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Wie stark ist der deutsche Frauenfußball noch?

1. Februar 2024

Nach der Vorrunde der Champions League ist kein Klub der Frauen-Bundesliga mehr dabei. Mit dem Scheitern des FC Bayern und von Eintracht Frankfurt setzt sich ein negativer Trend im deutschen Frauenfußball fort.

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Enttäuschte Spielerinnen des FC Bayern München nach dem Aus in der Champions League
Deutschlands Top-Frauenvereine am Boden? Meister FC Bayern scheitert knapp in der Vorrunde der Champions LeagueBild: Matthias Schrader/AP Photo/picture alliance

Eine ähnlich negative Bilanz hat es im deutschen Fußball der Frauen schon lange nicht mehr gegeben: Mit dem Ende der Vorrunde in der Champions League sind mit dem deutschen Meister FC Bayern und Eintracht Frankfurt auch die letzten beiden Klubs der Frauen-Bundesliga ausgeschieden. 

"Es bricht mir ein bisschen das Herz, dass keine deutsche Mannschaft in den K.o.-Spielen dabei ist", beklagte die langjährige Nationaltorhüterin Almuth Schult gegenüber der Sport-Nachrichtenagentur SID. "Es ist brutal, es ist traurig", sagte Bayern-Trainer Alexander Straus nach dem 2:2 seiner Mannschaft am Dienstagabend gegen Paris Saint-Germain. "Die Spielerinnen hätten so viel mehr verdient."

Tatsächlich kam das Aus der Münchenerinnen auf bittere Art und Weise zustande: Durch ein Eigentor in der 88. Spielminute fielen die FCB-Frauen in der Gruppe noch hinter Ajax Amsterdam und Paris auf Rang drei zurück und schieden aus.

Historisch schlechtes Abschneiden

Dennoch steht auch das Scheitern der Frauen des FC Bayern für einen Negativtrend im deutschen Frauenfußball. Eintracht Frankfurt hatte nach dem fünften von sechs Gruppen-Spieltagen keine Chance mehr aufs Weiterkommen. Vorjahresfinalist VfL Wolfsburg war bereits in der Qualifikation gescheitert. Daher steht nun zum ersten Mal, seitdem die Champions League 2009 den UEFA-Pokal abgelöst hat, kein deutsches Team mehr im Viertelfinale.

Spielerinnen des 1. FFC Frankfurt jubeln bei der Siegerehrung nach dem Finale der Champions League 2015 mit Pokal
Letzte deutsche Siegerinnen: 2015 holte der 1. FFC Frankfurt den Pokal in der Champioins LeagueBild: Kay Nietfeld/dpa/picture alliance

2015 hatten die Frankfurterinnen, damals noch als 1. FFC Frankfurt, die Königsklasse als letzter deutscher Klub gewonnen. Seitdem war der VfL Wolfsburg jedes Mal mindestens im Viertelfinale. Dreimal erreichten die "Wölfinnen" sogar das Endspiel. Auch der FC Bayern war in den vergangenen fünf Jahren Dauergast in der Runde der letzten Acht und kam zweimal bis ins Halbfinale.

Das magere internationale Abschneiden der deutschen Frauen-Teams folgt dem schlechten Ergebnis der Nationalmannschaft bei der Weltmeisterschaft in Australien und Neuseeland im vergangenen Jahr: Der Mitfavorit und zweimalige Weltmeister schied erstmals in der Vorrunde aus. Auch die letzten Spiele der DFB-Frauen unter ihrem neuen Bundestrainer Horst Hrubesch waren nicht immer überzeugend. In der UEFA Nations League belegten die Deutschen mit Ach und Krach den ersten Platz in ihrer Gruppe und erhielten sich so wenigstens die Chance auf die Olympia-Qualifikation.

Professionelle Strukturen in 16er Liga gefordert

Nun mehren sich die Stimmen, die dieses insgesamt schwache Abschneiden in der heimischen Liga begründet sehen. Die Frauen-Bundesliga spielt mit zwölf Vereinen, von denen aber im Grunde nur der FC Bayern und der VfL Wolfsburg Anwärter auf die Meisterschaft sind. Seit der Saison 2012 hat kein anderes Team mehr den Titel geholt. Damals wurdeTurbine Potsdam deutscher Meister.

Damit die Liga spannender und attraktiver wird und dadurch auch die Vereine konkurrenzfähiger, fordert Alex Hellmann eine Verbesserung der Strukturen und eine Aufstockung der Bundesliga. "Wir müssen sehr schnell zu einer 16er-Liga kommen und bei der Professionalisierung mehr tun", sagte der Vorstandssprecher von Eintracht Frankfurt gegenüber der Tageszeitung "Frankfurter Rundschau" (FR). "Vielleicht brechen wir so das System mal auf, dass mehr Spannung entsteht, damit wir eine größere Öffentlichkeit erreichen."

Axel Hellmann, Vorstandssprecher von Eintracht Frankfurt im Stadion
"Man verdient im Frauenfußball mit der Champions League kein Geld", sagt Frankfurts Vorstandssprecher Axel HellmannBild: Hirnschal/osnapix/picture alliance

Zwar spielen die Teams der Frauen-Bundesliga vor mehr Fans als noch vor ein paar Jahren, ein Massenphänomen ist die Liga aber nach wie vor nicht. Bis zur Winterpause kamen im Schnitt 2990 zahlende Gäste zu den Spielen. In der gesamten Vorsaison waren es 2723 pro Partie. Damit können die Fußballerinnen mit den Besucherzahlen der Männer-Bundesliga (durchschnittlich 42.407 Zuschauer pro Spiel in der Saison 2022/23) bei weitem nicht mithalten.

Und auch hinter dem Interesse an anderen Sportarten bei den Männern hängt die Frauen-Bundesliga hinterher. Zu den Partien der Männer-Handball-Bundesliga kamen in der vergangenen Saison im Schnitt 4858 Zuschauer. Beim Basketball waren es 4247, im Eishockey sogar 6094.

Mehr Geld aus TV-Vertrag - im Vergleich immer noch wenig

Immerhin hat der neue TV-Vertrag die Möglichkeiten verbessert. Er gilt seit der laufenden Saison. Die Lizenzeinnahmen erhöhten sich im Vergleich zum vorher geltenden Vertrag um das 16-fache auf jährlich 5,17 Millionen Euro brutto. 90 Prozent des Geldes schüttet der Deutsche Fußballbund (DFB) zu gleichen Teilen an die zwölf Bundesliga-Vereine aus. Jeder Klub erhält 388.000 Euro. Im internationalen Vergleich liegt die Frauen-Bundesliga damit auf Rang drei hinter England (ca. 9 Millionen Euro) und Spanien (ca. 8 Millionen Euro).

Die 36 Männer-Profiklubs der 1. und 2. Bundesliga bekommen von der Deutschen Fußballliga (DFL) in der Saison 2023/24 insgesamt 1,165 Milliarden Euro aus Lizenzeinnahmen. Würde man diese Summe ebenfalls gerecht aufteilen, wären es pro Verein etwas mehr als 25 Millionen. Da es eine leistungsabhängige Staffelung gibt, bekommt Branchenführer FC Bayern jedoch rund 95,5 Millionen Euro und Bundesliga-Aufsteiger SV Darmstadt 98 als "finanzielles Schlusslicht" der 18 Bundesligisten immer noch 31,3 Millionen.

Spielszene Frauen-Bundesliga zwischen Werder Bremen und Bayer Leverkusen
Neun von insgesamt zwölf Klubs der Frauen-Bundesliga haben auch bei den Männern ein Team in der höchsten SpielklasseBild: Oliver Baumgart/foto2press/picture alliance

Von diesem Geld werden teilweise allerdings auch die Frauen-Mannschaften mitfinanziert, nämlich dort, wo ein Männer-Bundesligist auch eine Frauen-Profi-Mannschaft hat. Aktuell ist das in der Frauen-Bundesliga beim FC Bayern, dem VfL Wolfsburg, Eintracht Frankfurt, der TSG Hoffenheim, Werder Bremen, Bayer Leverkusen, dem 1. FC Köln, RB Leipzig und dem SC Freiburg der Fall. Hinzu kommen mit dem 1. FC Nürnberg ein Verein, dessen Männer in der 2. Bundesliga spielen, und mit dem MSV Duisburg ein Männer-Drittligist. Einzig die SGS Essen ist ein reiner Frauenklub ohne Profiteam bei den Männern.

Frauen-Bundesliga unabhängig vom DFB?

Alex Hellmann findet, dass die Mitfinanzierung der Frauen-Teams durch die Männer "kein Dauerzustand" sein dürfe, sondern die Liga auf eigenen Füßen stehen sollte. Insgesamt sei die Kostenstruktur bei den Frauen aber nicht ausgewogen und tragfähig. Auch mit den Prämien aus der Champions League komme man nicht weit, so Hellmann. "Der Aufwand, den wir betreiben, konsumiert die Ausschüttung der UEFA nahezu komplett. Man verdient im Frauenfußball mit der Champions League kein Geld."

Der Frankfurter Vorstandschef wünscht sich daher schnell Veränderungen, im Zweifelsfall auch dadurch, dass man sich vom DFB loslöst und die Liga auf eigene Füße stellt. "Es gibt nicht nur bei mir, sondern auch bei anderen Profiklubs ein Grummeln, eine Unzufriedenheit", sagte Hellmann der FR. Es gehe darum, das Beste für den Frauenfußball herauszuholen. Seien Verbesserungen mit dem DFB nicht möglich, "müssen wir darüber nachdenken, den Frauenfußball eigenständig zu organisieren".

DFB-Geschäftsführer Holger Blask, der beim Verband für Marketing und Vertrieb zuständig ist, bremste die Pläne Hellmanns aber direkt wieder - insbesondere den, die Liga zu vergrößern. "Wenn wir, Stand heute, mit 16 Mannschaften spielen lassen, würde sich morgen nicht die Qualität erhöhen", wandte er ein und zeigte einen weiteren Nachteil auf: Es wäre dann auch erstmal weniger Geld für jeden Bundesligisten da, weil vier zusätzliche Vereine ihr Stück vom Kuchen abhaben wollten. Ein neuer TV-Vertrag, der dann unter Umständen höhere Einnahmen für alle bringen könnte, wird erst zur Saison 2026/27 wieder verhandelt.