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Wie weiter in der Bankenkrise?

Brigitte Scholtes Frankfurt am Main
21. März 2023

An den Finanzmärkten ist wieder etwas Ruhe eingekehrt. Doch die Sorge bleibt, ob nach der Übernahme der taumelnden Credit Suisse durch die UBS die Bankenkrise wirklich ausgestanden ist.

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Eine Luftaufnahme zeigt die Hauptsitze der Schweizer Banken Credit Suisse und UBS am Paradeplatz in Zürich
Hauptsitze der Credit Suisse und der UBS in ZürichBild: Michael Buholzer/KEYSTONE/dpa/picture alliance

Ein Grund für die Sorge ist allein die Größe der nun einzigen Schweizer Großbank, der "neuen UBS". "Ein Zombie ist weg, doch ein Monster entsteht" - so kommentierte die Neue Zürcher Zeitung Anfang der Woche die Notfusion der Credit Suisse mit der langjährigen Konkurrentin. "Das Risiko ist erst mal gedämpft, weil der schwache Kandidat aus dem Markt genommen wird und massiv gestützt wird durch eine stärkere, ungefähr doppelt so große übernehmende Bank", sagt Martin Lück, deutscher Chefstratege des weltgrößten Vermögensverwalters Blackrock.

Außerdem sei diese durch zusätzliche Garantien stark abgesichert. Aber: "Dadurch entsteht natürlich auch ein Monolith, eine noch viel größere Bank, die dann erst recht Too big to fail und systemrelevant ist." Denn die neue Bank wird mit einer Bilanzsumme von knapp 1,58 Billionen Euro doppelt so groß sein wie das Bruttoinlandsprodukt der Schweiz. Die Bank ist jetzt schon weltweit aktiv - sowohl im Vermögensmanagement als auch im Investmentbanking. Ein Grund, warum die großen Notenbanken sich am zurückliegenden Wochenende bereiterklärten, die Möglichkeiten für Geschäftsbanken auszuweiten, sich kurzfristig Dollar zu leihen. Damit soll eine Liquiditätsknappheit im weltweiten Finanzsystem vermieden werden.

Fünf vor zwölf steht die Zeiger einer Uhr neben einem Logo der Schweizer Bank UBS.
Die Rettung für die Credit Suisse kam offenbar gerade noch rechtzeitigBild: Ennio Leanza/KEYSTONE/picture alliance

Heftige Einschnitte unausweichlich

Mit der Fusion steht die bisherige Führung der UBS nun vor einer Herkulesaufgabe. Den Verwaltungsrat führt der erfahrene Investmentbanker Colm Kelleher, der 30 Jahre für die US-Investmentbank Morgan Stanley gearbeitet hatte, die er als deren Finanzchef zwischen 2007 und 2009 auch durch die Finanzkrise lenkte. Die operative Führung liegt seit 2020 in den Händen des Niederländers Ralph Hamers, zuvor Chef der Großbank ING. Der muss nun aufräumen.

Bis zu einem Fünftel der 50.000 Mitarbeiter der Credit Suisse könnte durch den Niedergang ihrer Bank den Job verlieren. "Es gibt riesige Überschneidungen in den Geschäftsmodellen", sagt Martin Lück von Blackrock, und verweist auf die Sparten Vermögensverwaltung und Investmentbanking. "Da wird es erheblicher Einschnitte bedürfen, um diese Bank profitabel zu machen."

Hamers hat bis zu seiner Berufung an die Spitze der UBS im September 2020 fast 30 Jahre für den niederländischen Finanzkonzern ING gearbeitet. Nach der Finanzkrise restrukturierte er die Bank, an deren Spitze er seit 2013 stand und baute sie auch zu einer modernen, digital innovativen Bank um. Seine Reputation hat Schaden genommen wegen eines Geldwäscheskandals, den die Bank vor fünf Jahren zwar mit einer Vergleichszahlung von 775 Millionen Euro beilegte. Doch läuft gegen ihn noch eine Untersuchung, die herausfinden soll, warum es der ING-Gruppe unter Hamers‘ Führung nicht gelungen war, die Geldwäsche zu bekämpfen. 

UBS-Chef Ralph Hamers
UBS-Chef Ralph Hamers (Aufnahme aus dem Jahr 2020) Bild: Walter Bieri/KEYSTONE/dpa/picture alliance

Auf die schweizerische Bankenaufsicht Finma kommt nun eine noch größere Aufgabe zu. Vereinzelt war schon Kritik an ihrer mangelnden Aufsicht der Credit Suisse zu hören, deren Schwierigkeiten seit Monaten bekannt waren. Hätte die Aufsicht hier früher hinschauen und vor allem handeln müssen? Das ist nur eine der Fragen, die am Markt zu hören ist.  

Was macht die US-Notenbank?

Interessant wird auch zu sehen, welche Banken nun von dem Zusammenschluss profitieren. Denn Credit Suisse und UBS sind eigentlich harte Rivalen. Viele Kunden der einen haben sich bewusst für die eine und damit gegen die andere entschieden. Andere wiederum haben Geschäftsverbindungen zu beiden Instituten gehabt, weil sie diversifizieren wollten. Diese Kunden könnten nun ihre Konten zu anderen, kleineren Banken oder Vermögensverwaltungen in der Schweiz oder im Rest Europas verlagern.

Kurzfristig erwarten die Börsianer nun mit Spannung, wie die amerikanische Notenbank Fed am Mittwoch auf die Turbulenzen auf den Finanzmärkten reagiert. Wird sie bei ihrem Straffungskurs zur Inflationsbekämpfung bleiben? Das sei wieder Griff in eine Pralinenschachtel, schreibt die Devisenexpertin der Commerzbank, Antje Praefcke: "Meines Erinnerns nach gingen die Erwartungen vor einer Zinssitzung der Fed noch nie so weit auseinander, von 0 über 25 bis 50 Basispunkte." Das sei nachvollziehbar, schließlich seien die Probleme im Bankensektor ja von den USA ausgegangen.