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PolitikAfrika

Wie Südafrika seine Rolle als Global Player spielt

Martina Schwikowski
24. Mai 2024

Südafrika ist der stärkste Industriestandort des Kontinents. Das BRICS-Mitglied macht sich als Stimme des globalen Südens stark. Doch die Regierung kämpft mit Vertrauensverlust im eigenen Land: Am 29. Mai wird gewählt.

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Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa (Mitte, schwarzer Anzug) mit Präsidenten der BRICS-Länder Brasilien, China, Indien und Russland, sie reichen sich die Hände, vor einem blauen Plakat des BRICS-Gipfels 2023 in Johannesburg
Als BRICS-Mitglied hat Südafrika eine starke Stimme auf dem Kontinent und will Finanzreformen durchsetzenBild: Prime Ministers Office/Zuma Press/picture alliance

Südafrikas Meinung zählt - daran hat Steven Gruzd keinen Zweifel: "Südafrika ist ein wichtiger Akteur auf der internationalen Bühne und wird vor allem in Afrika von anderen Ländern umworben", sagt er im DW-Interview. "Der Staat ist ein starker Verfechter von Themen, die für Afrika von Bedeutung sind, sei es im Handel, bei Konflikten oder in humanitären Fragen", betont der Programmleiter für Afrikanische Regierungsführung und Diplomatie am South African Institute of International Affairs (SAIIA).

Vermittler bei internationalen Konflikten

Südafrika bemüht sich um friedliche Konfliktlösungen: innerhalb Afrikas - etwa im Bürgerkrieg in der äthiopischen Region Tigray 2022 - aber auch weltweit. Im Krieg zwischen Russland und der Ukraine übernahm Südafrika eine führende Position als Vermittler, Präsident Cyril Ramaphosa telefonierte mit Wladimir Putin und Wolodymyr Selenskyj und reiste im Juni 2023 mit einer afrikanischen Delegation zu Gesprächen nach Kiew und Moskau.

Afrika-Russland-Gipfel in St. Petersburg: Präsident Cyril Ramaphosa im schwarzen Anzug - schüttelt Präsident Wladimir Putin die Hand im Konferenzsaal
Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa besuchte Präsident Wladimir Putin im Juli 2023 zu VerhandlungenBild: Mikhail Metzel/TASS/AP/dpa/picture alliance

Das Land behielt seine neutrale Haltung: Im Anti-Apartheidkampf unterstützte die damalige Sowjetunion die Befreiungsbewegung, den Afrikanischen Nationalkongress, durch Militärtraining im Kampf gegen das weiße Minderheitenregime. Auch nach der Machtübernahme des ANC 1994 pflegten Südafrika und Russland enge Verbindungen. Das führte - für viele westliche Staaten unverständlich - zur konsequenten Enthaltung bei den Abstimmungen in der UN-Generalversammlung.

Südafrika verklagt Israel vor dem IGH

Aufsehen erregte Südafrika nach der Eskalation der Kämpfe zwischen der Hamas und israelischen Soldaten in Nahost: Das Land warf Israel Völkermord an den Palästinensern im Gazastreifen vor und reichte Klage beim Internationalen Gerichtshof (IGH) in Den Haag ein. Am 24. Mai 2024 ordnete der IGH den "sofortigen" Stopp von Israels Rafah-Offensive an - das höchste UN-Gericht entsprach damit einem Eilantrag Südafrikas.

Richter des Internationalen Strafgerichtshofes, in schwarzer Robe, stehen vor ihren Sitzplätzen im Gerichtssaal
Südafrika beschuldigt Israel vor dem IGH des Völkermordes an PalästinensernBild: Nick Gammon/AFP/Getty Images

"Die Regierung in Pretoria wurde häufig für ihre Inkonsequenz gerügt, weil sie die Palästinenser von ganzem Herzen unterstützt, sich aber geweigert hat, Russland für einige seiner Verletzungen der UN-Charta zur Rede zu stellen", sagt Steven Gruzd. Es gebe kein Monopol auf Doppelmoral - viele Länder seien inkonsistent, wenn sie ihre Politik durchsetzen wollten. Trotz der Kritik aus dem Westen, insbesondere aus den USA, verfolge Südafrika eine Pro-Palästina-Politik - eine Politik, die sich nicht an eine dominierende Sichtweise binden möchte und so möglichst viele Kommunikationswege in Konfliktsituationen offenhält.

Völkerrecht: Südafrikas ambivalentes Verhalten

"Gerade wegen seiner Geschichte der Unterdrückung hält Südafrika an seiner moralischen Verpflichtung fest, Menschen- und Völkerrecht zu wahren, auch wenn es bei anderen politischen Akteuren zu Unmut führt", sagt Lwazi Somya New gegenüber der DW. Der Politikmanager der zivilgesellschaftlichen Organisation Southern African Liaison Office (SALO) kritisiert die fehlende internationale Anerkennung für diese "prinzipientreue Haltung". Der amtierende Präsident Cyril Ramaphosa kehre - im Gegensatz zu seinem Vorgänger Jacob Zuma - zu den Grundsätzen der Politik der internationalen Beziehungen aus der Anfangszeit der jungen Demokratie zurück.

Hellbunte Dächer von Wellblechhütten reihen sich aneinander, im Hintergrund der Tafelberg
Township Xhosa in Kapstadt: Im reichen Industrieland Südafrika herrscht extreme UngleichheitBild: Hoch Zwei/IMAGO

Nach Überwindung der Apartheid und jahrelanger internationaler Isolation verschrieb sich die südafrikanische Regierung unter Nelson Mandela einer Außenpolitik, mit der das Land in die "Familie der Nationen" zurückkehren wollte, so Gruzd. Demokratische Institutionen stärken seither den Staat. "Heute spielt Südafrika global eine Rolle."

Südafrika - ein globales Gewicht

Das werde insbesondere durch das aktive Engagement in der Afrikanischen Union, als einziges afrikanisches Land in den G20 sowie als Mitglied der BRICS-Gruppe deutlich. Der Zusammenschluss von inzwischen neun Volkswirtschaften zum Zweck der wirtschaftlichen Zusammenarbeit fordert ein größeres Mitspracherecht bei den Vereinten Nationen, dem Internationalen Währungsfonds (IWF), der Weltbank und der Welthandelsorganisation (WTO). Schon 2014 gründeten die BRICS-Staaten - als Gegengewicht - ihre eigene Entwicklungsbank. Südafrika macht sich besonders stark für eine Reform der finanziellen Institutionen - diese sollten agiler auf die Herausforderungen von Entwicklungsländern reagieren können.

Darüber hinaus versucht Südafrika, in der Bewegung der Blockfreien Staaten (NAM), der Klimawandel-Koalition BASIC (Brazil, South Africa, India, China), der Welthandelsorganisation (WTO) sowie anderen Handels- und Entwicklungsgremien die Interessen Afrikas und des globalen Südens mit starker Stimme zu vertreten. "Mit diesem Engagement verbindet Südafrika den Willen, die ungleichen und exklusiven Dominanzstrukturen des internationalen Systems zu reformieren", betont Analyst Gruzd.

Bunte Flaggen afrikanischer Länder stehen vor einer Wand, eine afrikanische Delegierte des Handelsgipfels AGOA in rotem Kleid steht dazwischen
Mit dem Handelsprogramm AGOA gewähren die USA einseitig Zollerleichterungen für Importe aus 35 afrikanischen Ländern, darunter SüdafrikaBild: SIPHIWE SIBEKO/REUTERS

Südliche Länder fordern Mitspracherecht 

Laut Sanusha Naidoo, Analystin am Institute for Global Dialogue in Pretoria, geht es Südafrika im BRICS-Verbund nicht nur um Wirtschaftsbeziehungen und politischen Einfluss, sondern um die Frage: "Wie kann man einige der Transaktionskosten senken, die unserer Wirtschaft zugrunde liegen? Also ein verbesserter Zugang zu Waren und Dienstleistungen, die in den Währungen der Länder angeboten werden", so Naidoo zur DW. So sollen durch die BRICS-Bank Kredite aufgenommen - und damit die Kosten und das Risiko einer starken Abhängigkeit vom Dollar gesenkt - werden.

Nicht alle BRICS-Länder teilten gemeinsame demokratische Werte, sagt Naidoo. Doch die westlichen Industrieländer verzeichneten Abwärtstrends, das Staatennetz sei zunehmend fragil. "Da schaut Südafrika mit seinen Partnern nach einem Vakuum in der vorherrschenden Weltordnung, wo der Hebel für bessere Kooperation angesetzt werden kann".