Wie Japans Kunst Geschichten erzählt
Narrative Kunst aus Japan ist vielfältig und oft schaurig-spannend. Europäische Museen haben nun ihre Stücke für eine große Schau zur Verfügung gestellt.
Wimmelbilder aus fernöstlicher Kultur
Der Begriff "Narrative Kunst" klingt sperrig, aber es steckt was Schönes dahinter: Bilder, die Geschichten erzählen. Mal kleinteilig wie ein "Wimmelbild" im Kinderbuch, auf dem viel zu entdecken ist, mal ist es nur eine Figur oder Szene. Die Ausstellung "Liebe, Kriege, Festlichkeiten: Japans narrative Kunst" im Museum Rietberg (Schweiz) zeigt Werke aus dem 13. bis 20. Jahrhundert.
Uralte Geschichten neu erzählt
Die Geschichten von Ise sind eine über 1000 Jahre alte Textsammlung unbekannter Autoren. In Japan gelten sie als Grundlage der späteren japanischen Literatur. Auch in der Kunst werden die Texte oft zitiert und gar parodiert. Wie diese Szene aus der Episode "Der Fluss Akuta" auf einer Hängerolle, die um 1801 bis 1806 entstanden ist. Kitagawa Utamaro zählt zu den bedeutendsten Künstlern dieser Zeit.
Die Kriege der Vergangenheit
Dieser Stellschirm hat sechs Seiten und ist etwa 1,70 Meter hoch. Auf ihm sind Szenen aus einem der vielen Kriege dargestellt, die Japan bis zum Beginn des 17. Jahrhunderts erschütterten. "Die Schlacht von Ichinotani" ist in Friedenszeiten entstanden: Ab 1603 regiert der Shogun das Land und befriedet es; es ist der Beginn der Edo-Zeit, in der die Kultur Japans aufblüht.
Taucherin in Gefahr
Edo ist der alte Name der japanischen Hauptstadt Tokio. In der Edo-Zeit (1603 - 1867) kapselten die Shogune Japan ab und das Land blühte kulturell auf. Denn im Gegensatz zu den damals geltenden strengen gesellschaftlichen Benimm-Regeln war die Kunst relativ frei und zeigte sogar Bilder aus der Halbwelt. Dieses Triptychon von Utagawa Kuniyoshi zeigt "Die junge Taucherin von Shido".
Die Geschichte des Prinzen Genji
Diese Geschichte aus dem 11. Jahrhundert gilt als erster von einer Frau geschriebenen Romane der Welt. Der hübsche Sohn des Kaisers und eine seiner Nebenfrauen ist den Intrigen am Kaiserhof ausgeliefert. Er flüchtet sich in Affären, geht freiwillig ins Exil, kehrt wieder zurück, bekleidet Staatsämter und hat zahlreiche Geliebte. Kein literarisches Werk aus Japan wurde so oft illustriert.
Zug der Dämonen
Diese Zeichnung von Sumiyoshi Hirotsura aus Tusche und Farben findet sich auf einer fast 15 Meter langen Papierrolle, die allerdings nur etwa 40 cm hoch ist. Das Detail zeigt einen Ausschnitt aus den "Bildern aus dem Land der zehntausend Dämonen", entstanden in der Mitte des 19. Jahrhunderts, gegen Ende der Edo-Zeit.
Und noch mehr Dämonen
In dieser Zeit standen Dämonen und Horrorgeschichten in Japan ganz hoch im Kurs. Im Theater grollte und zischte es - und auch in der Kunst: Utagawa Kuniyoshis Triptychon zeigt ein wahres Panoptikum, das auch ein wenig an die gruseligen Szenen des niederländischen Malers Hieronymus Bosch erinnert: "Die Erdspinne beschwört in der Residenz von Minamoto no Raikō Dämonen herauf" (1843).
Musikunterricht auf dem Berg
Das Inrō, eine Gürteltasche aus Holz, diente zur Aufbewahrung von Medizin, Münzen oder auch Botschaften. Es besteht aus mehreren übereinander gestapelten Einzelgefäßen, die zusammengesteckt werden. Dieses Inrō ist sehr aufwändig gearbeitet mit einer feinen Lackiertechnik aus Gold- und Silberpartikeln und zeigt eine Szene in den Bergen, entstanden im späten 19. Jahrhundert.
Schädel im Garten
Tsukioka Yoshitoshi war einer der letzten Vertreter des japanischen Farbholzschnitts. Wie viele andere Japaner war auch er am Ende des Shogunats an Dingen und Entwicklungen aus der übrigen Welt interessiert, sorgte sich aber mit der Zeit zunehmend über den Verlust japanischer Traditionen. Er schuf gerne grausige Szenen: "Taira no Kiyomori sieht die Schädel seiner Feinde im verschneiten Garten".