Streiks nach Zugunglück in Griechenland
8. März 2023Aus Empörung über das Versagen des Staates im Zusammenhang mit dem schweren Zugunglück in Griechenland vor einer Woche legen Streiks das öffentliche Leben nahezu lahm. So traten Seeleute, Busfahrer, Ärzte und Lehrer sowie der gesamte öffentliche Dienst in einen 24-stündigen Ausstand. In den Großstädten Athen und Thessaloniki kam es zu Chaos im Straßenverkehr. Auch die Fähren blieben in den Häfen, sodass viele Inseln vom Festland abgeschnitten waren.
Zudem gingen auch wieder zehntausende Menschen auf die Straße. Allein in der griechischen Hauptstadt zählte die Polizei mindestens 40.000 Demonstrierende, in Thessaloniki waren es 15.000 und in Patras 10.000. Bei den Protesten gab es auch Rufe nach dem Rücktritt von Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis. Am Rande der Demonstrationen in Athen kam es auch wieder zu Ausschreitungen und Zusammenstößen zwischen Demonstranten aus der Autonomen-Szene und der Polizei.
Kritik an Privatisierungen
Zu den Streiks aufgerufen hatten die großen Gewerkschaften des Landes. Sie fordern von der Politik die vollständige Aufklärung des Zugunglücks, bei dem 57 Menschen ums Leben kamen. Außerdem wird die Privatisierungspolitik des Staates kritisiert. Sie solle beendet werden. Die Bahn sei von sämtlichen Regierungen der vergangenen zwei Jahrzehnte sträflich vernachlässigt worden. "Wir werden sichere Eisenbahnen durchsetzen, damit sich solch ein tragisches Unglück wie in Tempi nicht wiederholt", heißt es in einer Erklärung der größten Eisenbahnergewerkschaft. Die Lehrergewerkschaft teilte mit: "Es ist nicht die Zeit zu schweigen, sondern die Stimme zu erheben und zu kämpfen."
Der Streik ist ein weiterer Höhepunkt vieler Proteste, zum Teil mit Ausschreitungen in Athen und Thessaloniki, seit dem Unglück. Politische Analysten wiesen darauf hin, Privatisierung als solche sei an den Zuständen in diesem Fall gar nicht schuld: Privatisiert wurde nach ihren Angaben nur der Zugbetrieb, der seit Jahren in der Hand eines italienischen Bahnunternehmens liegt. Für die Infrastruktur der griechischen Bahn und für Personal wie die Bahnhofsvorsteher sei weiterhin die staatliche Bahngesellschaft OSE verantwortlich.
Ein Personenzug war wegen einer falschen Weichenstellung auf ein Gleis geraten, auf dem ein Güterzug entgegenkam. Es kam zum Frontalzusammenstoß. Der zuständige Bahnhofsvorsteher hat zwar bereits Fehler eingestanden, doch für viele Griechen trägt der Staat die Hauptschuld. Medienberichten zufolge funktionierten die elektronischen Sicherheits- und Leitsysteme nicht oder nur zum Teil. Ermittlungen hätten zudem schwere Fehler innerhalb der staatlichen Bahngesellschaft OSE zutage gefördert, heißt es weiter.
sti/cwo/se (dpa, rtre)