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Wie wird Putin Russland nach den Wahlen regieren?

Mikhail Bushuev
18. März 2024

Dass Wladimir Putin Präsident der Russischen Föderation bleibt, galt längst als ausgemachte Sache. Wird es dennoch Veränderung im Land geben? Womit rechnen Experten?

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Blick auf den Kreml in Moskau
Moskau, Blick auf den KremlBild: AFP/Getty Images/M. Antonov

Die russische Präsidentenwahl wurde weltweit, aber auch teilweise in Russland selbst, nur als reine Formalität wahrgenommen - ebenso wie die Bekanntgabe des "Rekordergebnisses", mit dem Wladimir Putin zum Sieger erklärt wurde. Wie wird sich die Situation in Russland nun entwickeln?

Stabilisierung des Putin-Regimes

"Mit den proklamierten 87 Prozent ist es eine Bestätigung des Regimes und des zunehmend diktatorischen Kurses Putins. Das Ergebnis spiegelt nicht den Wählerwillen wider, sondern den Willen des Regimes", sagt Regina Heller, wissenschaftliche Referentin am Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg. Dies sei letztlich "ein Freibrief für das Regime, für die Politik Putins und damit eben auch für seine Politik und sein Vorgehen in der Ukraine."

Der Osteuropa-Experte Hans-Henning Schröder meint, Putins Regime habe sich in letzter Zeit stabilisiert. Putin und sein Regime seien im vergangenen Jahr in eine Krise geraten - wegen der Meuterei und dem späteren tödlichen Flugzeugabsturz des Oligarchen Jewgenij Prigoschin, der Anführer der Wagner-Gruppe, einer Privatarmee im Dienste des russischen Staates, war. Auf die Ereignisse habe der Kreml mit einer verstärkten öffentlichen Aktivität Putins reagiert, die vermitteln sollte, "dass er die Dinge in der Hand hat".

Dass das Regime weiter besteht, begünstigen Experten zufolge Faktoren wie eine stabile Wirtschaftslage und die Abfederung negativer Auswirkungen westlicher Sanktionen. Hinzu kämen massive Repressionen gegen Gegner von Russlands Krieg gegen die Ukraine. All dies ermögliche es dem Kreml, auch nach den Wahlen wie bisher weiterzumachen. "Was man jetzt schon sehen kann, ist, dass Putin weiter auf Kriegskurs sein wird, dass er den Krieg unvermindert, auch in unverminderter Härte, weiter fortführen, möglicherweise auch eskalieren wird", sagt Regina Heller.

Souvenir-Laden in dem von Russland besetzten ukrainischen Berdjansk im Süden der Ukraine
Auch in den besetzten Gebieten wurde illegal abgestimmt. Auf dem Bild: Souvenir-Laden im besetzten ukrainischen BerdjanskBild: Alexei Konovalov/TASS/dpa/picture alliance

Steuererhöhungen für Kriegsziele?

Experten erwarten eine Erhöhung der Steuern in Russland, zumal Putin selbst noch vor den Wahlen in einer Rede vor der Föderalen Versammlung die russische Regierung aufgefordert hatte, Änderungen zur Steuergesetzgebung zu erarbeiten. Der Krieg habe seinen Preis, betont Hans-Henning Schröder.

"Die Regierung braucht Geld, sie braucht einnahmenseitig eben mehr und das kann nur durch ein erhöhtes Steueraufkommen erreicht werden. Und dieses erhöhte Steueraufkommen soll dann natürlich überwiegend in den Krieg fließen", sagt Gerhard Mangott, Professor für Politikwissenschaft mit der Spezialisierung auf internationale Beziehungen und Sicherheitsforschung im post-sowjetischen Raum an der Universität Innsbruck.

Weitere Mobilisierung in Russland?

Unterdessen wird in Russland in weiten Kreisen der Bevölkerung mit einer neuen Mobilisierung gerechnet. Sie erscheine vielen Menschen sehr realistisch, da Putin seine militärische Rhetorik nicht abschwäche, meint Regina Heller. "Wir sehen, dass die westliche Unterstützung für die Ukraine eben nicht so stark ist, wie sie vielleicht sein sollte", sagt sie und betont, das könnte aus Sicht des Kremls ein günstiges Fenster sein, nochmal zu versuchen, durch eine neue Mobilisierung das Kräfteverhältnis im Krieg zugunsten Russlands zu verändern.

Andererseits könnte eine Mobilisierung gefährlich sein, da in der russischen Bevölkerung inzwischen auch große Kriegsmüdigkeit herrsche, so Heller. Aus diesem Grund, aber auch unter Berufung auf Umfrageergebnisse, hält Gerhard Mangott es für weniger wahrscheinlich, dass es zu einer erneuten Massenmobilisierung kommt. 

Die Entscheidung, ob es in naher Zukunft eine Mobilisierung geben wird oder nicht, hängt nach Ansicht von Hans-Henning Schröder davon ab, was die Russen in den kommenden Monaten in der Ukraine planen. "Wollen sie eine Offensive und wirklich ein Niederwerfen der Ukraine, dafür müssten sie ihre Streitkräfte erheblich vergrößern, allein nicht nur, um militärisch zu gewinnen, sondern obendrein auch noch, um das Land unter Kontrolle zu bringen", erläutert der Experte und fügt hinzu: "Mein Eindruck ist, dass es zumindest bis zu den Wahlen in den USA eher darum geht, die Oberhand zu behalten und insgesamt den Eindruck zu machen, dass man auf der Siegesstraße ist - іm Inland und im Ausland." Sollte Joe Biden abgewählt und Donald Trump zum US-Präsidenten gewählt werden, würde sich die Situation massiv verändern, dann wäre die Situation für die Ukraine ungleich schlechter. Dann würde sich, so Schröder, eine Mobilisierung in Russland wahrscheinlich erübrigen.

Restrukturierung innerhalb der Führung?

Mit umfassenden Veränderungen innerhalb der russischen Führung selbst rechnen die Experten jedoch nicht. "Ich sehe im Moment eigentlich keine großen Schwachstellen", sagt Schröder. Ministerpräsident Michail Mischustin mache aus Sicht des Kremls einen guten Job. Die Zentralbank und die Finanzpolitiker hätten die Situation in Russland nach den offenbar massiv unterschätzten Reaktionen der EU und der USA auf den Angriff gegen die Ukraine stabilisiert und die Inflation halte sich in Grenzen. Auch das Umschwenken der ganzen Wirtschaft von Europa nach Asien habe funktioniert. Daher sehe Putin keinen Grund, einzugreifen, so Schröder.

Regina Heller weist darauf hin, dass Putin in seiner Rede zur Lage der Nation angekündigt habe, dass Russland eine neue, dem Krieg gegenüber loyal eingestellte Elite brauche. Laut Expertin könnte es um "rote Prinzen" gehen, Kinder von Mitstreitern Putins, die er schon lange kenne und die ihm ergeben seien. Heller hält eine Restrukturierung innerhalb der herrschenden Elite mit längerfristigen Konsequenzen für wahrscheinlich, mit dem Ziel, einen kontrollierten Machtübergang für die Zeit auch nach Putin vorzubereiten, um die Kontinuität des Systems sicherzustellen.

Adaption aus dem Russischen: Markian Ostaptschuk