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Politik

149 angebliche Gülen-Anhänger müssen in Haft

8. Juni 2020

Auch wenn wegen Corona die Verhaftungswelle zuletzt etwa abebbte: Die Gülen-Bewegung bleibt - neben den militanten Kurdenbewegungen - Staatsfeind Nummer eins der türkischen Führung. Nun schlugen die Behörden wieder zu.

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Der in den Vereinigten Staaten lebende Prediger Fethullah Gülen  (Foto: picture-alliance/dpa/ Selahattin Sevi/Handout Zaman Da)
Der in den Vereinigten Staaten lebende Prediger Fethullah Gülen Bild: picture-alliance/dpa/ Selahattin Sevi/Handout Zaman Da

Türkische Behörden haben die Festnahme von 149 Menschen wegen des Verdachts angeordnet, am gescheiterten Militärputsch 2016 beteiligt gewesen zu sein. Die Polizei habe Razzien in zahlreichen Provinzen durchgeführt, um die Verdächtigen zu fassen, meldete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu. Betroffen seien vor allem Mitglieder der Sicherheitskräfte, darunter sechs frühere Polizeichefs. Alle Verdächtigen sollen in Verbindung zur Gülen-Bewegung stehen.

Mehrmals wöchentlich Fahndungen und Festnahmen

Die türkische Führung unter Staatschef Recep Tayyip Erdogan geht seit Jahren gegen mutmaßliche Anhänger des im US-Exil lebenden Predigers Fethullah Gülen vor. Seine von Ankara als Fetö bezeichnete Organisation steht in der Türkei auf der Terrorliste. Ihr wird vorgeworfen, hinter dem damaligen Putschversuch zu stecken. Die Regierung wirft Gülen zudem vor, staatliche Institutionen wie die Armee gezielt infiltriert zu haben. Gülen weist die Vorwürfe zurück. 

Erst in der vergangenen Woche waren 118 Haftbefehle gegen mutmaßliche Gülen-Anhänger erlassen worden. Bislang wurden rund 80.000 Menschen angeklagt und etwa 150.000 Staatsdiener und andere Personen entlassen oder vom Dienst suspendiert. Bis zum Beginn der Corona-Krise hatte Anadolu mitunter mehrmals wöchentlich über Serienfahndungen und Massenfestnahmen berichtet. Danach wurden die Berichte der Agentur seltener. 

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan bei einer Veranstaltung Ende Mai in Istanbul (Foto: picture-alliance/AA/O. Coban)
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan bei einer Veranstaltung Ende Mai in Istanbul Bild: picture-alliance/AA/O. Coban

Zwei oppositionsnahe Journalisten festgenommen

Unterdessen wurden in der Türkei laut Medienberichten auch zwei oppositionsnahe Journalisten im Zuge von Spionage-Ermittlungen festgenommen. Ismail Dukel von Tele1 TV Ankara und seine Kollegin Muyesser Yildiz von der Online-Nachrichtenseite OdaTV würden von der Anti-Terror-Einheit der Polizei in Ankara befragt, berichtete Anadolu. Nähere Details wurden in dem Bericht nicht genannt, es war lediglich die Rede von Ermittlungen wegen "politischer und militärischer Spionage".

Anderen Medien zufolge wurden die beiden Journalisten möglicherweise wegen ihrer Berichterstattung über die türkische Beteiligung an den Konflikten in Libyen und Syrien festgenommen. Die regierungsnahe Zeitung "Sabah" berichtete, den Journalisten werde vorgeworfen, geheime Informationen über die türkischen Kriegspläne in Libyen und Syrien veröffentlicht zu haben. Yildiz habe mit einem Militärvertreter namens E.B. am Telefon über die türkischen Militäreinheiten in Libyen gesprochen. E.B. sei ebenfalls am Montag in Istanbul festgenommen worden.

Türkei auf Platz 154 der Rangliste zur Pressefreiheit 

Die Türkei steht international regelmäßig wegen ihrer systematischen Einschränkung der Pressefreiheit in der Kritik. Das Land belegt derzeit den 154. Platz auf der Rangliste der internationalen Pressefreiheit der Organisation Reporter ohne Grenzen. Nach Angaben der Organisation P24 sitzen derzeit 103 Journalisten in der Türkei im Gefängnis.

sti/AR (afp, dpa, rtr)