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Wie Medien bilden - und bilden können

Gönna Ketels26. Juni 2012

Informationsflut auf der einen Seite, kein Zugang auf der anderen: die globalisierte Medienwelt birgt unterschiedliche Herausforderungen. In Bonn diskutieren Experten über Medien und Bildung.

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Jugendlicher vor einem Bildschirm (Foto: lassedesignen)
Bild: lassedesignen/Fotolia

"Bildung ist das, was übrig bleibt, wenn man all das, was man in der Schule gelernt hat, vergisst", zitiert ein Diskussionsteilnehmer Albert Einstein. Wäre Einstein heute beim Global Media Forum in Bonn dabei, dann würde er es vielleicht ergänzen zu "...in der Schule und in den Medien". Denn egal ob Sender mit Bildungsauftrag oder reines Unterhaltungsprogramm, Medien prägen die Weltsicht ihrer Konsumenten, darüber sind sich alle Teilnehmer einig. Kultur, Bildung und Medien stehen im Mittelpunkt der Konferenz, zu der 1800 Medienschaffende und Bildungsexperten aus der ganzen Welt bis zum 27.06.2012 erwartet werden.

Bildung – eine Aufgabe für die Medien?

Bei den internationalen Gästen der Konferenz sorgt die Frage für Diskussionsstoff, ob und wie Medien Bildung vermitteln sollen. "Bei uns sehen gerade die Kinder sehr viel fern. Deswegen ist es wichtig, dass das Fernsehen auch Lerninhalte sendet", findet Aulidya Habibah aus Indonesien. Philani Mthembu aus Südafrika meint dagegen, die Medien sollten Informationen vermitteln, aber ansonsten vor allem Raum dafür bieten, sich eine eigene Meinung zu bilden. Kelly Pasek aus den USA vermisst in den Medien ihrer Heimat eine Kultur der Information: "In Amerika brauchen wir einen Wandel weg von Popkultur- und Modethemen hin zu Inhalten, die uns Zusammenhänge erklären."

Auch unter den Experten gehen die Meinungen auseinander. Trevor Ncube, Herausgeber mehrerer Zeitungen im südlichen Afrika und Vertreter der Commonwealth Press Union, stellt den Bildungsauftrag der Medien komplett in Frage: "Ich sehe einen sehr schmalen Grat zwischen Bildung und Propaganda. Es ist problematisch zu glauben, wir könnten Menschen unterrichten, obwohl unser Publikum oft gebildeter ist als wir selbst."

Travor Ncube, stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender des Mail and Guardian, Südafrika (Foto: DW)
Travor Ncube vom "Mail and Guardian" aus SüdafrikaBild: DW/K. Danetzki

Wer mitreden will, muss Zugang haben

Inhalte direkt vor Ort entwickeln und Menschen die Möglichkeit zu geben, Medien mit zu gestalten – für viele auf dem Global Media Forum ist das der Schlüssel zur Bildung durch Medien. Die Kommunikationswissenschaftlerin Kanchan Malik stellt indische Lokalradios als erfolgreiches Beispiel vor. Diese Radiosender werden meist mit der Hilfe gemeinnütziger Organisationen ins Leben gerufen und finanziert. Überall dort, so Malik, wo die Bürger vor Ort gleichberechtigt in die redaktionelle Arbeit eingebunden seien, würden die kleinen Radiosender zu einem Übungsraum für politische und gesellschaftliche Teilhabe.

Der erste Schritt zur Partizipation an Medien ist allerdings der Zugang zu ihnen. Die technischen Möglichkeiten entwickeln sich zwar rasend schnell, sie stehen aber nicht allen zur Verfügung. Vor allem in westlichen Ländern haben viele Menschen durch mobiles Internet, Smartphones und Tabletcomputer ständigen Zugang zu Informationen. Vladimir Bratic, Medienwissenschaftler an der amerikanischen Hollins University, erklärt: "Wir verbringen acht bis zehn Stunden täglich in einem mediatisierten Umfeld. Wir verbringen mehr Zeit mit Medien als mit Schlafen." In dieser Situation fühlten sich Menschen von Informationen regelrecht erschlagen und die Frage sei, wie man mit der Fülle an Nachrichten umgehe.

Smartphone mit geöffneter "Tagesschau"-App
Infos schnell und fast überall - aber nicht für alleBild: dapd

Informationen nicht nur wahrnehmen, sondern auch verstehen

In Entwicklungsländern haben dagegen immer noch wenige Menschen Zugang zum Internet, trotz der zunehmenden Verbreitung von Mobilfunk-basiertem Internet, bestätigt Geraldine de Bastion, Projektmanagerin für Entwicklungszusammenarbeit und neue Medien aus Deutschland. Gerade ein Internetzugang sei in Ländern mit autoritär geprägten Bildungssystemen aber besonders wichtig um selbständig an Informationen zu gelangen.

"Ich lese Zeitung nicht, um mich zu informieren, sondern um herauszufinden, wie sie mich reinlegen wollen", scherzt der deutsche Wissenschaftler Franz Josef Radermacher. Allerdings würden Millionen Menschen tatsächlich darauf reinfallen. Informationen müssen Menschen nicht nur erreichen, sie müssen sie auch verstehen und einordnen können. Das Schlagwort "Medienkompetenz", also die Fähigkeit, neben dem Inhalt auch die Herkunft und Absicht einer Nachricht zu begreifen, nennen viele Experten auf dem Global Media Forum als wichtigste Voraussetzung, um für den Umgang mit den international sehr unterschiedlichen Medienlandschaften gewappnet zu sein.

Prof. Franz Josef Radermacher beim Deutsche Welle Global MEdia Forum 2012
Franz Josef Radermacher von der Uni UlmBild: DW/K. Danetzki