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Wie sich das Diesel-Problem lösen ließe

Ferdinand Dudenhöffer
7. August 2017

Der Dieselmotor ist schwer in Verruf gekommen. Doch wie könnte eine Lösung für das Diesel-Problem aussehen? Der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer plädiert für einen fairen, einfachen und nachhaltigen Ansatz.

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Bild: picture-alliance/dpa/F. Gentsch

Weder beim Diesel-Gipfel, noch von den Politikern, noch von den Autobauern liegt bisher ein tragfähiger Vorschlag zur Lösung des Diesel-Problems auf dem Tisch. Dabei hatte der bayrische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) das Ziel klar definiert: Wir brauchen saubere Luft in den Städten UND den Diesel-Pkw. Wenn man eine Lösung sucht, so sollte sie - um umsetzbar zu sein - folgende Bedingungen erfüllen:

1. Der Steuerzahler allgemein sollte nicht belastet werden.

2. Die Dieselbesitzer werden nicht direkt mit Umrüstkosten bei Hardware belastet.

3. Die Autobauer übernehmen keine zusätzlichen finanziellen Lasten einer Umrüstung.

4. Die Städte sollten saubere Luft erhalten - sprich die Grenzwerte erreichbar werden.

5. Wir sollten den Diesel-Besitzern auch anschließend die Möglichkeit geben, weiter mit sauberen Pkw-Dieseln fahren zu können, aber keine Sonderbehandlung mehr bei der Steuer zugestehen.

6. Der Diesel soll nicht länger gegenüber dem Benziner steuerlich bevorteilt werden.

Ferdinand Dudenhöffer
Ferdinand DudenhöfferBild: Imago/J. Schwarz

Lösungsvorschlag

Wir können diese Bedingungen erfüllen, wenn wir folgenden Lösungsvorschlag umsetzen:

1. Jeder Fahrer von Diesel-Pkw in Deutschland erhält einen Gutschein in Höhe von 2000 Euro, um Hardware-Umrüstungen bei seinem Fahrzeug durchführen zu lassen. Der Gutschein wird nur ausgezahlt, wenn die Umrüstung tatsächlich durchgeführt wurde. Der Gutschein wird vom Bundesfinanzministerium finanziert/bezahlt. Der Gutschein kann auch dann eingelöst werden, wenn das Altauto verschrottet wird.

2. Bei der Umrüstung muss ein SCR-Kat installiert werden.

3. Die Autobauer erteilen den Anbietern von Umrüst-Kits die Freigabe der Umrüstung.

4. Finanziert wird die Maßnahme dadurch, dass der Dieselkraftstoff ab sofort wie der Ottokraftstoff besteuert wird und gleichzeitig die Kfz-Steuer beim Diesel exakt wie beim Benziner ist.

5. Wer nicht umrüstet, darf in Zukunft mit seinem Diesel nicht mehr in Großstädte fahren. Es gibt eine "Rote Karte" in Form der blauen Plakette. Für die Umrüstung wird eine Karenzzeit vereinbart.

Durch die Gleichheit der Besteuerung von Otto- und Dieselantrieb stellen wir gleichzeitig die Weichen für den besseren Übergang in die Elektromobilität, da der scheinbare Vorteil von Dieselkraftstoff nicht länger gilt. Gleichzeitig bezahlen die Diesel-Besitzer eine niedrigere Kfz-Steuer, analog zu Besitzern von Benzinern - also ein fairer Vorschlag. Mit unserem Vorschlag würden alle Diesel-Besitzer mit den Kosten ihrer unsauberen Diesel belastet, es gilt also das Verursacherprinzip. Nicht der Steuerzahler haftet, sondern der Verursacher, in unserem Falle der Besitzer des Diesel-Pkw.

Wir alle sind Gewinner

Mit dem Vorschlag wäre es möglich, alle Schmutzdiesel in den Städten von der Straße zu holen bzw. umzurüsten. Die staatliche Prämie ließe sich sehr einfach durch Steuermehreinnahmen finanzieren, und zwar von den Pkw-Diesel-Besitzern. Dabei würden Diesel-Besitzer nicht benachteiligt, sondern nur gleichgestellt. Gleichzeitig erlaubt der Vorschlag, Gelder zur Finanzierung eines deutlich besseren öffentlichen Nahverkehrs zu generieren. Also genau das, was mit dem Plan des Verkehrsministers eines Fördertopfes gemacht werden sollte, nur in richtigem Maßstab. Ein Förderplan für 500 Millionen Euro für die Bundesrepublik ist in seinen Wirkungen vernachlässigbar. Mit dem vorliegenden Vorschlag könnten wir ein echtes Finanzierungsbudget realisieren.

Die Berechnung

1. Nachrüst-/ Gutscheinkosten von 20,2 Milliarden Euro

Derzeit sind auf deutschen Straßen 45,8 Millionen Pkw unterwegs, 15,1 Millionen davon sind Diesel-Pkw. Beim Diesel-Gipfel haben sich die deutschen Autobauer verpflichtet, kostenlos 5 Millionen neuere Diesel-Pkw mit Software-Updates nachzurüsten. Damit bleibe ein theoretisches Potential von 10,1 Millionen alten Diesel-Pkw. Die Nachrüstkosten nach unserem Vorschlag würden sich damit auf 20,2 Milliarden Euro belaufen. Dies ist eine sehr konservative Schätzung. In der Realität dürften die Kosten geringer sein, da einige die "Rote Karte" ziehen werden.

2. Steuerausfall durch Absenkung der Diesel Kfz-Steuer auf Benziner-Niveau von 1,8 Milliarden Euro

Nach den Informationen des Statistischen Bundesamtes betrug im Jahr 2016 in Deutschland das Kfz-Steueraufkommen 9,0 Milliarden Euro. Nach unserer Berechnung gehen wir davon aus, dass davon 3,8 Milliarden Euro auf Diesel-Pkw entfallen. Wird jetzt der Diesel-Pkw analog bei der Kfz-Steuer besteuert wie der Benziner, ergäbe sich nach unseren Berechnungen ein Steuerausfall von 35 Prozent der Kfz-Steuer beim Diesel oder in absoluten Beträgen 1,8 Milliarden Euro.

3. Kraftstoffsteuer-Mehreinnahmen (inkl. MwSt.) von 9,88 Milliarden Euro

Im Jahre 2016 wurden in Deutschland 45.120.003.470 Liter Dieselkraftstoff verkauft. Dieselkraftstoff wird pro Liter mit 18 Cent weniger Steuer belastet als Ottokraftstoff. Hinzu kommen 19 Prozent Mehrwertsteuer, die auf den Kraftstoffpreis inklusive Vorsteuern, wie Energiesteuer, erhoben wird. In Summe ergibt sich nach unseren Berechnungen ein Steuerausfall von 9,88 Milliarden Euro für das Jahr 2016.

4. Nach 2,5 Jahren wären die Umrüstungen durch die Autofahrer bezahlt

Nach nur 2,5 Jahren wären nach unserer Rechnung die Umrüstkosten durch die Dieselfahrer selbst bezahlt. Ab dem 30. Monat nach der Umstellung ergeben sich jährliche Netto-Einnahmen von 8,05 Milliarden Euro. Damit könnte Deutschland seine Infrastruktur in den Städten und seine Elektroladestruktur "vorbildlich" finanzieren.

Fazit: Alle wären Gewinner

Alle würden in diesem Spiel zu Gewinnern. Die Autobauer kommen schnell vom Schmutz-Image des Diesel weg, Fahrverbote werden ausgeschlossen, die Menschen in unseren Großstädten werden von zu viel Stickoxiden befreit, die Elektromobilität kann Fahrt aufnehmen, die deutschen Kommunen hätten Mittel, um wirklich ihre Verkehrsinfrastruktur zu verbessern.

Alles was es braucht sind mutige Politiker. Daran scheint es allerdings in Deutschland zu hapern.

Prof. Dr. Ferdinand Dudenhöffer ist Direktor des CAR-Instituts an der Universität Duisburg-Essen sowie Inhaber des Lehrstuhls für allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Automobilwirtschaft an der Universität Duisburg-Essen.