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Wie sicher ist die Formel 1?

Olivia Gerstenberger (mit sid, dpa)6. Oktober 2014

Nach dem dramatischen Unfall von Jules Bianchi beim Großen Preis von Japan muss sich die Formel 1 einer neuen Gefahrendiskussion stellen. Das Risiko fährt immer mit - kann es weiter minimiert werden?

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Der Crash von Jules Bianchi beim Formel-1-Rennen in Suzuka (Foto: Getty Images/Getty Images)
Bild: Getty Images

"Wir gewöhnen uns daran, wenn nichts passiert", sagte Mercedes-Teamaufsichtsratschef und ehemalige Formel-1-Pilot Niki Lauda nach dem schrecklichen Unfall beim Großen Preis von Japan in Suzuka. "Plötzlich sind wir dann alle überrascht. Dabei müssten wir uns darüber im Klaren sein, dass Motorsport immer gefährlich ist." Fast 40 Jahre liegt es zurück, dass Lauda auf dem Nürburgring selbst aus dem brennenden Wrack seines Ferrari befreit werden musste. Es war eine Zeit, in der alljährlich Piloten ums Leben kamen, der Tod fuhr immer mit. Das alles scheint weit entfernt - der Unfall und die schweren Kopfverletzungen Bianchis beim Japan-Grand-Prix riefen nun auf tragische Weise ins Gedächtnis, dass auch im Jahr 2014 ein Risiko bleibt.

Seit 20 Jahren keine Todesfälle mehr

Seit 1994 in Imola Roland Ratzenberger und Ayrton Senna ums Leben gekommen waren, hat es bei Formel-1-Rennen keine tödlichen Unfälle mehr gegeben, in puncto Sicherheit dafür riesige Fortschritte. Die Sicherheitszelle der Rennwagen aus Kohlefaser ist die Überlebenszelle geworden, sie ist kaum zu zerstören und lässt sich nach einem Unfall fast immer reparieren. Auch Helme, Overalls und Rennstrecken wurden weiterentwickelt. Dennoch kam es 2012 ebenfalls beim russischen Marussia-Team zu einem ganz ähnlichen Unfall: Damals verlor Testfahrerin Marie de Villota ihr rechtes Auge, als sie mit einem Teamlastwagen kollidierte, und zog sich einen Schädelbruch zu. Ein Jahr später starb sie - vermutlich an den Spätfolgen der schweren Kopfverletzungen.

Nun kam es erneut zu einem schweren Unfall und der prestigeträchtige Motorsport muss sich einige Fragen gefallen lassen. So kritisierten viele Fahrer die schlechte Sicht in Suzuka und monierten einen zu späten Rennabbruch. Williams-Chefingenieur Rob Smedley sprach von den dunkelsten Verhältnissen in den 15 Jahren, die er in der Formel 1 sei.

Ayrton Senna Begräbnis
Das Begräbnis des brasilianischen Motorsportpiloten Ayrton Senna nach seinem tödlichenUnfall 1994Bild: picture alliance/DPPI Media

Dabei waren die teilweise extremen Bedingungen beim Grand Prix lang vorher absehbar: Die Sonne geht in Suzuka gegen 17:30 Uhr unter, das hätte man bei einem um 15:00 Uhr gestarteten Rennen mit Unterbrechungen berücksichtigen können. Zudem wurde seit Tagen vor dem herannahenden Taifun "Phanfone" eindringlich gewarnt. Der erschwerte die Witterungslage und brachte Starkregen. "Man hätte früher starten können, darüber gibt es keine Diskussion", erklärte Lauda. Doch offenbar konnte sich der Internationale Automobilverband mit den heimischen Betreibern und den Vermarktern aber nicht einigen. Rennstreckenbesitzer Honda soll sich gegen eine Vorverlegung des Starts gesträubt haben.

Unfall war ein "Freak Accident"

Immer wieder stellen die Fahrer auch bei Starkregen und nasser Strecke ihr Können unter Beweis. Lässt die Sicht aber durch Dunkelheit nach, droht Gefahr. Nasse Stellen auf der Strecke sind schwerer auszumachen, Aquaplaning führt selbst bei geringer Geschwindigkeit dazu, dass ein Auto "schwimmt". Hinzu kommt das Dauerrisiko bei Bergungsarbeiten mit Kran oder ähnlichem Gerät. Bei dem schweren Unfall von Marussia-Pilot Jules Bianchi kamen zahlreiche unglückliche Umstände zusammen, Smedley sprach von einem "Freak Accident", für den es keine Crash-Tests gibt. Regen, schlechte Sicht, der Kran - und dann noch die Tatsache, dass der Franzose mit seinem Marussia so unter das Heck des Krans geriet, dass er vermutlich mit enormer Wucht am Kopf getroffen wurde. Die linke Seite des Wagens wurde komplett zerstört. Sogar der Überrollbügel direkt hinter dem Kopf des Piloten war gebrochen.

Die Frage bleibt, ob die Bergungsgeräte wie im US-Rennsport verkleidet werden sollten, auch der Cockpit-Schutz ist ein aktuelles Thema - der Kopf der Fahrer ist in den offenen Autos bislang kaum geschützt. An Konstruktionen, die das Cockpit abdecken sollen, wird seit Jahren gearbeitet. Doch trotz innovativster Entwicklungen gilt offenbar bis heute: Die Gefahr fährt immer mit. Der frühere Formel-1-Pilot Alexander Wurz brachte es in einem Interview mit dem österreichischen Sender ORF auf den Punkt: "Autos bewegen sich mit hoher Geschwindigkeit. Wenn man die Kontrolle verliert, ist man ein ballistisches Geschoss. Das ist unkontrollierbare Energie."