Kernbotschaften. Denn das Militär fahndet nach führenden Köpfen der Muslimbrüder, um sie zu inhaftieren. Am Freitag (12.07.2013) forderte der Bundesaußenminister Freiheit für den gestürzten ägyptischen Präsidenten Mohammed Mursi, der seit seiner Entmachtung auf dem Gelände der Republikanischen Garde festgehalten wird. Jede Form der politischen Verfolgung sei für die Zukunft Ägyptens außerordentlich schädlich, sagte Westerwelles Sprecher Martin Schäfer in Berlin.

Entwicklungshilfe in Ägypten weiterführen

Seit der Machtübernahme des Militärs steht die westliche Außenpolitik vor neuen Herausforderungen. Ob die diplomatischen Appelle tatsächlich eine beschwichtigende Wirkung auf das Militär haben, bezweifelt Ruprecht Polenz. "Die Einflussmöglichkeiten von Außen, jedenfalls die, die Deutschland und Europa zur Verfügung stehen, sind vergleichsweise begrenzt", sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestags im Gespräch mit der Deutschen Welle. Der CDU-Politiker spricht sich für eine Weiterführung deutscher Entwicklungsprojekte in Ägypten aus, da diese vor allem im Bereich der Trinkwasserverbesserung, Gesundheitsvorsorge und im Bildungsbereich angesiedelt seien.

Dennoch gelte es erst einmal, die Ereignisse abzuwarten. Sollte sich die Situation in Ägypten weiter radikalisieren - bei Zusammenstößen zwischen Militär und Muslimbrüdern sind bereits mehr als 51 Menschen getötet worden - könnte es dazu kommen, dass "Wirtschafts- und Entwicklungshilfe der Bundesregierung vorerst zurückgehalten oder ihre Auszahlung konditioniert wird", sagt Volker Perthes. "Das Volk sollte nicht dafür bestraft werden, dass das Militär den Präsidenten weggeputscht hat", so der Nahost-Experte weiter. Er ist aber davon überzeugt, dass die Entwicklungshilfegelder kein Druckmittel sind. Die Bundesregierung sagte Ägypten Ende 2012 zwar 385 Millionen Euro zu. Doch die reichen Golfstaaten hätten bereits fünf Milliarden Dollar Hilfe in Aussicht gestellt: "Das steht in keinem Verhältnis zu den Geldern aus Deutschland."