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Politik

Wie gefährlich ist Urlaub in Mexiko?

12. Januar 2018

Die jüngsten Reisewarnungen der USA für Touristen in Mexiko lösen Verwirrung und Kritik aus. Sie sind weniger realistische Einschätzung als Resultat politischen Drucks. Sandra Weiss aus Puebla, Mexiko.

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Mexiko, Menschen am Strand von Acapulco
Malerisch: Menschen am Strand von AcapulcoBild: picture alliance / blickwinkel/imagesandstories

Über Urlaub in Mexiko gehen die Auffassungen auseinander und die Debatte über die Sicherheit von Touristen nimmt manchmal skurrile Züge an. Jüngstes Beispiel sind die aktuellen Reiseempfehlungen der US-Regierung. "Keine Reisewarnung mehr für die wichtigsten Touristenorte", fasste "Forbes Mexico" sie zusammen, und Tourismusminister Enrique de la Madrid jubelte: "80 Prozent aller Reiseziele in Mexiko sind sicher." Gleichzeitig schrieb "El Diario de Yucatán": "Fünf Bundesstaaten auf der schwarzen Liste." Was also gilt?

Eigentlich sollte das neue Reisewarnsystem der US-Regierung die Information für die Öffentlichkeit vereinfachen. Es unterteilt Länder und Regionen in vier farblich voneinander abgehobene Stufen. Sie reichen von eins ("bedenkenlos") bis vier ("von einer Reise wird dringend abgeraten"). Alles in allem erhält Mexiko - wo im vergangenen Jahr 23.000 Menschen ermordet wurden - die gleiche Wertung wie Deutschland, nämlich Stufe zwei: "Reisen ja, aber unter bestimmten Sicherheitsvorkehrungen". Allein schon dieser Vergleich zeigt, wie kompliziert solche Wertungen in der Praxis sind - zumal wenn Politik und Wirtschaftsinteressen dabei mitmischen.

Reisen in Mexiko - "ja, aber..."

Laut der vom US-Außenministerium herausgegebenen Liste ist die Situation in fünf mexikanischen Bundesstaaten (Tamaulipas, Sinaloa, Colima, Michoacán und Guerrero) wegen der dort aktiven Drogenkartelle mit der Lage in Syrien oder Afghanistan vergleichbar. Weitere elf Staaten stehen demnach auf Stufe drei ("Reise überdenken") - der gleichen Stufe wie Russland und Staaten mit den höchsten Mordraten Lateinamerikas wie El Salvador und Venezuela - aber auch wie Kuba, das tatsächlich eines der sichersten und friedlichsten Länder Lateinamerikas ist.

Mexiko | Acht Kartellmirglieder bei Schusswechsel in Mexiko-Stadt getötet
Von Polizeieinsätzen gegen Drogenkartelle in Mexiko bekommen Touristen nicht unbedingt etwas mitBild: picture alliance/ZUMAPRESS/J.-C. Reyes

Ausgenommen von der Reisewarnung in Mexiko sind klassische Touristenziele wie Los Cabos in Baja California oder das Karibikparadies Cancún - obwohl gerade dort in den vergangenen Monaten ein blutiger Kampf der Kartelle um die Vorherrschaft tobt. In Baja California verdreifachte sich die Mordrate 2017. In Acapulco, das im Bundesstaat Guerrero liegt und damit No-Go-Area ist, sank die Mordrate hingegen um 50 Prozent, weshalb die "unilaterale Wertung der USA ungerecht" sei, beklagte sich der dortige Bürgermeister, Evodio Velásquez: "In den vergangenen zwei Jahren wurde hier kein einziger Ausländer Opfer einer Straftat."

Druck der Touristikunternehmen aus den USA

Noch im August hatte die US-Regierung für Ferienorte wie Los Cabos und die Riviera Maya einschließlich Cancún eine Reisewarnung herausgegeben. Hotelverbände hatten sich daraufhin bitter über den Imageschaden beklagt. Laut Tourismusministerium waren die Reservierungen von US-amerikanischen Gästen um 20 Prozent gesunken. Der Minister wurde deshalb persönlich in Washington und bei der US-Botschafterin in Mexiko vorstellig. Außerdem hätten vermutlich Hotelketten und Fluglinien aus den USA darauf gedrängt, dass die wichtigsten Reiseziele wieder grünes Licht erhielten, so Sicherheitsexperte Alejandro Hope gegenüber der DW.

Mexiko: Roadtrip nach Huasteca

Für Mexiko ist der Tourismus mit 16 Milliarden US-Dollar im Jahr der drittwichtigste Devisenbringer des Landes, nach Autoexporten und Überweisungen ausgewanderter Mexikaner.

Trotz der aufgeheizten Debatte müssen sich offenbar weder Urlauber noch Touristikunternehmen Sorgen machen. "Alles in allem sind Ausländer in Mexiko sicher", stellt Hope klar. "2017 wurden nur 150 Ausländer ermordet, und die meisten davon waren nicht Urlauber, sondern lebten in Mexiko." Die Gewaltspirale ließe sich zwar nicht so schnell eindämmen, glaubt der Sicherheitsexperte, denn "dahinter steckt ein komplexes Gemisch aus institutionellem Versagen und sozialer Schieflage".

Doch die Feriengäste scheinen sich davon wenig abschrecken zu lassen. 2017 war mit 38 Millionen Besuchern und einem Plus von 12 Prozent bei den ausländischen Gästen ein Rekordjahr. Seit 2012 ist der Tourismussektor Mexikos um 70 Prozent gewachsen.